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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Die Kaiser-Kennedy-Legende (7586 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 11.07.2011 um 22:51 Uhr (Zitieren)
Bitte hier einsetzen:
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
διψαλέος schrieb am 11.07.2011 um 22:52 Uhr (Zitieren)
tja...
Onkel Google verweist auf die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Uni Düsseldorf..
aber da endet es schon
:-(
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Σαπφώ schrieb am 11.07.2011 um 22:58 Uhr (Zitieren)
Die Kaiser-Kennedy-Legende: eine neue anthropologische Debatte
von Leszek Kolakowski
Die 6684. jährliche Zusammenkunft der Akademie der Wissenschaften löste eine hitzige Kontroverse aus. Der Hauptvortrag der Tagung war der kaum bekannten Legende eines Kaisers namens Kennedy gewidmet, der in der fernen Vergangenheit vGK (vor der Großen Katastrophe) zwei riesige Länder beherrscht haben soll. Dr. Rama, der Verfasser des Vortrags, verglich und analysierte alle verfügbaren Quellen äußerst gewissenhaft. Dies ist allerdings keine umfassende Sammlung, gemessen etwa an der Materialmenge, die wir über einen anderen Herrscher, Alfonse XIII., besitzen, der ein anderes Land namens Espagna einige Zeit früher oder später regiert haben soll. Aber Dr. Rama wies nach, dass sich aus den bestehenden Quellen mehr ableiten lässt, als die Gelehrten für möglich hielten. Bekanntlich waren nach der Großen Katastrophe, die sich in den Jahren 0-72 (angenähert) abspielte, als etwa zwei Drittel des bewohnbaren Landes von Wasser überschwemmt und die übrigen Teile von gewaltigen Explosionen unbekannter Herkunft fast völlig zerstört wurden, nur acht Bücher aus der vorhergehenden Periode unversehrt erhalten geblieben. Es sind:
John Williams Creative Gardening, Omaha, Nebraska (ob es sich bei Omaha, Nebraska um eine oder zwei Personen handelt, ist noch umstritten)
Alice Besson La vie d’une idiote racontée pas elle-même, Roman (Das Buch scheint in einem Land oder einer Gegend namens Gallimard gedruckt worden zu sein)
Laszlo Warga Bridge for Beginners, aus dem Ungarischen übersetzt von Peter Harsch, Llandutno 1966
Dirk Hoegeveldt De Arte Divinatoria Romanorum, Lukdini Bat 1657
Annurario telefonica di Ferrara
Arno Miller Neue Tendenzen in amerikanischen Sozialwissenschaften, Hoser Verlag, Erlangen 1979
Dinah Elberg All my Lovers
Wir haben das achte Buch ausgelassen, da es – abgesehen von dem geheimnisvollen Wort Nagoya, das von der zweiten bis zur letzten Seite auftauchte – einen völlig unbekannten Schrifttyp aufwies; den besten Experten zufolge war Nagoya wahrscheinlich eine Zauberformel, welche die besten Geister aus einem fremden Land verscheuchen sollte. Übrigens ist keines der Bücher bis jetzt ganz entschlüsselt worden. Aber einige kleinere oder größere Bruchstücke existieren nun in befriedigenden Übersetzungen. Man braucht nicht zu erwähnen, dass die Ziffern in den Büchern sich vermutlich auf Jahreszahlen beziehen: Da wir jedoch nichts über die Methode und den Beginn der Zeitrechnung in der vGK-Ära wissen, ist es unmöglich, die Ereignisse korrekt zu datieren. Zudem wissen wir nicht, ob man die Jahre vorwärts oder rückwärts zählte. Viele Wissenschaftler meinen, es sei nicht ausgeschlossen, dass man die Jahre durch eine Zahl kennzeichnete, die dem bis zur Großen Katastrophe noch bevorstehenden Zeitraum entsprach, wodurch das Jahr 1657 z.B. dreihundert Jahre später – nicht früher – als das Jahr 1957 stattfand.
Die Kaiser-Kennedy-Legende wird nur in einem der gerade aufgeführten Bücher erwähnt, was einige Gelehrte zu der These veranlasste, dass sie unter den Wilden nicht weit verbreitet war, oder als unwichtig galt. Aber die Legende erscheint mehrere Male in fast zwei Dutzend fragmentarisch erhaltenen Büchern sowie in mehr als 220 Zeitschriften, die bis jetzt geborgen worden sind – dreizehn von ihnen fast unversehrt (darunter Chemical Engineering, Trybuna Ludo, Crosswords for Children – das nahezu unverständlich ist – Il Messaggero und Vuelta). Dr. Rama hat das gesamte Material gründlich untersucht, und liefert die erste zusammenhängende Interpretation. Die Hauptkomponenten sind seinen Forschungen gemäß folgende:
1. Präsident (ein Titel von obskurer Herkunft, offenbar gleichbedeutend mit Kaiser) Kennedy beherrschte gleichzeitig zwei große Länder, die Amerika und USA hießen.
2. Er stammte von einer legendären Insel namens Irland im hohen Norden. Ob diese Insel identisch ist mit einer anderen namens Island, die in einer weiteren Quelle erwähnt wird, bleibt vorläufig noch ungeklärt. Vielleicht wurden durch einen Druckfehler zwei Länder aus einem gemacht.
3. Er war reich.
4. Er kämpfte gegen die Herrschaft dreier anderer Königreiche namens Russland, Sowjetunion und Kuba. Anscheinend besiegte es sie, wurde dann aber seinerseits in einer Schlacht besiegt, die in der Schweinebucht stattfand. Trotzdem blieb er weiterhin der Kaiser jener beiden Länder.
5. Eines der feindlichen Länder namens Berlin (fast mit Sicherheit ein anderer Name für Russland) baute eine gewaltige Mauer, um die Armee des Kaisers am Einmarsch zu hindern. Aber der Kaiser verkündete von ebendieser Mauer mutige Schmähungen gegen die Feinde.
6. Er hatte zwei Brüder. Der ältere wurde vor und der jüngere nach dem Tode des Kaisers ermordet.
7. Der Kaiser selbst wurde von seinen Feinden verwundet und starb.
8. Seine Witwe Jaqueline heiratete später einen „Millionär“.
Dr. Rama entdeckte eine weitere vordem unbekannte Einzelheit von großer Bedeutung. Auf einer halben Seite, die von der Zeitschrift Ici Paris überkommen ist, wird der Kaiser als „un grand cureur des jupes“ bezeichnet. Die einzig plausible Übersetzung dieser Wendung besagt, dass er häufig in Röcken herumlief. Da dokumentiert ist, dass Röcke ausschließlich weibliche Kleidungsstücke waren, scheint offensichtlich, dass der Kaiser eine androgyne Gestalt – mit männlichen wie weiblichen Eigenarten – verkörperte. Dr. Rama korrigierte auch die falsche Interpretation des Wortes „Millionär“, das bis vor kurzem unkritisch als „reicher Mann“ übersetzt wurde. Er fand eine bisher vernachlässigte Bemerkung in einem Fragment des Miami Star, in dem es heißt: „Was ist heutzutage schon eine Million? Kaum mehr als eine Handvoll Erdnüsse.“ Da die Erdnuss eine sehr kleine Nuss war, ist ein Millionär keineswegs ein reicher, sondern ein armer Mann, der kaum etwas sein Eigen nennt, nur ein paar Erdnüsse. Dies fügt sich gut in Dr. Ramas Interpretation ein.
Dr. Rama ist, wie es der Zufall will, ein Schüler des berühmten Gelehrten Levi Strauss, der spezielle Hosen für spezielle Hosen für männliche wie weibliche Menschen herstellt und deshalb argumentiert, alles lasse sich als eine aus Gegensatzpaaren bestehende Struktur betrachten, sodass jeder Begriff eines Paares ohne den anderen bedeutungslos sei. Wenn man z. B. ein Hosenbein abschneide, sei das andere bedeutungslos. Dr. Rama bedient sich dieses hermeneutischen Verfahrens und bietet die folgende Interpretation der Legende an:
Der Mythos von Kaiser Kennedy war ein Versuch, grundlegende unversöhnliche Widersprüche menschlichen Lebens in der mythologischen Vorstellung in Einklang zu bringen. Da ist zuerst der Gegensatz von Träumen und Realität. In einer Quelle wird Amerika – eines der beiden Länder, die er regierte – der „Traum der Menschheit“ genannt, während in einer anderen Quelle von der „brutalen Realität der USA“ die Rede ist, was eindeutig zeit, dass die „USA“ als real galten. Damit vereinigte sich Traum und Realität in der Person Kennedys. Zweitens haben wir es mit dem Gegensatz von Nord und Süd zu tun. Er kam aus dem Norden, aber er regierte den Süden, wie aus einem Fragment hervorgeht, in dem unzweideutig erklärt wird, dass der „Süden im Bann von Kennedys Magie“ ist. Da der Süden in dieser Periode heiß und der Norden kalt war – beides unangenehme Zustände, wenn auch aus verschiedenen Gründen – erwartete man offenbar, dass die Gestalt des Kaisers die Nachteile sowohl des Nordens wie des Südens auf magische Weise beseitigen könne.
Wissenschaftler haben sich viele Gedanken gemacht, um den mythologischen Sinn der Kriege zu erklären, die der Kaiser ausfocht, aber auch in diesem Punkt hat Dr. Rama eine kluge Interpretation gefunden. Wir erinnern uns, dass der Kaiser männliche wie weibliche Eigenschaften verkörperte. Anscheinend ermutigte er seine Untertanen, Männer zu werden (laut dem gerade zitierten Ici Paris machte er viele Leute zu „cocus“, das heißt du „coqs“, Hähnen). In den meisten Mythologien ist der Hahn ein Phallussymbol, aber Kennedys Niederlage wurde ihm, wie erwähnt, von Schweinen zugefügt, und Schweine waren ebenfalls ein Männlichkeitssymbol („diese männlichen Chauvinistenschweine“, lesen wir in einem Fragment der Broschüre „Das unsägliche Märtyrertum amerikanischer Frauen“). Auf diese Weise bildet sich eine komplizierte männlich-weibliche Dialektik aus der Legende heraus: Die männlich-weibliche Gestalt bringt Männer hervor, wird von Männern besiegt und letztlich ermordet, mutmaßlich von einer Frau oder auf Befehl einer Frau. Die letztgenannte Tatsache wurde durch den Vergleich von zwei Quellen nachgewiesen: Auf einer von mehreren Seiten, die von einem Büchlein mit dem Titel „Wahre Fakten über die Sowjetunion“ erhalten sind, lesen wir, dass „das Glück sowjetischer Frauen unbeschreiblich“ ist, während in einer anderen Quelle – der Seite einer Zeitung mit dem rätselhaften Namen „The Times“ – vom „tiefsten Elend sowjetischer Männer“ gesprochen wird. So erkennen wir, dass zumindest in einem der wichtigsten Feindesländer die Frauen glücklich und die Männer unglücklich waren, was darauf hindeutet, dass dieses Land eine Art Gynekokratie war.
Wir schließen mithin, dass der Versuch des Kaisers, den männlich-weiblichen Gegensatz zu überwinden, von beiden Seiten – männlich wie weiblich – angegriffen wurde und mit der Katastrophe endet. Die Legende soll beweisen, dass die männlich-weibliche Synthese unmöglich ist.
Das letzte Gegensatzpaar, auf dem die Legende aufbaut, ist das der Begriffe „reich“ und „arm“. Der Kaiser war reich, aber wie es in einem Beleg heißt, „ein Streiter für die Armen“. Offenbar symbolisierte er den Versuch, den linguistischen Kontrast zwischen Wohlstand und Armut aufzuheben. Die Tatsache, dass er besiegt wurde, und seine Gattin (als Frau eines „Millionärs“) verarmte, ist der Beweis dafür, dass sein Bemühen scheiterte, diese beiden gegensätzlichen Begriffe in Einklang zu bringen.
Die tiefe pessimistische Bedeutung des Mythos ist: die grundlegenden Widersprüche des menschlichen Lebens könne nicht beseitigt werden – jeder Versuch, zwischen ihnen Harmonie herzustellen, ist nichtig.
Dr. Ramas Interpretation erhielt zwar von vielen Wissenschaftlern Applaus, wurde aber keineswegs von allen akzeptiert. Die stärkste Attacke führte Dr. Gama, ein Anhänger des berühmten Dr. Sigmund Fraud, der eine weitere (sogenannte analo-psychische) Schule der Hermeneutik begründete. Dr. Gama stellte praktisch alle Einzelheiten von Dr. Ramas Interpretationen und den gesamten Überbau von Herrn Levi-Strauss‘ Hosen-Doktrin in Frage. Dr. Frauds Theorie besagt, die Menschen wünschten nichts anderes als sich dauernd zu paaren, aber um zu überleben, nötigten sie einander auch andere Dinge zu tun, was sie unglücklich mache: infolge dieser Unglückseligkeit schrieben manche Menschen Gedichte, andere begingen Selbstmord, wieder andere würden führende Politiker etc. „Ich gebe zu“, sagte Dr. Gama, „dass Dr. Rama einige interessante Tatsachen gefunden hat, die ein neues Licht auf die Legende werfen. Aber seine phantastische Interpretation ist völlig unhaltbar. Neue Fakten bestätigen wiederum, dass nur fraudsche Theorie einen Schlüssel zu der Geschichte liefern kann. Ihre wahre Bedeutung ist für jeden unvoreingenommenen Geist offenkundig. Das Schwein, weit davon entfernt ein Männlichkeitssymbol darzustellen, stand für einen weibischen Mann, einen Castrato: Wie man weiß kastrierte man damals männliche Schweine,die später zur Ernährung verwendet wurden.
Die Wendung „diese männlichen Chauvinistenschweine“ unterstützt Dr.Ramas Spekulation keineswegs, sondern passt sich nahtlos in die Fraudsche Doktrin ein. Gewiss, wir haben es mit einer Beschimpfung zu tun, aber sie bezieht sich auf kastrierte Männer, die also keine Nachkommenschaft hervorbringen können. Das Wort Chauvinist ist noch nicht hinreichend erklärt, aber höchstwahrscheinlich ist es mit „chauve“, das heißt kahl oder haarlos, verwandt. UndKahlheit war ein weiteres Zeichen von Entmannung, während Haare männliche Tüchtigkeit versinnbildlichten. Damit ist die Interpretation klar: der Kaiser wurde im Land der „Castrati“ („Schweine“) besiegt und musste mit Röcken bekleidet fliehen – nicht, weil er eine androgyne Gestalt war, wie Dr.Rama behauptet, sondern weil er unzweifelhaft halb männlich war; mit anderen Worten, er dürfte nahezu mit Sicherheit kastriert gewesen sein. Tatsächlich versuchte er anderen Männern – die vermutlich ebenso kastriert waren wie er selbst – ihre Männlichkeit zurückzugeben. Aber er scheiterte. Wenn die Frauen in einem der Feindesländer glücklich und die Männer unglücklich waren, so wahrscheinlich deshalb, weil man die Männer in diesem mythologischen Land kastriert hatte. Nachdem die Frauen den Gegenstand ihres Neides beseitigt hatten, waren sie glücklich. Welche Erklärung könnte plausibler sein? Folglich ist die Legende ein Ausdruck, der universellen menschlichen Kastrationsangst und das Scheitern des Kaisers symbolisiert den Umstand, dass Kastration unumkehrbar ist. Die Theorie von Dr.Fraud hat sich wieder einmal bestätigt.
Dies war jedoch nicht das Ende der Tagung. Ein anderer Wissenschaftler, Dr.Ngama, griff beide vorangegangenen Interpretationen an. Prof.Ngama ist ein Schüler des großen Dr.Calamarx: die Theorie des letzteren besagt, dass es reiche und arme Menschen gibt, die gegeneinander kämpfen und im Laufe ihrer Auseinandersetzung verschiedene Mythologien erfinden; Die Mythologien der Reichen sollten alle überzeugen, dass die Reichen reich und die Armen arm zu bleiben hätten, während die Mythologien der Armen das Gegenteil beabsichtigen. In der Zukunft – bewies Dr.Calamarx – würden die Armen alle Reichen umbringen und danach würden alle Menschen sehr, sehr glücklich sein. Prof.Ngama erläuterte: „Jedem, der bei klarem Verstand ist, sollte deutlich sein, dass, wissenschaftlich gesprochen, die beiden bei dieser Konferenz vorgelegten Theorien nicht nur falsch, sondern auch reaktionär sind. Dr.Ramas Pseudotheorie läuft auf die Behauptung hinaus, die angeblichen „Strukturen“, die er sich ausgedacht hat, seien unveränderlich – mit anderen Worten, reiche Menschen würden stets reich und arme Menschen stets arm sein. Was Dr.Gamas Theorie betriftt, so verkündet sie, dass arme Menschen, statt gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, sich nur sorgen um den möglichen Verlust ihres sexuellen Vermögens machen sollten.
Dabei liegt die wahre Bedeutung der Legende auf der Hand. Das der reiche Kaiser selbst reich war, ist nebensächlich für die Geschichte, da alle Kaiser der Vergangenheit reich waren – nur in dem universellen Glückszustand der Zukunft werden die Kaiser arm sein. Relevant ist, dass der Kaiser ein Streiter für die „Armen“ war, wie sogar meine Gegner einräumen mussten. Daraus lässt sich schließen, dass seine Feinde Streiter für die Reichen waren, denn alle Kämpfe sind letztendlich auf den Konflikt zwischen reich und arm zurückzuführen. Alle bekannten Elemente des Mythos untermauern diese Interpretation. Der Kaiser wurde von Schweinen besiegt, doch Schweine – die keineswegs dieses oder jenes sexuelle Symbol darstellten, wie die Theorien meiner Gegner „zeigen“ sollen – waren symbolische Bilder des Reichtums. Beide Sprecher zogen es vor, ein Flugblatt, unterzeichnet von der „Absoluten Revolutionären Unbesiegbaren Weltbefreiungsbewegung der Rackernden Massen“ – außer acht zu lassen, in dem es eindeutig heißt: „Bringt die reichen Schweine um!“ Dieser edle Kaiser, ein Streiter für die Armen, wurde heimtückisch von seinen Feinden ermordet, aber Dr. Rama selbst wies nach, dass seine Witwe später einen armen Mann heiratete. Die Botschaft der Legende ist also folgende: ein großer Kämpfer für die Sache der Armen ist getötet worden, aber das Ringen geht weiter. Die Legende gehört unbestreitbar zu der Folklore armer Menschen, und die Richtigkeit von Dr. Calamarx‘ unüberwindlicher Theorie ist wieder einmal unterstrichen worden.
Mit drei widersprüchlichen Theorien konfrontiert, musste die Akademie die Wahrheit – wie üblich – durch Abstimmung finden. Nach vier Wahlgängen, die keine klare Mehrheit erbrachten, entschieden die meisten Mitglieder sich im fünften Wahlgang für Dr. Gamas Erklärung, womit die Wahrheit von Dr. Siegmund Frauds Theorie endgültig und wissenschaftlich festgestellt war. Dr. Gama frohlockte, während die beiden besiegten Gelehrten, deren Irrtümer nun bloßgestellt waren, bitterlich weinten. Wer eine falsche antropologische Theorie verteidigt, kann mit dem Tode bestraft werden.

Aus dem Englischen von Albert Knierim

Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Γραικίσκος schrieb am 11.07.2011 um 23:12 Uhr (Zitieren)
Leszek Kolakowski ist ein guter Autor. Der Text enthält viele zu entschlüsselnde Bezüge. Ich muß ihn mir morgen noch genauer anschauen.
Ein paarmal geschmunzelt habe ich jetzt schon. So gehe ich nun lächelnd ins Bett.

P.S.:
Schau zu, daß Du bei Deinen testamentarischen Vefügungen, Deinen Briefwechsel betreffend, einen getreulicheren Nachlaßverwalter erwischst als Franz Kafka.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Σαπφώ schrieb am 11.07.2011 um 23:21 Uhr (Zitieren)
Vergil hat es ja auch nicht sonderlich gut erwischt. Vielleicht sollte ich jemanden dafür bezahlen, dass er meine Korrespondenz vernichtet... Oder ich schreibe in irgendeiner obskuren Geheimsprache, die Idee gefällt mir noch besser. Und sie passt zur KK-Legende (=
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Γραικίσκος schrieb am 11.07.2011 um 23:27 Uhr (Zitieren)
Und λάθε βιῶσας. Ja nicht berühmt werden. Sonst helfen Dir weder Testament noch Geheimsprache.
Dafür gibt es zahlreiche Beispiele.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Σαπφώ schrieb am 11.07.2011 um 23:33 Uhr (Zitieren)
Vielleicht kann ich ja βιῶσας λαθεῖν, und es dennoch zu ein bisschen was bringen? Philologen kennt doch eh keiner =P
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
διψαλέος schrieb am 11.07.2011 um 23:33 Uhr (Zitieren)
λάθε βιῶσας


und sämtliche Privatsender bemühen sich, den geneigten Zuschauer ins Rampenlicht zu zerren...

B-)
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Γραικίσκος schrieb am 11.07.2011 um 23:55 Uhr (Zitieren)
Philologen sind nicht sehr durch Ruhm gefährdet, nein. Aber man muß auch auf die Umgebung achten, in der man lebt. So kommt vielleicht jemand als Zahnbürste auf die Welt, denkt sich nichts Arges, und plötzlich heißt es: Sie war Hitlers Zahnbürste!
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Σαπφώ schrieb am 12.07.2011 um 00:18 Uhr (Zitieren)
Verstanden, keine Putzstelle bei karrieregeilen Wahnsinnigen annehmen.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Γραικίσκος schrieb am 12.07.2011 um 22:26 Uhr (Zitieren)
Nun habe ich den Text einmal in größerer Ruhe gelesen. Sehr amüsant.

(Claude) Lévi-Strauss ... das hat Kolakowski sicher korrekt geschrieben.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Σαπφώ schrieb am 13.07.2011 um 11:11 Uhr (Zitieren)
Die Quelle, aus der ich zitiert habe, hat den Akzent nicht, wobei mir auffällt, dass ich keine Quellenangabe gemacht habe!
aus: Kontinent, Juni 1988, 73-77

Wir haben den Text in der Uni in unserem ersten Seminar zur Alten Geschichte bekommen. Ich denke, für mich hat er seinen Zweck erfüllt. Ich bin mit Quellen nun sicherlich vorsichtiger. Einige andere waren leider nicht imstande, sich an Althistorik auf Uni-Niveau zu gewöhnen. Am besten war ein Gasthörer, der seinen Doktortitel auf jeder seiner Folien erwähnte (jeder musste ein Referat halten, mir kam damals die Ehre zu, über die Geschichte der Historiographie zu schreiben). Als wir darüber sprachen, ob nun das Ende der Römischen Republik eine Revolution gewesen sei, verlangte er am Ende danach, der Dozent möge die Frage doch auflösen. Als dieser meinte, es gebe da doch keine klare Antwort, antwortete er empört, es müsse doch klare Kriterien geben, wonach man beurteile, was eine Revolution ausmache. Bei solchen emerkungen hatte er immer seinen liebsten Spruch auf den Lippen: "Wissen Sie, ich kenne mich ja nicht aus, ich bin ja kein Historiker, aber Sie (sein Gegenüber war etwa dreißig Jahr jünger) als Geschichtswissenschaftler müssten mir das ja jetzt sagen können...". Als der Dozent ihm erklärte, dass verschiedene Historiker eben auch verschiedene Kriterien für eine Revolution ansetzten, war er schließlich völlig verzweifelt.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
κεξσ schrieb am 05.05.2015 um 15:41 Uhr (Zitieren)
Wer von euch lieben Leute weiß wofür die Assoziation Calamarx steht?Bitte erklärt es ,vielen Dank
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Φιλομαθής schrieb am 05.05.2015 um 18:57 Uhr (Zitieren)
Die Kontrahenten Dr. Rama, Dr. Gama und Dr. Ngama sind Vertreter dreier Historikerschulen, die sich als ferne Reflexe gegenwärtiger (bzw. unlängst dahingegangener), geisteswissenschaftlicher Strömungen darstellen. Die Hosen-Doktrin des Gelehrten Levi-Strauss (ohne Gravis, damit der - etwas flache - Hosen-Witz funktioniert) persifliert den Strukturalismus Lévi-Straussscher Prägung, Dr. Sigmund Frauds (= Freud) Theorie entspricht der psychoanalytischen Interpretation und Dr. Calamarx' Theorie (an sich nicht schwer zu erraten) der marxistischen Weltdeutung.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
κεξσ schrieb am 06.05.2015 um 17:31 Uhr (Zitieren)
Hallo vielen Dank die Assoziationen sind aber tiefgründiger,die offensichtlichen Akteure stehen Begriffen gegenüber.Sigmund Fraud zb fraud steht im Englischen für Betrüger also das Paar Sigmund Freud kontra Sigmund Fraud also soll assoziert werden das Freud ein Betrüger ist.Levi Strauss zb soll eine Assoziation mit dem Ethnologen Claude Levi sein der den französischen Strukturalismus begründete.So erkärte es mir damals mein Professor.Nur das dritte Wortspiel kannte er nicht.Das ganze ist so gewollt und tiefgründiger.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
filix schrieb am 06.05.2015 um 17:52 Uhr (Zitieren)
Tiefgründiger ... nun ja. In Analogie zum diffamierenden Wortspiel "Freud"/"fraud" ist in "Calamarx" wohl der (Riesen)kalamar, d.h. in mythologischer Sprechweise der Krake (des Kommunismus) zu sehen.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Bb schrieb am 18.05.2016 um 20:36 Uhr (Zitieren)
Wann spielt der Text denn genau?
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Φιλομαθής schrieb am 18.05.2016 um 21:09 Uhr (Zitieren)
Tja, genau lässt sich das nicht sagen. Aus dem Text kannst du lediglich einen terminus post quem ermitteln. Die jüngste Publikation, die auf der Konferenz verhandelt wird, stammt aus dem Jahr 1979 unserer Zeit. Es folgt nach einer unbekannten Zahl von Jahren die Große Katastrophe, deren Ende man für das Jahr 72 der neuen Zeitrechnung ansetzt. Innerhalb dieser Zeit dürfte die Akademie der Wissenschaften nicht getagt haben. Wann die erste Tagung war, wird nicht mitgeteilt. Der Bericht stammt von der 6684. jährlichen Zusammenkunft, d. h. wir befinden uns irgendwann jenseits des Jahres 1979 + 72 + 6684 = 8735 n. Chr.
Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
lὲ chef schrieb am 17.11.2016 um 11:26 Uhr (Zitieren)
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tyyretrp schrieb am 05.12.2016 um 15:21 Uhr (Zitieren)
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Re: Die Kaiser-Kennedy-Legende
Γραικίσκος schrieb am 06.12.2016 um 17:10 Uhr (Zitieren)
(Rückbenennung des Titels)
 
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