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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!! (1400 Aufrufe)
Avi schrieb am 25.06.2014 um 20:48 Uhr (Zitieren)
Hallo :)

Ich verzweifle gerade... und zwar an dem zweiten Satz des Anfangs von Xenophons Symposion:

οἷς δὲ παραγενόμενος ταῦτα γιγνώσκω δηλῶσαι βούλομαι.

Ich verstehe die Grammatik hier nicht!!!
Das οἷς bezieht sich auf den Satz davor denk ich... womit "mit Spaß" gemeint ist...

Ich habe keine Ahnung!!! Und das ist eigentlich nicht oft!!! Ich brauche keine Übersetzung, sondern eine Erklärung, wie das zusammen gehört!!

Ganz lieben Dank schonmal!
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
Φιλομαθής schrieb am 27.06.2014 um 13:37 Uhr (Zitieren)
δηλῶσαι βούλομαι - Hauptsatz
οἷς δὲ παραγενόμενος ταῦτα γιγνώσκω - Nebensatz

παραγενόμενος - part. coni.
ταῦτα - zurückweisend auf den ersten Satz

Der durch οἷς eingeleitete Relativsatz ist als Objekt zu δηλῶσαι vorausweisend.
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 27.06.2014 um 18:25 Uhr (Zitieren)
Φιλομαθής,

die Schwierigkeit, die ich in der Analyse als Hypotaxe sehe, liegt darin, daß keinerlei unterordnendes Element (Konjunktion) gegeben ist, vielmehr stehen die beiden finiten Verben γιγνώσκω und βούλομαι unverbunden nebeneinander. Nach meinem Dafürhalten ist es eine asyndetische Parataxe (die wir im Dt. nicht nachmachen können).

Als einer, der daran (οἷς) teilgenommen hat, kenne ich dies (= diesen Sachverhalt) und möchte ihn offenlegen.
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
Φιλομαθής schrieb am 27.06.2014 um 23:32 Uhr (Zitieren)
Deine Auslegung erscheint mir unnötig exotisch, schließlich kommen relativer Satzanschluss und Asyndeton (hauptsächlich in emotional gesteigerter Rede verwendet) im Griechischen eher selten vor. Und warum soll neben dem Relativpronomen zusätzlich noch eine Konjunktion als unterordnendes Element notwendig sein?

Ich würde bei der Übersetzung so vorgehen:

Hilfsübersetzung: Ich will (βούλομαι) <das> offenlegen (δηλῶσαι), woran (οἷς) "teilgenommen habend" (παραγενόμενος) ich dieses <im letzten Satz geäußerte> (ταῦτα) als Überzeugung gewonnen habe (γιγνώσκω).

Freier: Ich will offenlegen, was mich, indem ich dabei war, zu dieser Überzeugung geführt hat.
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
Λαλιάς schrieb am 23.08.2014 um 15:22 Uhr (Zitieren)
Ein Nachzügler, aber ich glaube, es gibt dazu noch was zu sagen:

So wie Φιλομαθής es darstellt, handelt es sich doch zuerst einmal um eine relativische Verschränkung, wie sie im im Buche steht (zB. Kantharos L 24): Das Relativpronomen wird nicht durch das finite Verb, sondern (in diesem Fall) durch ein eingeschobenes Partizip bestimmt.

Dabei gibt es aber das Problem, dass es zwar nichts im Hauptsatz gibt, worauf sich dieses Relativpronomen bezieht – es müsste hilfsweise etwas eingesetzt werden -, wohl aber im Satz davor: ἐν ταῖς παιδιαῖς. οἷς δὲ παραγενόμενος

Und das 'οἷς' steht nun mal am Anfang des Satzes. Es ist also auch ein relativischer Anschluss, wie er im Buche steht.
Das ganze ergibt eine Art "relativische Verschränkung hoch 2": mit einem Relativpronomen, das nicht nur nicht durch das Prädikat des Nebensatzes bestimmt wird, sondern auch keinen Bezug zum Hauptsatz hat.


Man könnte auch schlicht sagen: Das 'οἷς δὲ παραγενόμενος' ist ein ausgedehntes 'ὡς' – aber ob das erlaubt ist?
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
Φιλομαθής schrieb am 24.08.2014 um 09:54 Uhr (Zitieren)
Ich hätte nicht gedacht, dass das Sätzchen so ausführlicher Erörterung bedarf.

Zitat von Λαλιάς am 23.8.14, 15:22So wie Φιλομαθής es darstellt, handelt es sich doch zuerst einmal um eine relativische Verschränkung, wie sie im im Buche steht (zB. Kantharos L 24): Das Relativpronomen wird nicht durch das finite Verb, sondern (in diesem Fall) durch ein eingeschobenes Partizip bestimmt.

Richtig.

Zitat von Λαλιάς am 23.8.14, 15:22Dabei gibt es aber das Problem, dass es zwar nichts im Hauptsatz gibt, worauf sich dieses Relativpronomen bezieht – es müsste hilfsweise etwas eingesetzt werden -, wohl aber im Satz davor: ἐν ταῖς παιδιαῖς. οἷς δὲ παραγενόμενος

Ein Problem sehe ich hier nicht, nicht einmal eine Auffälligkeit. Bornemann-Risch, Gr. Gramm. § 291: "Ist das Beziehungswort ein Demonstrativpronomen, so bleibt es weg."

Zitat von Λαλιάς am 23.8.14, 15:22Und das 'οἷς' steht nun mal am Anfang des Satzes. Es ist also auch ein relativischer Anschluss, wie er im Buche steht.

Soltest du tatsächlich ein Buch besitzen, das behauptet, ein Relativpronomen am Satzanfang sei hinreichende Bedingung, um das Vorliegen eines relativischen Anschlusses festzustellen, kannst du es getrost dem Recycling zuführen.

Die Vorziehung des Relativsatzes dient lediglich seiner Hervorhebung. Menge-Thierfelder-Wiesner, Repetitorium der gr. Syntanx § 106, 8: "Der relative Satz wird dem demonstrativen oft nachdrucksvoll vorangestellt." (Zum relativischen Anschluss: § 112.)

Ein Bezug auf den vorangegangenen Satz wird hier durch das Demonstrativpronomen (ταῦτα) hergestellt. Bornemann-Risch, § 156: "Von den Demostrativpronomina weist gewöhnlich ... οὗτος auf schon Genanntes, Vorhergehendes."
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
λάλος schrieb am 24.08.2014 um 13:27 Uhr (Zitieren)
Es ist kein relativischer Anschluss, da war ich im Irrtum.

"hinreichende Bedingung" zu sagen, war nicht so nett, weil ich ja zwei Bedingungen genannt hatte. Eine notwendige Bedingung war mir allerdings nicht klar: Nach dem Relativpronomen muss ein Hauptsatz kommen.

Trotzdem schwebt das 'οἷς' ziemlich unverbunden in diesem Satz. Bei dem Zitat aus Bornemann-Risch, Gr. Gramm. § 291 geht es ausdrücklich um Attraktion. Aber 'οἷς' ist im richtigen Fall, und dat.pl. im Hauptsatz ergäbe keinen Sinn.

Das, worauf sich οἷς aber zumindest vom Sinn her bezieht, ist das Wort, das unmittelbar davorsteht, nämlich 'παιδιαῖς' im vorigen Satz. Wo soll denn Xenophon dabeigewesen sein, wenn nicht dort? Dass auch ταῦτα sich auf den Satz davor bezieht, ändert daran nichts.

Also mir ist die Konstruktion des Satzes noch nicht klar. Liest Avi eigentlich noch mit?
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
Φιλομαθής schrieb am 25.08.2014 um 17:46 Uhr (Zitieren)
Zitat von λάλος am 24.8.14, 13:27Bei dem Zitat aus Bornemann-Risch, Gr. Gramm. § 291 geht es ausdrücklich um Attraktion.

Stimmt, der Paragraph ist für unseren Satz nicht relevant. Die syntaktische Eigenart von δηλοῦν, wie sie im Gemoll (s. v. δηλόω: "der Inhalt des Geoffenbarten wird auch gegeben ... durch einen Relativsatz") und im Liddell-Scott-Jones ("folld. by a relat. clause") konstatiert wird (was bedeutet, dass abhängig von δηλοῦν ein Relativsatz als Objektsatz fungieren kann), muss nach der im Bornemann-Risch vorgenommenen Einteilung der Satzarten anders eingeordnet werden. Hiernach läge dann ein abhängiger Fragesatz vor, bei dem anstelle des Interrogativpronomens ein Relativpronomen steht (§ 158, Anm. 2, § 272, Vorbem.; die Ausdrucksweise allerdings ist schwankend: auf S. 300, Fußnote spricht man von einem "Relativsatz statt eines abhängigen Fragesatzes").

Zitat von λάλος am 24.8.14, 13:27Das, worauf sich οἷς aber zumindest vom Sinn her bezieht, ist das Wort, das unmittelbar davorsteht, nämlich 'παιδιαῖς' im vorigen Satz. Wo soll denn Xenophon dabeigewesen sein, wenn nicht dort?

Δηλῶσαι βούλομαι weist auf das nachfolgend Ausgeführte hin. Das Objekt zu δηλῶσαι (der Relativ- bzw. abh. Fragesatz) gibt eine Erläuterung hierzu. Die Verknüpfung wird reziprok durch das explikative γάρ im nachfolgenden Satz hergestellt. Das, wobei Xenophon anwesend war, ist Inhalt der anschließenden Erzählung.

Οἷς bezieht sich nicht auf παιδιαῖς, 1. wegen fehlender Kongruenz im Genus, 2. weil satzübergreifender Rückbezug gewöhnlich durch οὗτος hergestellt wird, 3. weil ἐν ταῖς παιδιαῖς hier wegen der Antithese zu μετὰ σπουδῆς als modales Adverbial verstanden werden muss ("zum Spaß", "spaßeshalber"), nicht als temporales (ähnlich: ἔν τε παιδιαῖς καὶ ἐν σπουδαῖς, Plat. Nom. 647d).
Re: Ich komme mit einer Xenophon-Stelle nicht weiter!!
λάλος schrieb am 27.08.2014 um 12:07 Uhr (Zitieren)
Aha.

Mein Wunsch, wegen eines vermeintlichen semantischen Zusammenhangs einen syntaktischen finden zu können, ist damit erledigt.

Und es sieht so aus, als ob ich auch meine schöne Idee von der relativischen Verschränkung aufgeben müsste. Dass man einen Relativsatz erwartet, ist ja genau das, was einen bei 'οἷς παραγενόμενος' stutzen lässt. Wenn jetzt aber 'παραγενόμενος' absolut und 'οἷς' dat. causae zu 'γιγνώσκω' wäre? Dann ließe sich sogar ein deutscher Satz mit einer ganz ähnlichen Struktur basteln:

Wodurch ich, der ich dabei war, zu dieser Meinung komme, will ich erklären.

So gesehen, erscheint auch mir der Satz nun ganz harmlos.

Deine Übersetzung, Φιλομαθής, kann man natürlich auch auf diese Art lesen, aber dafür mussten meine Augen erst mal offen werden.
 
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