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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Woran ist Laokoon gestorben? (217 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 18.04.2024 um 13:19 Uhr (Zitieren)
Durch zwei Schlangen, klar. Aber handelte es sich dabei um Würge- oder Giftschlangen?

Die meisten antiken Texte legen nahe, daß Laokoon und seine Söhne erwürgt worden sind:

- Hyginus 135
- Petronius Arbiter 89
- Vergil, Aeneis II 195 ff.

Diesen Eindruck erweckt auch die berühmte Laokoon-Gruppe im Vatikan.

Hier aber ist von Giftschlangen die Rede:
De Lauconte

Laucontem gemini distendunt nexibus angues
cumque suis genitis sors habet una patrem.
quod tantum iligni violarit terga caballi,
hinc lacerasse ferunt saeva venena virum.
quid sperare datur superum iam numine laeso,
cum sic irasci ligneus audet ecus?


Laocoon

Laocoon zerreißen umschlingend zwei schreckliche Schlangen,
Und ein Los trifft so Vater und Söhne zugleich.
Nur, weil er jüngst den Rücken des hölzernen Pferdes verletzte,
Töteten, wie es heißt, giftige Schlangen den Mann.
Was darf man da noch hoffen, wenn man die Götter verletzt hat,
Wo schon ein hölzernes Pferd derart zu zürnen vermag?

(Carmina Codicis Salmasiani; Anthologia Latina 88)
Re: Woran ist Laokoon gestorben?
filix schrieb am 18.04.2024 um 13:47 Uhr (Zitieren)
Geifer und schwärzliches Gift durchtränken auch bei Vergil Laokoons Priesterbinden (II, 221), also kein Widerspruch zum Chef.
Re: Woran ist Laokoon gestorben?
Johannes schrieb am 18.04.2024 um 14:00 Uhr (Zitieren)
Laocoonta petunt; et primum parua duorum
corpora natorum serpens amplexus uterque
implicat et miseros morsu depascitur artus;
post ipsum auxilio subeuntem ac tela ferentem
corripiunt spirisque ligant ingentibus; et iam
bis medium amplexi, bis collo squamea circum
terga dati superant capite et ceruicibus altis.
ille simul manibus tendit diuellere nodos
perfusus sanie uittas atroque ueneno,
clamores simul horrendos ad sidera tollit:

Er wäre wohl auch verblutet.
Re: Woran ist Laokoon gestorben?
filix schrieb am 18.04.2024 um 17:09 Uhr (Zitieren)
Wie (und für manche ob überhaupt) Laokoon bei Vergil stirbt, ist nebenbei nicht so klar, Maurach und andere sehen in Gift und Geifer auf den priesterlichen Insignien mehr eine symbolische Strafe für seine Verfehlung, als Apollopriester Nachkommen gezeugt zu haben.

Der Nachdichter aus der Anthologia latina wählt nebenbei lacerare, also zerfleischen, verstümmeln, zerfetzen, was man man kaum mit einer Tötung durch Gift assoziieren dürfte.
Re: Woran ist Laokoon gestorben?
Γραικύλος schrieb am 18.04.2024 um 23:40 Uhr (Zitieren)
Das ist richtig, lacerare bedeutet dies. Jedoch: "Es meint der Mensch, wenn er nur Worte hört, / Es müsse sich dabei doch etwas denken lassen." Daß eine Schlange mit dem Giftzahn zubeißt, kann ich mir vorstellen, aber wie sollte sie einen Menschen zerfleischen und zerfetzen?
Re: Woran ist Laokoon gestorben?
filix schrieb am 19.04.2024 um 03:06 Uhr (Zitieren)
Von giftigen Schlangen steht ja im Grunde genommen wörtlich nichts da, der Übersetzer hat sich einfach entschieden, venena als Metonymie zu verstehen und diese aufzulösen, also aus Giften Giftschlangen zu machen. Der erfahrungswidrigen Vorstellung des Zerfleischens, Zerfetzens, die der klassische Sprachgebrauch aufruft, weicht er aus, indem er lacerare durch das methodisch unspezifische kausative töten wiedergibt.

Der Codex Parisinus Latinus 10318 -
https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8479004f/f86.item.zoom - hat indessen tollerasse, die Änderung zu lacerasse geht offenbar auf Frans van Oudendorp, einen Leidener Professor im 18. Jahrhundert zurück. Das vertrüge sich noch eher mit der bildhaften Rede von venena im Sinne von Unheil, Verderben usf., womit zwar der Anklang an Vergil gewahrt bliebe, die Giftschlangen aber aus der Welt wären.



Re: Woran ist Laokoon gestorben?
Γραικύλος schrieb am 19.04.2024 um 23:00 Uhr (Zitieren)
Das sind Informationen, die ich erstmal verarbeiten muß. Mich hat vor allem überrascht, daß man nicht einmal als sicher davon ausgehen kann, daß Vergil den Tod des Laokoon schildert.

Kannst Du Autoren angeben, die das diskutieren?
Re: Woran ist Laokoon gestorben?
filix schrieb am 20.04.2024 um 13:49 Uhr (Zitieren)
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Laokoon, daraus der letzte Absatz aus Vergil - Forschung:

Explizit gegen Laokoon als Opfer spricht sich der Klassische Philologe Gregor Maurach aus, der das Geschehen damit verbindet, dass Laokoon Apollons Verbot, dass seine Priester heiraten und Kinder bekommen dürften, ignoriert hat. Daher werde auch nicht explizit gesagt, dass Laokoon stirbt, sondern nur, dass seine Priesterinsignien mit Gift besudelt wurden, worauf schon Hans Theodor Plüss hingewiesen hatte. In eine ähnliche Richtung wie Maurach geht Stephen Tracy, der in Laokoon einen zweiten Paris sieht, der durch „sexuelles Fehlverhalten“ auffalle. Dieser „typisch vergilische menschliche Akt“ weise dann auf Trojas Zerstörung hin. Günter Engelhard behauptet darüber hinaus, dass Laokoons Frevel nicht, wie von den Trojanern interpretiert, im Speerstoß bestand, sondern als offizielle Version in Troja der Beischlaf mit seiner Frau Antiope verbreitet wurde. Zum gleichen Schluss wie Maurach kommt auch Gerald Petter: Nur die beiden Söhne werden getötet, nicht auch Laokoon selbst. Petter sieht in den von Vergil beschriebenen Schlangen keine Fabelwesen, sondern echte Tiere. Seine ausführlichen Erklärungen ihres Verhaltens stimmen allerdings in keinem Punkt mit dem Verhalten echter Giftschlangen überein.[43]
 
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