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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zu Lukians Charon, Kap. 1 (1048 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 06.11.2014 um 15:43 Uhr (Zitieren)
Ἑρμῆς
Τί γελᾷς, ὦ Χάρων; ἢ τί τὸ πορθμεῖον ἀπολιπὼν δεῦρο ἀνελήλυθας εἰς τὴν ἡμετέραν οὐ πάνυ εἰωθὼς ἐπιχωριάζειν τοῖς ἄνω πράγμασι;

Χάρων
Ἐπεθύμησα, ὦ Ἑρμῆ, ἰδεῖν, ὁποῖά ἐστι τὰ ἐν τῷ βίῳ καὶ ἃ πράττουσιν οἱ ἄνθρωποι ἐν αὐτῷ ἢ τίνων στερούμενοι πάντες οἰμώζουσι κατιόντες παρ᾽ ἡμᾶς· οὐδεὶς γὰρ αὐτῶν ἀδακρυτὶ διέπλευσεν. αἰτησάμενος οὖν παρὰ τοῦ Ἄιδου καὶ αὐτὸς ὥσπερ ὁ Θετταλὸς ἐκεῖνος νεανίσκος μίαν ἡμέραν λιπόνεως γενέσθαι ἀνελήλυθα ἐς τὸ φῶς, καί μοι δοκῶ εἰς δέον ἐντετυχηκέναι σοι· ξεναγήσεις γὰρ εὖ οἶδ᾽ ὅτι με συμπερινοστῶν καὶ δείξεις ἕκαστα ὡς ἂν εἰδὼς ἅπαντα.

Ἑρμῆς
Οὐ σχολή μοι, ὦ πορθμεῦ· ἀπέρχομαι γάρ τι διακονησόμενος τῷ ἄνω Διὶ τῶν ἀνθρωπικῶν· ὁ δὲ ὀξύθυμός τέ ἐστι καὶ δέδια, μὴ βραδύναντά με ὅλον ὑμέτερον ἐάσῃ εἶναι παραδοὺς τῷ ζόφῳ, ἢ, ὅπερ τὸν Ἥφαιστον πρῴην ἐποίησε, ῥίψῃ κἀμὲ τεταγὼν τοῦ ποδὸς ἀπὸ τοῦ θεσπεσίου βηλοῦ, ὡς ὑποσκάζων γέλωτα παρέχοιμι καὶ αὐτὸς οἰνοχοῶν.

Χάρων
Περιόψει οὖν με ἄλλως πλανώμενον ὑπὲρ γῆς, καὶ ταῦτα ἑταῖρος καὶ σύμπλους καὶ συνδιάκτορος ὤν; καὶ μὴν καλῶς εἶχεν, ὦ Μαίας παῖ, ἐκείνων γοῦν σε μεμνῆσθαι, ὅτι μηδεπώποτέ σε ἢ ἀντλεῖν ἐκέλευσα ἢ πρόσκωπον εἶναι· ἀλλὰ σὺ μὲν ῥέγκεις ἐπὶ τοῦ καταστρώματος ἐκταθεὶς ὤμους οὕτω καρτεροὺς ἔχων, ἢ εἴ τινα λάλον νεκρὸν εὕροις, ἐκείνῳ παρ᾽ ὅλον τὸν πλοῦν διαλέγῃ· ἐγὼ δὲ πρεσβύτης ὢν τὴν δικωπίαν ἐρέττω μόνος. ἀλλὰ πρὸς τοῦ πατρός, ὦ φίλτατον Ἑρμάδιον, μὴ καταλίπῃς με, περιήγησαι δὲ τὰ ἐν τῷ βίῳ ἅπαντα, ὥς τι καὶ ἰδὼν ἐπανέλθοιμι· ὡς ἤν με σὺ ἀφῇς, οὐδὲν τῶν τυφλῶν διοίσω· καθάπερ γὰρ ἐκεῖνοι σφάλλονται καὶ διολισθάνουσιν ἐν τῷ σκότῳ, οὕτω δὴ ἐγώ σοι ἔμπαλιν ἀμβλυώττω πρὸς τὸ φῶς. ἀλλὰ δός, ὦ Κυλλήνιέ, μοι ἐς ἀεὶ μεμνησομένῳ τὴν χάριν.

Text nach: http://el.wikisource.org/wiki/%CE%A7%CE%AC%CF%81%CF%89%CE%BD[/sub][/quote]

Zur Gesprächssituation: Charon kommt offenbar freudestrahlend auf Hermes zu (τί γελᾷς, ὦ Χάρων;), glücklich, in fremder Umgebung auf einen Bekannten getroffen zu sein (μοι δοκῶ εἰς δέον ἐντετυχηκέναι σοι). Die Vertrautheit beider rührt ja daher, dass Hermes als der Gott, der beständig zwischen Ober- und Unterwelt hin- und herwechselt und geradezu das verbindende Element zwischen beiden Welten bildet, und der in seiner Funktion als Psychopompos die Seelen der Verstorbenen hinabgeleitet, regelmäßig Charons Dienste in Anspruch nimmt (ἑταῖρος καὶ σύμπλους καὶ συνδιάκτορος).

Die Verkehrung eines geläufigen mythologischen Themas, des Abstiegs in die Unterwelt, bei dem Hermes üblicherweise als Führer auftritt, entsteht nun, da Charon ihn auffordert, ihm in der Oberwelt als Fremdenführer zu dienen (ξεναγήσεις γὰρ εὖ οἶδ᾽ ὅτι με συμπερινοστῶν καὶ δείξεις ἕκαστα ὡς ἂν εἰδὼς ἅπαντα). Charon, der nicht gewohnt ist zu bitten, äußert sein Anliegen allzu bestimmt (voluntat. Fut.; zum οἶδ᾽ ὅτι vgl. z. B. Pape, s. v. ΕἼΔΩ*). Die Reaktion des Hermes fällt entsprechend kühl aus (οὐ σχολή μοι, ὦ πορθμεῦ). Man beachte die abschätzige Anrede!

τὰ ἐν τῷ βίῳ: Merkwürdig, wie aus dem, was aus unserer Sicht zeitliche Kategorien sind, in Charons Sprache räumliche Begriffe werden.

τῷ ἄνω Διὶ: Gar nicht so bekannt ist, dass die Griechen die dualistische Einteilung der Welt z. T. so weit trieben, dass sie auch von einem "oberen Zeus" und von Hades als einem "unterirdischen Zeus" (Ζεὺς καταχθόνιος, Hom. Il. 9, 457) sprachen.

ὅπερ τὸν Ἥφαιστον πρῴην ἐποίησε: Konstr. wie bei Pape s. v. ποιέω 1. e)**. Eigenartig wirkt das πρῴην, obwohl wir uns doch zu Lebzeiten Krösus’ und Solons befinden. Die mythische Zeit unterliegt offenbar anderen Regeln als die historische.

ὦ φίλτατον Ἑρμάδιον, μὴ καταλίπῃς με: Mit dem hypokoristischen Deminutiv deutet sich eine erneute Änderung der Redestrategie des Charon an, nach fordernder und vorwurfsvoller Rede verlegt er sich nun aufs Kosen und Betteln.

καθάπερ γὰρ ἐκεῖνοι σφάλλονται καὶ διολισθάνουσιν ...: Noch einmal wird eine Verkehrung der üblichen Verhältnisse artikuliert.

__________
*) "Aus dem häufigen parenthetischen Gebrauch von οἶδα, σάφ' οἶδα, ἴσϑι, sei versichert, u. ä., bei Tragg. u. in att. Prosa, dem sich οἶδα ὅτι als nachdrückliche Behauptung anschließt, vgl. Heindorf zu Plat. Gorg. 486 b, ist οἶδ' ὅτι ohne Verbum zu erkl., πάρειμι δ' ἄκων οὐχ ἑκοῦσιν οἶδ' ὅτι Soph. Ant. 276, das weiß ich wohl, eigtl. οἶδ' ὅτι πάρειμι; vgl. Eur. Phoen. 1659; οὔτ' ἂν ὑμεῖς, εὖ οἶδ' ὅτι, ἐπαύσασϑε Dem. 6, 29; vgl. Ar. Plut. 183; woraus sich auch πάντων εὖ οἶδ' ὅτι φησάντων Dem. 9, 1 erklärt; vgl. ὧν εὖ οἶδ' ὅτι κακῶν ὄντων Plat. Apol. 37 b."

**) "τινά τι, Einem Etwas anthun, κακά, ἀγαϑὰ ποιεῖν τινα, Einem Böses, Gutes zufügen, erweisen, ἐγὼ ταῠτα τοῦτον ἐποίησα σὺν δίκῃ u. ä., Her. 1, 115. 3, 75. 7, 156; οὐκ οἶδ' ὅτι χρῆμά με ποιεῖς, Ar. Vesp. 697; πάντα ταῠτα τοὺς τελουμένους, Nubb. 259; πολλὰ καἰ ἀγαϑὰ τὴν πόλιν, Plat. Gorg. 519 b; φίλους πλεῖστα ἀγαϑά, Xen. Cyr. 5, 3, 9; τὴν πόλιν ἀγαϑόν τι, Isocr. 4, 79; μηδέν ἐστιν, ὃ μὴ πεποίηκάς με, Luc. D. D. 2, 1"
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 07.11.2014 um 23:06 Uhr (Zitieren)
Eine sehr gute Analyse, Φιλομαθής. Ich denke nur, dass das jetzt etwas zu philologisch war für einige andere....;-)
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 07.11.2014 um 23:08 Uhr (Zitieren)
Im Übrigen möchte ich dir danken für den Aufwand, den du für diesen Artikel betrieben hast.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Φιλομαθής schrieb am 08.11.2014 um 13:58 Uhr (Zitieren)
Mein Anliegen war, vom Darüberreden wieder zu inhaltsorientierten Beiträgen zurückzukehren. Auf weitergehende Projektierung kann, wie ich meine, verzichtet werden (schließlich geht es nicht darum, zu einer Südpolarexpedition aufzubrechen). Form und inhaltlicher Schwerpunkt des Dialogs (sofern einer entsteht) werden sich dem Geschmack der Teilnehmer im Verlauf anpassen.

Zitat von Φιλομαθής am 6.11.14, 15:43Man beachte die abschätzige Anrede!

Das muss ich zurücknehmen. Die Anrede des Charon mit ὦ πορθμεῦ ist hier wohl nicht aus der Situation geboren, sie zieht sich im Wechsel mit ὦ Χάρων durch den ganzen Dialog.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Hylebates schrieb am 08.11.2014 um 21:44 Uhr (Zitieren)
ἢ τίνων στερούμενοι πάντες οἰμώζουσι κατιόντες
Das ist ganz phantastisches Griechisch! Sozusagen ein Partizip, das die Umstände angibt, das Prädikat, das daraus resultiert, aber die Hauptaussage trägt, ein Partizip, das die Umstände der Beobachtung nennt. Das ist vielleicht von mir umständlich ausgedrückt, aber die semantische Dichte, die Lukian hier bringt, ist atemberaubend. Und das alles in einem indirekten Fragesatz - unmöglich im Deutschen!

Wie geht Ihr eigentlich bei der Übersetzung von Partizipien vor? Ich übersetze sie erst wörtlich und finde mich dann zurecht:
"Welcher Dinge beraubt sie klagen herunterkommend"
Quasi: "Warum sie klagen, wenn sie herunterkommen", oder "durch welchen Verlust sie klagen", wobei στερούμενοι kausal sein muss.

αἰτησάμενος muss wohl "sich erbitten", "für sich fordern" heißen, oder? Das, was man den Schülern als indirekt reflexive Verwendung des Mediums beibringt!

Wie ich diese Wörter liebe! "Medium"!, "indirekt reflexiv"!

λιπόνεως: "Deserteur vom Schiff oder Seedienst": Charon spricht hier wahnsinnig ironisch. Lukians Leser werden gelacht, oder noch besser geschmunzelt haben. Charon der Deserteur von seinem eigenen Kahn!
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Hylebates schrieb am 08.11.2014 um 22:10 Uhr (Zitieren)
Aber eigentlich sollte zuerst kommen:
Auch ich danke Dir, Φιλομαθής, für Deine Gedanken. Interessant und lehrreich.

[quote]ξεναγήσεις γὰρ εὖ οἶδ᾽ ὅτι με συμπερινοστῶν καὶ δείξεις ἕκαστα ὡς ἂν εἰδὼς ἅπαντα.[/quoteInteressant ist die "Bewegung": Nach einer Beobachtung an seinen Passagieren beginnt Charon aus "mitleidiger Neugier" den Weg ans Licht. Dort will er alles wissen. Ich hatte kurz überlegt, ob das ein philosophischer Weg ist, der der Menschlichkeit entspringt; denn wir haben hier: Neugier, Licht, Wissen - quasi der Wunsch nach Erleuchtung, nach Aufklärung.
Beim Wort συμπερινοστῶν musste ich an Odysseus denken (ist aber assoziativ). Er hat einen ähnlichen Drang, Dinge zu "erfahren", indem er sie ausprobiert.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Φιλομαθής schrieb am 09.11.2014 um 23:33 Uhr (Zitieren)
Zitat von Hylebates am 8.11.14, 21:44Wie geht Ihr eigentlich bei der Übersetzung von Partizipien vor? Ich übersetze sie erst wörtlich und finde mich dann zurecht:
"Welcher Dinge beraubt sie klagen herunterkommend"
Quasi: "Warum sie klagen, wenn sie herunterkommen", oder "durch welchen Verlust sie klagen", wobei στερούμενοι kausal sein muss.

Bei dieser verknoteten Konstruktion, bei der das Fragewort Objekt eines p. c. ist, kann man kaum anders vorgehen, wenn man eine Übersetzung herstellen will, die sich Wort für Wort rechtfertigt. Da sich das p. c. unmöglich zugleich als Frage- und Kausalsatz übersetzen lässt, kann man sich damit behelfen, dass man die Verhältnisse umkehrt und das Prädikat als Konsekutivsatz übersetzt: "welcher Dinge sie beraubt worden sind, dass sie alle weinen, wenn sie herunterkommen".

Zitat von Hylebates am 8.11.14, 22:10Nach einer Beobachtung an seinen Passagieren beginnt Charon aus "mitleidiger Neugier" den Weg ans Licht. Dort will er alles wissen. Ich hatte kurz überlegt, ob das ein philosophischer Weg ist

Von dieser Überlegung ausgehend, könnte man den Aufstieg des Charon ἐς τὸ φῶς vielleicht als Parodie auf Aristoteles' Höhlengleichnis lesen.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
rex schrieb am 10.11.2014 um 11:55 Uhr (Zitieren)
Zitat von Φιλομαθής am 9.11.14, 23:33" target="_blank" title="http://de.wikipedia.org/wiki/H%c3%b6hlengleichnis[quote=msg_4270_6]">http://de.wikipedia.org/wiki/H%c3%b6hlengleichnis[quote=msg_4270_6]

Von dieser Überlegung ausgehend, könnte man den Aufstieg des Charon ἐς τὸ φῶς vielleicht als Parodie auf Aristoteles' Höhlengleichnis lesen.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Hylebates schrieb am 10.11.2014 um 19:37 Uhr (Zitieren)
Ich wollte nicht so weit gehen, Platons Höhlengleichnis (Aristoteles' kannte ich noch gar nicht) anzuführen. Mir kam es bisher zu assoziativ vor. Den Gedanken der Parodie finde ich aber interessant. Darf ich sammeln?
* Charon "entwischt" (mit Erlaubnis)
* er trifft oben einen (unwilligen) Gott
* er ist nicht gerade überwältigt von den Dingen der Menschen
* die Unteren haben nichts, wünschen sich das Obere zurück


Im anderen Thread hatte ich ja nach dem Motiv des auf der Erde wandelnden (Toten)Gottes gefragt, von dem ich vor ca. 15 Jahren begeistert war. Kennt Ihr weitere Beispiele?
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
rex schrieb am 10.11.2014 um 20:56 Uhr (Zitieren)
Zitat von Hylebates am 10.11.14, 19:37Im anderen Thread hatte ich ja nach dem Motiv des auf der Erde wandelnden (Toten)Gottes gefragt, von dem ich vor ca. 15 Jahren begeistert war. Kennt Ihr weitere Beispiele?

Da fällt mir spontan eine meiner Lieblingsballaden von Goethe ein:
Der Gott und die Bajadere

http://meister.igl.uni-freiburg.de/gedichte/goe_jw42.html
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Hylebates schrieb am 10.11.2014 um 21:06 Uhr (Zitieren)
Das ist gut!
In diesen Komplex gehören dann ja auch Philemon und Baucis und dieses Brecht-Stück, Der gute Mensch von Sezuan.

Charon, Death (von Gaiman) und Joe Black wollen sehen, wie es auf der Erde ist;
Jesus, Mahadöh (so heißt er doch?), die Götter im guten Menschen wollen den Menschen beurteilen;
Jesus will den Menschen erlösen.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Φιλομαθής schrieb am 10.11.2014 um 21:12 Uhr (Zitieren)
Zitat von Hylebates am 10.11.14, 19:37Ich wollte nicht so weit gehen, Platons Höhlengleichnis (Aristoteles' kannte ich noch gar nicht) anzuführen.

Es war schon Aristoteles gemeint*. Mit Platons Höhlengleichnis lässt sich wegen der sehr speziellen Versuchsanordnung (Fesselung der Probanden etc.) nur schwer eine Analogie zum Lukiantext herstellen. Das aristotelische Höhlengleichnis bietet hier mehr Parallelen. Gleichwohl hat Aristoteles sein Höhlengleichnis als Antwort auf Platon verfasst.

Platon behauptet mit seinem Höhlengleichnis, dass wir über die Welt der Erscheinungen aufgrund der Selbstverständlichkeit, mit der wir sie wahrnehmen, falsch urteilen. Weil wir nicht die wahre Ursache der Erscheinungen erkennen, bewerten wir sie zu hoch. Aristoteles hält dagegen: Mag sein, dass wir die Welt der Erscheinungen aus Gewohnheit falsch beurteilen. Aber dann wäre es auch möglich, dass wir sie nicht über-, sondern unterbewerten.

In der Gegenüberstellung der Höhlengleichnisse wird das Verhältnis beider Philosophen zur wahrnehmbaren Welt in ähnlich kondensierter Form anschaulich wie in dem durch Handzeichen geführten Dialog auf Raffaels "Schule von Athen".

Nicht anders als die Bewohner von Aristoteles' Höhle kann Charon bei Lukian ex illis abditis sedibus evadere in haec loca, quae nos incolimus, atque exire. Als Peripatetiker avant la lettre treibt ihn sein Interesse an τὰ ἐν τῷ βίῳ an die Erdoberfläche.

__________
*) Das aristotelische Höhlengleichnis ist überliefert bei Cicero (nat. 2, 95).
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Hylebates schrieb am 10.11.2014 um 21:17 Uhr (Zitieren)
Ich weiß, dass Du Aristoteles' meintest, ich hatte aber in meiner Unwissenheit nur wegen des Aufstiegs an Platons gedacht.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2014 um 17:55 Uhr (Zitieren)
Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, auf welches Werk des Aristoteles Cicero sich bezieht?
Der Kommentarf erwähnt dies nur als Aristoteles-Fragment.
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 11.11.2014 um 19:55 Uhr (Zitieren)
In der Reclamausgabe De natura deorum steht unter Anmerkung 351 in Bezug zu der Stelle:
Vgl. De philosophia, Fragment 12 (Rose).
Re: Zu Lukians Charon, Kap. 1
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2014 um 23:20 Uhr (Zitieren)
Das würde passen. Danke.
 
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