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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der gute Hirte als Metapher (2358 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 16.04.2012 um 20:07 Uhr (Zitieren)
In einem Buch über die Frühgeschichte des Christentums stoße ich immer wieder auf die Metapher des guten Hirten, auch & gerade in der Kunst.

Ich verstehe nun nicht, wie diese Metapher funktioniert. Abgesehen von Nietzsches Einwand, Schafe stünden für geistige Beschränktheit und Herdeninstinkte: Auch der beste Hirte, der sich um seine Herde sorgt, hält Schafe doch als Nutztiere, d.h. er schert sie und schlachtet sie zuletzt.
Wie kann man das positiv konnotieren, indem man sich selbst als Schaf einsetzt?
Re: Der gute Hirte als Metapher
ανδρέας schrieb am 16.04.2012 um 21:54 Uhr (Zitieren)

Trug nicht schon der Pharao u.a. einen Krummstab als Zeichen seiner Hirteneigenschaft (neben der Dreschgeissel für das Getreide) über das Volk? Führung, Schutz Fürsorge. Auch die Juden waren ein Hirtenvolk. Im Johannesevangelium beauftragt Jesus Petrus mit den 3-fach wiederholten Worten "weide meine Schafe". Petrus war ja wieder zu seinem Fischerberuf zurückgekehrt. Fische fängt man, aber man muss sie weder führen, noch beschützen oder pflegen. Aus damaliger Sicht völlig klar. Schafe aus heutiger Sicht haben keine wirkliche Bedeutung mehr für uns. Damals waren sie wertvoll. Heute sollte man auch niemanden Kamel nennen. Aber ein Araber verehrt dieses Tier. Unsere Assoziationen sind zu modern. Man muss sich auf das Bild einlassen, wie es damals verstanden wurde.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Ὑληβάτης schrieb am 16.04.2012 um 22:43 Uhr (Zitieren)
Der Gedanke ist gut, ανδρέας. Offensichtlich ist die Metapher des guten Hirten keine, die geistige Beschränktheit und den Schlachttier-Gedanken fokussiert.
Offensichtlich hat die Metapher über die Jahrhunderte und durch die Gesellschaften hinweg funktioniert.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Φιλομαθής schrieb am 16.04.2012 um 23:11 Uhr (Zitieren)
Aber die von Γραικίσκος aufgeworfene Frage, wieso man in der Metapher den Hirten nur unter dem Aspekt des Beschützers sah, aber das Telos seines Verhaltens - nämlich die Nutzung der Tiere - vollkommen ausblenden konnte, wird damit nicht beantwortet. Zumal ja die andere bekannte christliche Schafsmetapher - Christus als Lamm Gottes - den (Opfer-)Tod des Schafes impliziert.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 16.04.2012 um 23:33 Uhr (Zitieren)
nun muß der Hirte zunächst gut für seine Schäfchen sorgen, wenn er Nutzen aus ihnen ziehen will...

Wenn der Wolf die Lämmer....
Re: Der gute Hirte als Metapher
Hylebates schrieb am 17.04.2012 um 11:54 Uhr (Zitieren)
Man blendet häufiger bestimmte Teile einer Metapher ohne Schaden aus. Das Staatsschiff müsste doch eigentlich mal ankommen und alle aussteigen lassen.
Der "Trick" der Metapher ist es doch, dass ein Gedanke aus dem einen Bereich in den anderen übertragen wird, nicht, dass alles zur Gänze übertragen wird. Wer würde denn beim Lamm Gottes daran denken, dass es wiederkäut?
Die Gedanken, die offensichlich als wichtig angesehen wurden, sind die Fürsorge und die Rückkehr zur Herde. Es ist nicht verwerflich oder verwunderlich, dass andere Aspekte ausgeklammert wurden, weil das notwendigerweise geschehen muss; sonst wäre es ja eine mathematische Gleichung.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Φιλομαθής schrieb am 17.04.2012 um 12:50 Uhr (Zitieren)
Du hast recht, man darf solche Bilder nicht überdehnen. Und Nietzsche ist da wirklich unredlich, wenn er eine Metapher als Argumentationsgrundlage nimmt.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Hylebates schrieb am 17.04.2012 um 13:32 Uhr (Zitieren)
Nietzsche ist vielleicht Psychologe, auch wenn ich glaube, dass er diesen Begriff wahrscheinlich nicht gemocht hätte.
Ich denke, dass es bezeichnend sein kann, welche Metapher man wofür wählt. Mal abgesehen von den Sinnesbereichen, die ja z.B. im NLP als Marker für Denkmuster benutzt werden.
Da ist das Christentum wohl eine Religion ... aber halt! Es ist ja nicht nur ein christliches Motiv. Das Christentum hat also ein Motiv genommen (auch im agnus dei), das diese friedfertige Herdenmentalität herausstellt. Eine Löwin, die ihr Junges mit den Zähnen zur Höhle trägt, hätte Ähnliches enthalten ... aber mit der Bildlichkeit nicht getroffen. Hätte Nietzsche wahrscheinlich besser gefallen.
Deswegen denke ich, dass es besser ist, der ursprünglichen Intention ihr Recht zu lassen.
Re: Der gute Hirte als Metapher
ανδρέας schrieb am 17.04.2012 um 17:38 Uhr (Zitieren)
Nietzsche ist vielleicht Psychologe ...


Nietzsche war klassischer Philologe und hat sich dann der Philosophie zugewandt. Psychologe war er sicher nicht. Sein Verhältnis zu Schafen war vielleicht zu sehr sprachlich orientiert: Beutetier - schlapp -dumm usw. . Mit der jüdisch - christlichen Bilderwelt verband ihn wenig und man kann sicher sagen, dass er diese Symbolik nicht besonders einfühlsam behandelte.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 17:46 Uhr (Zitieren)
Das Halten von Schafen um des Nutzens willen scheint mir etwas Essentielles für die Schafhaltung zu sein. Es macht ihren eigentlichen Zweck aus.
Darf man bei Metaphern von Beliebigem abstrahieren müssen, um ihnen einen guten Sinn geben zu können?

Eine andere seltsame Metapher ist a. Gott als unser Vater und b. der Papst als Heiliger Vater.

Von Rudolf Carnap beziehe ich noch das Bedenken, daß 'normale' Metaphern ein tertium comparationis zwischen zwei für sich bekannten Bereichen herausstellen. Religiöse Metaphern funktionieren so oft nicht, sondern - Bsp. Gott als Vater - verbinden einen bekannten mit einem unbekannten Bereich und verschaffen letzterem auf diese Weise eine Bedeutung, die er an sich gar nicht hat. Alles 'Wissen' über Gott ist rein metaphorisch (bildlich). So funktioniert keine normale Metapher. Schopenhauer: "Was hindert, daß der Erstbeste kommt und sagt: Hier ist das Bild, wenn keiner es mit dem Original vergleichen kann?" Das soll heißen: Metaphern über ansonsten unbekannte Gegenstände/Bereiche sind hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes beliebig; man kann nicht mehr entscheiden, welches die beste Metapher, das beste Bild ist.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 17:57 Uhr (Zitieren)
Einwurf:
Im Grunde kommt es darauf an:
genießbar vs. ungenießbar.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 17:59 Uhr (Zitieren)
Was ich meine:
"Der Mensch lebt nicht vom Brot allein."
Ja, aber ohne Brot lebt der Mensch überhaupt nicht.

Es macht ihren eigentlichen Zweck aus.


Nein.
Dasein (Existenz) hat keinen "Zweck".
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 18:07 Uhr (Zitieren)
Das Dasein von Schafen (und anderen Nutztieren) hat doch einen Zweck! Ohne diesen Nutzen gäbe es sie nicht.

(Zugleich ein Problem beim Tierschutz: Ohne Fleischkonsum gäbe es keine glücklichen Schweine & Kühe, sondern keine Schweine & Kühe.)
Re: Der gute Hirte als Metapher
filix schrieb am 17.04.2012 um 18:13 Uhr (Zitieren)
Kleiner Zwischenruf ins Schafsgeblök: Einen Autor, der über sich schrieb "Wer war überhaupt vor mir unter den Philosophen Psycholog und nicht vielmehr dessen Gegensatz »höherer Schwindler«, »Idealist«? und der Dostojewski den „einzigen Psychologen“ genannt hat, „von dem ich Etwas zu lernen hatte“, schlichtweg jede Beziehung zur Psychologie abzusprechen, wobei der Begriff derselben selbstverständlich näher zu bestimmen ist, zeugt von erheblicher Ahnungslosigkeit.
Re: Der gute Hirte als Metapher
filix schrieb am 17.04.2012 um 18:14 Uhr (Zitieren)
Einem Autor...
Re: Der gute Hirte als Metapher
ανδρέας schrieb am 17.04.2012 um 18:18 Uhr (Zitieren)
Hat nicht schon Aristoteles erklärt, dass μεταφορά eine sinnverwandte Übertragung (im wörtlichen Sinne) sind? Das kann garnicht eindeutig sein.
Den sprichwörlichen "Schnee von gestern" wird ein namibischer Buschmann kaum nachvollziehen können. Der Norweger hätte keine Probleme. Man muss sich also in der kulturellen Bilderwelt des Adressaten auskennen. Und selbst da muss man wissen, ob der Empfänger die Begriffswelt kennt. Manchmal wollen die Adressaten auch das Bild zerstören, weil ihnen die Begriffswelt einfach fremd ist oder nicht gefällt. Die Willkür liegt also nicht am Sender, sondern am Empfänger der Information.
Metaphern setzen Empathie voraus.
Nietzsche war sicher nicht die Speerspitze der Empathiebewegung ...
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 18:18 Uhr (Zitieren)
@Γραικίσκος,
nein, wir "Menschen" machen aus dem Dasein von "Schafen" einen "Zweck".
;-)
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 18:50 Uhr (Zitieren)
Nietzsche hat natürlich kein Examen in Psychologie abgelegt, so wenig wie eines in Philosophie - doch ebenso klar ist, daß er an philosophische Fragen psychologisch herangeht. Nicht: Was behauptest du, und mit welchen Argumenten behauptest du es?, sondern: Aus welchem (psychischen) Bedürfnis heraus behauptest du es? Auf diese Weise 'demaskiert' er so manche wohlklingende Behauptung.

Die methodischen Probleme dabei - 1. der Schluß von der Wirkung (hier: die Behauptung, die Überzeugung) auf deren Ursache, 2. das Zurückschlagen der Frage auf den Analytiker selbst und seine Behauptungen - dürften die Probleme jeder Psychoanalyse sein.
Re: Der gute Hirte als Metapher
ανδρέας schrieb am 17.04.2012 um 18:56 Uhr (Zitieren)

Die einen Psychoanalytiker sagen dies, die anderen sagen das. Beim norwegischen Massenmörder Breivik wird es noch spannender werden, denke ich. Vermutlich hängt das Ergebnis immer davon ab, wer das Honorar bezahlt. Oder davon, ob der Verfertiger des Gutachtens anschließend seinen Beruf weiter fortsetzen möchte ...
Re: Der gute Hirte als Metapher
Ὑληβάτης schrieb am 17.04.2012 um 20:37 Uhr (Zitieren)
Metaphern über ansonsten unbekannte Gegenstände/Bereiche sind hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes beliebig; man kann nicht mehr entscheiden, welches die beste Metapher, das beste Bild ist.

Der "Wahrheits"gehalt, von dem wir hier reden können, ist keiner, der ein objektives Richtig-Sein meinen kann.
Wie Du sagstest, kann man keine Metapher zu Gott bilden, wenn man ein existierendes tertium comparationis haben will. Solche Metaphern zielen m.E. auf eine Sinnschöpfung. Das tertium comparationis ist das Ziel der Metaphernbildung, kann nicht die Bedingung sein.
Ist das eine undenkbare Sache?
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 20:48 Uhr (Zitieren)
Solche Metaphern zielen m.E. auf eine Sinnschöpfung.

Ja. Darf ich dazu nochmals auf Schopenhauer verweisen? "Was hindert, ..."
Anders ausgedrückt: Wie erweist sich dann die Qualität des Bildes im Vergleich zu anderen Bildern im religiösen Angebot?
Re: Der gute Hirte als Metapher
Ὑληβάτης schrieb am 17.04.2012 um 20:57 Uhr (Zitieren)
Ahja. Darüber muss ich nachdenken.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 21:03 Uhr (Zitieren)
Platon, Höhlengleichnis...
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:06 Uhr (Zitieren)
In einem älteren Buch
Gerhard Szczesny (Hrsg.)
Die Antwort der Religionen
Eine Umfrage mit 31 Fragen bei "Glaubensfachleuten" der großen Bekenntnisgemeinschaften
Reinbek 1971

waren sich zur Frage "Läßt sich die 'andere Wirklichkeit' mit den Kategorien und Begriffen unserer Wirklichkeit beschreiben?" die diversen Theologen in einem Punkt einig: Alle unsere Aussagen über diese 'andere Wirklichkeit' (die nicht einmal alle 'Gott' nennen mochten) sind metaphorische, bildliche Aussagen, in denen Begriffe aus unserer vertrauten Realität genommen und auf diese 'andere' Realität ohne echten Erkenntnisanspruch übertragen werden.

Da stellte sich mir die Frage, welches Bild denn dann besser bzw. das beste ist, da die Bilder nun einmal sehr verschieden waren bzw. sind.
Gäbe es ein solches 'besser' nicht, dann wären doch alle Religionen gleich 'wahr', oder?
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 21:11 Uhr (Zitieren)
Ich behaupte, ohne daraus eine Weltanschauung zu machen,
alles ist "Interpretation".
D.h., wir können nur im Rahmen der biologischen,
physikalischen und meinetwegen auch der
psychologischen Bedingungen die "Welt"
erkennen, begreifen und beschreiben.

Im Laufe der Zeit hat der Mensch zwar
technische Hilfsmittel entwickelt,
aber das erlaubt auch nur eine indirekte
"Beobachtung".
;-)
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:13 Uhr (Zitieren)
Aber Du vertrittst ja auch keine Religion, bist nicht gläubig. Dann sind einem eh alle Religionen gleich.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Ὑληβάτης schrieb am 17.04.2012 um 21:14 Uhr (Zitieren)
Das meint der Mystiker, dass alle Religion gleich wäre. Oder der Atheist.
Den Gedanken finde ich gut: Unterschiede in den Religionen sind Unterschiede in den Metaphern.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:16 Uhr (Zitieren)
Ja, dieser Gedanke ist gut. Und das ist eben kein Unterschied hinsichtlich der Wahrheit.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 21:22 Uhr (Zitieren)
Womit wir bei Pontius Pilatus wären.....
Re: Der gute Hirte als Metapher
Ὑληβάτης schrieb am 17.04.2012 um 21:23 Uhr (Zitieren)
"Was ist Wahrheit"
Du spricht ein großes Wort gelassen aus.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:29 Uhr (Zitieren)
Mir fällt ein: Dies ist eine Unterscheidung von Wittgenstein:
Es gibt drei Arten von Aussagen:

1. Tatsachen-Aussagen; Unterschied: wahr, falsch

2. Aussagen über den Sprachgebrauch; Unterschied: richtig, unrichtig

3. Symbolische Aussagen; Unterschied: orthodox, heterodox

Religiöse Aussagen sind vom Typ 3, d.h. das Sprachspiel von wahr und falsch findet auf sie keine Anwendung.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:32 Uhr (Zitieren)
"Symbolisch" ist natürlich unser "metaphorisch".
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 21:35 Uhr (Zitieren)
3. Symbolische Aussagen; Unterschied: orthodox, heterodox


ich sehe da im Moment keinen Widerspruch?

(Wenn ich "heterodox" als "verschieden gläubig" begreife.
Denn das beinhaltet doch auch das "orthodoxe".)
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:36 Uhr (Zitieren)
Nee, gemeint ist "rechtgläubig - andersgläubig". Das ist ja die übliche Selbstunterscheidung gläubiger Menschen.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:39 Uhr (Zitieren)
Das habe ich einem 1999 gehaltenen Vortrag des Theologen Clemens Sedmak zu verdanken. Der war damals 28 Jahre alt, hatte drei (!) Doktortitel und schrieb gerade an seiner zweiten (!) Habilitation.
Was er heute ist, verrät Wikipedia.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 21:40 Uhr (Zitieren)
ach so,
dann könnte es passen, wenn das "Axiom"
-> "orthodox" als unfehlbar angenommen wird.

(Und damit wären wir schon wieder 'siehe oben')
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 21:41 Uhr (Zitieren)
mein letztes Post bezieht sich auf Post 21:36 Uhr
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2012 um 21:45 Uhr (Zitieren)
Eh klar. Ich wollte nur nachschieben, woher ich diesen Gedanken habe und daß es dieses Genie C. S. gibt.
Re: Der gute Hirte als Metapher
διψαλέος schrieb am 17.04.2012 um 22:05 Uhr (Zitieren)
Ich habe so meine Bedenken gegenüber "Genies"...
Mir sind "normale" Menschen am liebsten.
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 10:58 Uhr (Zitieren)
Der hier erwähnte Clemens Sedmak gibt derzeit ein siebenbändiges Werk über die "Grundwerte Europas" heraus. Band 1 (Solidarität) und Band 2 (Freiheit) sind bereits lieferbar; Gleichheit, Toleranz, Gerechtigkeit, Frieden und Menschenwürde sind noch vorgesehen.
Re: Der gute Hirte als Metapher
ENibbu schrieb am 07.09.2014 um 22:31 Uhr (Zitieren)
Bei der Hirtenmetapher handelt es sich um eine rhetorische Figur, in der das jeweilige Wesen, dass die höchste leitende Position inne hat, in seiner Funktion mit einem Hirten verglichen wird. Dieses Wesen konnte Mensch oder Gott oder eine Mischform aus beidem sein.1 Durch den Vergleich von Herrscher und Hirte wurden die Führungsqualitäten des Herrschenden hervorgehoben. Zur Hirtenmetapher gehört implizit oder explizit die Herdenmetapher welche die Antithese der Hirtenmetapher darstellt. Die Herde ist die rhetorische Figur für die Beherrschten bzw. Beherrschbaren. Häufig handelt es sich bei dem Vergleich um einen Hirten und eine Schafs-, Ziegen- oder Rinderherde. Das Verhältnis zwischen Hirte und Herde fand bereits in den Anfängen der untersuchten Kulturen Verwendung als Herrschaftsmetapher. Dieses Verhältnis konnte variieren und je nach Auslegung zum Überbringer politischer und ethischer Inhalte werden.
Das Hirtentum wird mit der Versorgung der Herde mit Lebensmitteln und dem Schutz der Herde vor Angreifern assoziiert. Weitere wichtige Aufgaben des Hirten sind das Zusammentreiben und Zusammenhalten der Herde. In dieser richtungsweisenden Funktion äußert sich die Macht des Hirten, denn er hat Gewalt über die Herde und kontrolliert sie. Die Position des Hirten ist eine der Herde überlegene. Der König hat ähnliche Aufgaben. Auch er soll für das Wohlergehen seiner Untertanen sorgen und sie vor Angreifern schützen. Auch der König muss um die Einheit und den Zusammenhalt des Volkes bemüht sein und auch in seinem Amt existiert das potenziell despotische Element der Führungsmacht . Hirte und König profitieren vom Wohlergehen und der Vermehrung der Herde /des Volkes. Aber der Hirte hat immer auch das latente Potenzial zum Despoten, was als direkte Gefährdung eines guten Königtums zu gelten hat. In der Hirtenmetapher schwingt somit auch immer ein Appell an den König mit, das er sich nicht über die Bedürfnisse des Volkes hinwegsetzen sollte. Somit bildet die Hirtenallegorie gleichzeitig ein Lob und eine Idealisierung des Königs wie auch eine Warnung vor dem Despotismus oder Kritik an diesem, wobei dies keineswegs immer explizit geäußert wird.
Der Hirtenmetapher ist auch die Gleichsetzung von Tieren mit Menschen inhärent. Eine Rhetorik die heutzutage eher befremdlich erscheint, jedoch seit beginn der Kulturen omnipräsent war. Denn neben dem negativen Vergleich eines Menschen mit Tieren (Affe, Hund, Schwein, Ziege etc.) wurden in der Antike auch viele positive Vergleiche hergestellt die der dem Tier gleichgesetzten Person Erhabenheit, Stärke oder Potenz zuordneten. In der altorientalischen Darstellung sind zur positiven Erhöhung meist Tiere wie Löwe, Stier oder Steinbock gewählt worden.1 Auch aus dem ägyptischen und griechischen Kulturkreis sind solcherlei Vergleiche bekannt recherchieren.
Die Symbolik des Alten Orients scheint teilweise widersprüchlich zu sein, wenn man bedenkt, dass der Herrscher gleichzeitig als Herdentier (Stier,Hammel) wie auch als Hirte symbolisiert werden konnte. Jedoch wurden nicht nur diese positiven Aspekte auf den Herrscher übertragen. Es spielt noch eine andere Komponente in die symbolische Gleichsetzung von Herrscher und Tier mit ein: Die Funktion des Leittieres. Es handelt sich also auch um eine Ableitung aus der natürlichen Ordnung des Tierreichs in welchem zu jeder Herde auch ein Alphatier gehört.
Der Legitimationsanspruch des „Hirtenkönigs“ wurde demzufolge gleich mehrfach aus dem Tierreich abgeleitet und diente immer der Unterstreichung der Macht des Königs.
Die Macht konnte der gute Hirte wiederum nutzen um seine Herde zu beschützen. In der Interpretation der Untertanen als Herdentiere kommt also weniger eine Erniedrigung sondern vielmehr ihre Schutzbedürftigkeit zum Ausdruck. Auch dies legitimiert folglich die Position des Herrschers, der durch Ausübung seines Amtes das Volk vor dem Untergang bewahrt

Das sind ein paar Ausschnitte aus meiner derzeitigen Forschung zur Hirtenmethapher (4. Semester)

Ich hoffe sie klären eure Streitereine über Tierschutz, Religion und anderes . Die Untersuchungen beziehen sich nur auf den Alten Orient und das antike Griechenland ;)

Re: Der gute Hirte als Metapher
arbiter schrieb am 10.09.2014 um 22:12 Uhr (Zitieren)
ischa doll
Re: Der gute Hirte als Metapher
Γραικίσκος schrieb am 11.09.2014 um 14:51 Uhr (Zitieren)
Ich kann nur auf das verweisen, was Φιλομαθής am 16.4.2012 geschrieben und Ὑληβάτης darauf geantwortet hat. Die spezielle Wahl der Metapher bleibt erklärungsbedürftig. Andere, weniger diskriminierende Metaphern wären möglich gewesen - auch solche, bei denen man nicht etwas, das mit der Hirt-Herde-Beziehung substantiell zu tun hat (die Subordination, die Unmündigkeit des Behüteten und die schlußendliche Funktion der Beziehung, die Schlachtung,) ausblenden muß.
 
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