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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Aristoteles über Freundschaft; absolut gebrauchtes τῷ (1119 Aufrufe)
EURAnalyst schrieb am 28.04.2015 um 21:44 Uhr (Zitieren)
Seid gegrüßt, Altgríechisch-Freunde.

Aristot. Nic. Eth. Buch 8, 1162a-b

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15. τριττῶν δ᾽ οὐσῶν φιλιῶν, καθάπερ ἐν ἀρχῇ εἴρηται, καὶ καθ᾽ ἑκάστην τῶν μὲν ἐν ἰσότητι φίλων ὄντων τῶν δὲ καθ᾽ ὑπεροχήν (καὶ γὰρ ὁμοίως ἀγαθοὶ φίλοι γίνονται καὶ ἀμείνων χείρονι, ὁμοίως δὲ καὶ ἡδεῖς καὶ διὰ τὸ χρήσιμον, ἰσάζοντες ταῖς ὠφελείαις καὶ διαφέροντες), τοὺς ἴσους μὲν κατ᾽ ἰσότητα δεῖ τῷ φιλεῖν καὶ τοῖς λοιποῖς ἰσάζειν, τοὺς δ᾽ ἀνίσους τῷ ἀνάλογον ταῖς ὑπεροχαῖς ἀποδιδόναι.
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Olof Gigon (ISBN 3-7608-1725-4 p. 361) übersetzt das mit

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15. Da es nun, wie wir am Anfang gesagt haben, drei Arten von Freundschaft gibt und es bei jeder eine Gleichheit der Freunde geben kann oder eine Überlegenheit (denn es können in gleicher Weise die Guten Freunde werden, oder ein Besserer mit einem Schlechteren, ebenso auch die Angenehmen, und endlich auf Grund des Nutzens sowohl jene, die einander gleich viel nützen, wie jene, die darin unterschieden sind), so muß man die Gleichen in gleicher Weise lieben und im übrigen Gleichheit herstellen, die Ungleichen aber im Verhältnis des Übermaßes ausgleichen.
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Im Pape steht für das absolut gebrauchte τῷ die Bedeutung "darum, auf diese Weise".

Ich nehme einmal an, dass Aristoteles das τῷ hier zweimal in der genannten Bedeutung gebraucht. Im ersten Fall (κατ᾽ ἰσότητα δεῖ τῷ φιλεῖν, wo Gigon das τῷ mit "so" übersetzt) ist die Position des τῷ für mich etwas ungewöhnlich.

ἀνάλογον scheint mir adverbial, wörtlich übersetzt hieße dann ...τοὺς δ᾽ ἀνίσους τῷ ἀνάλογον ταῖς ὑπεροχαῖς ἀποδιδόναι. "... die Ungleichen aber auch darum entsprechend dem Übermaß mit einem Ausgleich versehen."

Sehe ich das so richtig? Vielen Dank im voraus für Experten-Hinweise.

Anmerkung: In der Bywater-Ausgabe unter

http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0053%3Abekker%20page%3D1162b

ist das zweite τῷ weggelassen, in der zugrundeliegenden Becker-Ausgabe von 1831 (über Google Books zugänglich) steht es aber auf Seite 148 Zeile 24.



Re: Aristoteles über Freundschaft; absolut gebrauchtes τῷ - Nachtrag
EURAnalyst schrieb am 29.04.2015 um 22:01 Uhr (Zitieren)
Meine Angabe am Schluss

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ist das zweite τῷ weggelassen
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war nicht korrekt: Bywater hat das zweite τῷ nicht weggelassen, sondern durch τὸ ersetzt. Das würde zwar besser zu einem adverbialen τὸ ἀνάλογον passen, doch einen vom großen Immanuel Becker rezensierten Text sollte man m. E. nicht so einfach abändern.
Re: Aristoteles über Freundschaft; absolut gebrauchtes τῷ
Φιλομαθής schrieb am 30.04.2015 um 14:55 Uhr (Zitieren)
Die Gigonsche Übersetzung erscheint mir hier nicht recht nachvollziehbar. Benseler weist darauf hin, dass ein solches τῷ vorwiegend der epischen Sprache angehört. In der Regel bedeutet ein Artikel vor einem Verb, dass dieses substantiviert verwendet wird. Auch die Übersetzung von ὁμοίως mit "in gleicher Weise" halte ich für unangebracht. Hier wird ja keine modale Bestimmung bezeichnet, sondern eine Gliederung auf zwei Ebenen (ὁμοίως - ὁμοίως, καὶ - καί). Ἀνάλογον verstehe ich substantivisch als Objekt bei ἀποδιδόναι.

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"Da es dreierlei Freundschaft gibt (τριττῶν δ᾿ οὐσῶν φιλιῶν), wie eingangs bemerkt wurde (καθάπερ ἐν ἀρχῇ εἴρηται), und bezüglich jeder einzelnen <Art von Freundschaft> (καὶ καθ᾿ ἑκάστην) die eine Gruppe (τῶν μὲν) in der Gleichheit von Freunden (ἐν ἰσότητι φίλων) besteht (ὄντων), die andere Gruppe (τῶν δὲ) durch Überlegenheit (καθ᾿ ὑπεροχήν)

– denn (καὶ γὰρ) gleichermaßen (ὁμοίως [a.1]) werden (γίνονται) gute Menschen zu Freunden (ἀγαθοὶ φίλοι) wie auch (καὶ [a.2]) ein Besserer mit einem Geringeren (ἀμείνων χείρονι),

gleichermaßen aber auch (ὁμοίως δὲ καὶ [b.1]) <aneinander> Lust habende Menschen (ἡδεῖς) wie auch (καὶ [b.2]) aufgrund gegenseitigen Nutzens <verbundene Menschen> (διὰ τὸ χρήσιμον), die einander gleich sind in ihren Gütern (ἰσάζοντες ταῖς ὠφελείαις) und verschieden (καὶ διαφέροντες) –,

ist es im Hinblick auf die Gleichheit notwendig (κατ᾿ ἰσότητα δεῖ), dass die Gleichen (τοὺς ἴσους μὲν) einander entsprechen (ἰσάζειν) im Lieben (τῷ φιλεῖν) wie auch in allem Übrigen (καὶ τοῖς λοιποῖς),

die Ungleichen hingegen (τοὺς δ᾿ ἀνίσους) durch das Entrichten (τῷ ... ἀποδιδόναι) eines Äquivalents (ἀνάλογον) zur <jeweiligen> Überlegenheit <des anderen> (ταῖς ὑπεροχαῖς)."

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Es besteht also auch bei ungleichen Freunden eine Gleichheit, die - was recht dialektisch gedacht ist - gerade in einem bei beiden analogen Verhältnis der Ungleichheit liegt.

Gute Digitalisate der Bekker-Ausgabe findet man übrigens im Internet Archive. Die Seitenzählung des Digitalisats entspricht dem Original, so dass man anhand der Bekker-Zahl schnell eine Stelle nachschlagen kann:

http://archive.org/details/aristotelisopera01arisrich (1-790)
http://archive.org/details/aristotelisopera02arisrich (791-1462)
http://archive.org/details/aristotelisopera03arisrich (Interpretes)
http://archive.org/details/aristotelisopera04arisrich (Scholia 1-833)
http://archive.org/details/aristotelisopera05arisrich (1463-1589, Scholia 837-944, Index)
Re: Aristoteles über Freundschaft; absolut gebrauchtes τῷ
Γραικίσκος schrieb am 30.04.2015 um 15:16 Uhr (Zitieren)
In der Ausgabe von William Wilkinson (Oxford 1809) schreibt der Herausgeber:
"Illud τῷ delere mallem, ni id fieri vetarent omnes nostri codd."
Re: Aristoteles über Freundschaft; absolut gebrauchtes τῷ
EURAnalyst schrieb am 01.05.2015 um 19:35 Uhr (Zitieren)
Besten Dank, Φιλομαθής und Γραικίσκος, für Eure Antworten.

Deine wie immer gründliche Analyse, Φιλομαθής , ist überzeugend. Damit sind auch meine Bezüge auf das absolut gebrauchte τῷ hinfällig. Gigon hat in diesem Fall abwegig übersetzt.

Wie ja Dein Hinweis, Γραικίσκος, auf Wilkinson zeigt, hatten offenbar schon die Altvorderen - im Gegensatz zu Φιλομαθής! - Probleme mit dem zweimaligen τῷ. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass Immanuel Becker alle relevanten Codices bei der Edition berücksichtigt hat.

Danke schließlich noch, Φιλομαθής, für die Links zur Becker-Ausgabe.

 
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