Eine Theorie sagt, daß Kleidung nicht nur zum Schutz vor Kälte
erfunden wurde, sondern auch zum Schutz empfindlicher und edler Körperteile für
unliebsamen, stechenden und saugenden "Untermietern".
Gerade die Körpergegenden, die z.B. von einem Lendenschurz bedeckt werden,
sind ja hochempfindlich.
D.h. die Evolution: Verlust der Körperbehaarung <-> Entwicklung der Kleidung war eine Wechselwirkung: der noch "befellte"Mensch schütze seine edlen Körperteile zusätzlich.
Das könnte einen Evolutionsschub ausgelöst haben.
Aber, nichts genaues weiß man

Ich könnte mir vorstelen, das zuerst Frauen Felle o.ä. dazu benutzten, ihre Säuglinge vor der Natur zu schützen. Daraus mag sich dann die Vorstellung entwickelt haben, das man auch Erwachsene mit Kleidung ausstatten kann.

... vorstellen, dass

Etliche rezente (noch existierende) Urvölker lassen in ihrer Bekleidung die Genitalien unbedeckt.
(Scham bezieht sich nicht zwingend auf das, wofür wir uns schämen.)

Die Urmenschen hatten sicher andere Sorgen als Scham oder Genitalschutz ...

Vielleicht war es auch die Jagd, die den Anstoß gab: man hüllte sich in das Fell der Beute, um sich möglichst lange unerkannt dem Wild nähern zu können. Dann wäre der Ursprung der Kleidung zeitlich recht nahe dem Beginn der Jagd mit dem Speer zuzuordnen. Bis man merkte, das die Hülle auch wärmt und schützt.

...merkte, DaSS (Sackzementnochmal)

Was ich als so raffiniert empfinde, sind die Techniken, das Fell 1. geschmeidig und 2. hygienisch zu machen.
Auf den Urin (dessen Gestank spätere Gerber-Viertel so unerträglich machte) wäre ich definitiv nicht gekommen.
Dahinter steckt einiges an Erfahrung & Experiment.

Hier eine These WANN der Mensch Kleidung erfand: vor 170.000 Jahren.

Der DNA-Vergleich von Kleider- und Kopfläusen verriet dabei, dass Kleiderläuse vor etwa 170.000 Jahren entstanden sind. Da sie sich ausschließlich in Kleidung vermehren, muss der Mensch schon zu dieser Zeit seinen Körper verhüllt haben. Vermutlich war das auch eine Voraussetzung dafür, dass unsere Vorfahren aus Afrika in die wesentlich kälteren nördlichen Breitengrade wandern konnten, ...

http://www.nationalgeographic.de/aktuelles/mensch-traegt-seit-170-000-jahren-kleidung

Tja, das macht die Kopflaus quasi zu unseren wissenschaftlichen Mitarbeitern.

Tja, das macht die Kopflaus quasi zu unseren wissenschaftlichen Mitarbeitern.

Ich breche zusammen ... vor Lachen.
Aber 170000 BP ist dann der terminus ante quem.

Banausen, allesamt!

"Wer niemals hat im Zelt geliebt,
weiß nicht, wie die Mücke pieckt!"

Catull schreibt von lustigen Spaniern, die mit Urin ihre Zähne polieren. Angeblich steht das auch irgendwo bei Dionysios von Halikarnassos. Wem's gefällt ; )

Gar nicht so dumm,
Urin hat eine gewisse fungizide und bakterizide Wirkung.
Na ja, aber als Mundwasser gewöhnungsbedürftig....

Urin hat eine gewisse fungizide und bakterizide Wirkung.

Auf Anraten einer Heilpraktikerin habe ich damit einmal einen Fußpilz bekämpft. War gewöhnungsbedürftig, aber erfolgreich.

Zwischen den Zehen hast Du ja auch keine Geschmacksknospen..
(Hoffe ich doch!)

Kp

Nicht weniger interessant ist die Frage, wann die Nacktheit erfunden wurde.

Die Nackheit wurde offenbar erst nach ihrer Tabuiesierung im späten 18. Jahrhundert wiederentdeckt:

In weiten Teilen Mitteleuropas badeten die Menschen bis ins 18. Jahrhundert hinein in Flüssen und Seen nackt, wenn auch oft nach Geschlechtern getrennt. Erst im späten 18. Jahrhundert begann hier die wirksame Tabuisierung der öffentlichen Nacktheit, die im dünner besiedelten Skandinavien nie durchgesetzt wurde. Parallel dazu propagierte und praktizierte Lord Monboddo (1714-1779) bereits im 18. Jahrhundert das Nacktbaden als Wiedererwachen der altgriechischen Nacktkultur. Es fand literarische Erwähnung in Georg Christoph Lichtenbergs (1742-1799) Buch Das Luftbad.

vgl.

ww.ostsee.de/schon-gewuss/fkk-geschichte.html

Genau auf diesen Punkt der Tabuisierung des Nacktseins zielte meine Frage. Höchstwahrscheinlich verlief ja die Kulturgeschichte der Nacktheit nicht so wie in der Genesis dargestellt, dass die Menschen den Zustand der Kleiderlosigkeit plötzlich als unschicklich empfanden und damit die Nacktheit als solche "erfanden" inklusive der Kleidung als sittlichem Desiderium.

Im Gegenteil scheint in vielen Kulturgruppen, in denen Bekleidung bekannt war und getragen wurde, die Kleiderlosigkeit nicht als der unsittliche Zustand der Nacktheit wahrgenommen und die Verhüllung v. a. der Genitalien als sittliches Gebot empfunden worden zu sein.

Erst in einem Umfeld, in dem eine solche negative Nacktheit existierte, konnte eine positive Nacktheit entstehen, das Ablegen der Kleidung als Mitteilung kultureller Überlegenheit. Richard Sennett erklärt in Fleisch und Stein, dass die Griechen, indem sie ihre Körper öffentlich zeigten, sich ihrer Existenz als zivilisierte Stadtbürger versicherten: "Die Stadt war der Ort, an dem man sich in heiterer Nacktheit zeigen konnte - anders als die Barbaren, die ohne den Schutz des Steins ziellos auf der Erde umherwanderten." (Fleisch und Stein, Frankfurt 1997, S. 43)

Wenn ich mich an Hans Peter Duerr (Der Mythos vom Zivilisationsprozeß, Bd. 1: Nacktheit und Scham. Ffm. 1988) richtig erinnere, gab es nie eine Kultur mit natürlicher, schamloser Nacktheit. Das erschien uns Europäern nur so, weil manche Kulturen Körperteile unbedeckt lassen, die nach unserem Verständnis bedeckt werden müßten, insbesondere die Genitalien; die Mitglieder dieses Kulturen würden aber nie ohne bestimmte andere Bekleidungsstücke in die Öffentlichkeit gehen, wobei es sich u.U. um Armreifen handeln kann, die wir gar nicht als Kleidungsstücke begreifen.

Mit der Scham, so meine ich mich an Duerrs Ausführungen zu erinnern, steht es ähnlich wie mit dem Inzesttabu: In irgendeiner Weise existieren sie überall, aber in sehr verschiedenen Weisen.

Man könnte daran die Überlegung anknüpfen, ob nicht auch die späteren Nudisten in einer allerdings spezifischen Weise Schamgefühle kennen.

Guter Hinweis. Werde ich mir bei Gelegenheit vornehmen. In Lichtenbergs kleinem Aufsatz über Das Luftbad wird man übrigens nicht nur über selbiges, sondern auch über das Erdbad und seine Gefahren informiert:

Man läßt ein Loch in die Erde graben, so tief, daß man darin bis an den Hals stehen kann, und stellt sich nackend hinein, läßt alsdann wieder Erde hinzuwerfen, und etwas fest anstampfen bis an den Hals. Es darf nichts frei bleiben, als der Kopf, selbst die Arme nicht, daher man sich in ameisenreichen Gegenden die Ameisen wedeln lassen muß. Auch die Hunde müssen entfernt werden, weil diese manche Köpfe leicht für Ackersteine halten möchten. Es soll dieses Bad ein Mittel wider sehr viele Übel sein, fast so wie das Grab selbst, das am Ende alle heilt, und Grahams beide Erfindungen, Erdbad und himmlisches Bett in sich vereint.