α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein bei Gisbert Haefs gefundenes Gedicht (128 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 07.04.2024 um 23:04 Uhr (Zitieren)
Gisbert Haefs: Hannibal. Der Roman Karthagos. Zürich 1989, S. 115 f.

Der Protagonist Antigonos verliebt sich in eine ägyptische Sängerin namens Isis. Diese singt bei einem Auftritt in Alexandria das folgende Gedicht:
Frühling und Sommer und Winter sahst du, das ist überall so;
untergetaucht ist die Sonne, die Nacht läßt Grenzen verschwimmen.
Such doch nicht qualvoll den Ursprung der Sonne, die Heimat des Wassers,
sondern bemüh dich um Geld, die Salböl und Kränze zu kaufen.
Blas mir die Flöte!

Hätte ich doch drei selbsttätig fließende Quellen von Honig,
Milchquellen fünf und Weinquellen zehn, vom Salböl ein Dutzend,
zwei mit Wasser, drei andere noch von eisiger Kälte;
hätte ich einen Jungen neben dem Quell und ein Mädchen!
Blas mir die Flöte!

Lydiens Flöte gehört mir und Lydiens Spiel auf der Lyra,
Phrygiens Erzhalm dazu; dumpf dröhnt die Trommel von Rindsfell.
Dazu möchte ich singen, solange ich lebe; und sterb ich,
legt mir die Flöte ans Haupt und legt mir zu Füßen die Lyra.
Blas mir die Flöte!

Wenn du Tote erblickst, an schweigenden Gräbern vorbeigehst,
siehst du im Spiegel dich selbst; so bangte vor Zeiten der Tote.
Leihgabe nur ist die Zeit, und gnadenlos, wer dir das Leben
auslieh; will er es zurück von dir, so gib es, in Tränen.
Blas mir die Flöte!

Xerxes, der König, teilte mit Zeus, so prahlte er, alles:
Einsam durchschnitt er, auf einem Schifflein, die Fluten von Lemnos.
Reichtümer hortete Midas, dreimal so große Kinyras:
Aber ein Obolos nur, und Charon verschifft dich zum Hades.
Blas mir die Flöte!

Auch wenn Haefs dies als Gedicht eines unbekannten hellenischen Dichters ausgibt, glaube ich nicht, daß das aus der Antike stammt. Schon die Existenz eines Refrains erscheint mir verdächtig.
Re: Ein bei Gisbert Haefs gefundenes Gedicht
Bukolos schrieb am 08.04.2024 um 15:44 Uhr (Zitieren)
Der Refrain sollte einen nicht davon abhalten, nach einer antiken Vorlage Ausschau zu halten. Refrainhaft wiederkehrende Formeln sind für die antike Dichtung ja nichts vollkommen Ungewöhnliches, denkt man etwa an Theokrit, Catull, Vergil oder Horaz. Das bei Haefs wiedergegebene Gedicht (genauer: die Strophen 9-11, 13 und 14 einer ursprünglich wohl 24strophigen Dichtung) entstammt P. Oxy. 1795:

https://archive.org/details/oxyrhynchuspapyr15gren/page/113/mode/1up?view=theater
Re: Ein bei Gisbert Haefs gefundenes Gedicht
Γραικύλος schrieb am 08.04.2024 um 17:40 Uhr (Zitieren)
Wahrhaftig: αυλι μοι.
Erstaunlich.

Danke für den Hinweis und Respekt für Haefs, daß er sowas in seinen Roman eingefügt hat.
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: kapitolinische Wölfin

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.