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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein Epitaph (925 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 11.09.2015 um 22:03 Uhr (Zitieren)
Wenn man auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin die Gräber von Brecht, Müller, Brasch, von Fichte und Hegel, Schinkel und Schadow und von all den anderen teuren Toten links bzw. rechts liegen lässt und sich in die hintere linke Ecke begibt, gelangt man zum Grabstein eines Mannes, dem sich einst in seiner Funktion als Chef eines Clubs von Outlaws Männer wie Wilhelm von Humboldt, Achim von Arnim, Hegel und E. T. A. Hoffmann unterwarfen.

Geht man um die Grabstelle herum, entdeckt man die folgenden Schriftzeichen auf der Rückseite des Steins:

ΟΥΤΟΙΛΕΙΨΑΝΑΤΩΝΑΓΑΘΩΝ
ΑΝΔΡΩΝΑΦΑΙΡΕΙΤΑΙΧΡΟΝΟΣ
ΑΔΑΡΕΤΑΚΑΙΘΑΝΟΥΣΙΛΑΜΠΕΙ

Wer weiß, was die Inschrift bedeutet? Und wie hieß der Mann, der hier liegt? Schließlich: Welcher Freund und (ungleich berühmtere) Kollege desselben hat in unmittelbarer Nähe seine letzte Ruhe gefunden?
Re: Ein Epitaph
rex schrieb am 12.09.2015 um 11:50 Uhr (Zitieren)
Geht es um Philipp Karl Buttmann, den ersten Vorsitzenden der "Gesetzlosen Gesellschaft zu Berlin"?
Re: Ein Epitaph
rex schrieb am 12.09.2015 um 12:04 Uhr (Zitieren)
Und das dürfte von Euripides sein:
ΟΥΤΟΙ ΛΕΙΨΑΝΑ ΤΩΝ ΑΓΑΘΩΝ
ΑΝΔΡΩΝ ΑΦΑΙΡΕΙΤΑΙ ΧΡΟΝΟΣ
Α Δ ΑΡΕΤΑ ΚΑΙ ΘΑΝΟΥΣΙ ΛΑΜΠΕΙ

Re: Ein Epitaph
rex schrieb am 12.09.2015 um 12:10 Uhr (Zitieren)
Euripides: Andromache?
Re: Ein Epitaph
Φιλομαθής schrieb am 12.09.2015 um 13:52 Uhr (Zitieren)
Glückwunsch! Es handelt sich in der Tat um Buttmann, der, wie Hebbel 1851* anlässlich seines Besuchs auf dem Dorotheenstädtischen (damals Werderschen) Friedhof bemerkte, mit seiner Griechischen Grammatik "die Plage jedes Tertianers, der Griechisch lernen muss", wurde.

Der Grabstein wurde von dem bekannten Bildhauer Christian Friedrich Tieck (ebenfalls ein "Gesetzloser") gestaltet**. Die Inschrift bildet - korrekt erkannt! - ein Zitat aus der Adromache (V. 774 ff.) des Euripides und lässt sich in etwa mit "Doch was übrig bleibt von den edlen Männern tilgt die Zeit nicht aus, ihre Tugend leuchtet, auch wenn sie tot sind." übersetzen.

Die Gesetzlose Gesellschaft existiert bis auf den heutigen Tag, obgleich sie nicht mehr solche Prominenz in ihren Reihen sammelt wie zu Buttmanns Zeiten.

_____
*) https://archive.org/stream/smtlichewerke00werngoog#page/n208/mode/1up
**) Foto: http://www.hartwig-w.de/friedhof/google/01/01-08/01-08-30.htm[/sub]
Re: Ein Epitaph
rex schrieb am 12.09.2015 um 20:24 Uhr (Zitieren)
Dankbar für Deine gehaltvolle Anregung, darf ich Dir eine "bearbeitete letzte Strophe" der Brechtschen (passend zu besagtem Friedhof) Taoteking-Ballade widmen:
Aber rühmen wir nicht nur den "König",
Dessen Name vor dem Beitrag prangt!
Denn man musste ihm seine "Weisheit" erst entreißen,
Darum sei Φιλομαθής auch bedankt:
Er hat sie ihm abverlangt.

Ein gutes Wochenende wünscht Dir rex.
Re: Ein Epitaph
rex schrieb am 12.10.2015 um 16:53 Uhr (Zitieren)
Zitat von Φιλομαθής am 11.9.15, 22:03Schließlich: Welcher Freund und (ungleich berühmtere) Kollege desselben hat in unmittelbarer Nähe seine letzte Ruhe gefunden?
Diese Frage hatte ich übersehen, Φιλομαθής.

Handelt es sich um:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel?
Re: Ein Epitaph
Φιλομαθής schrieb am 14.10.2015 um 18:30 Uhr (Zitieren)
Nein, Hegel war kein Fachkollege Buttmanns. (Das wäre denn doch ein allzu leichtes Rätsel gewesen, ist doch Hegel eingangs bereits zweimal erwähnt worden.)
Re: Ein Epitaph
Φιλομαθής schrieb am 14.10.2015 um 19:01 Uhr (Zitieren)
Hegel übrigens hatte seine letzte Ruhestätte selbst gewählt. Am 30. Oktober 1819 schreibt er an Friedrich Creuzer: "Vorgestern habe ich Solger zu Grabe begleitet, es ist nicht weit von Fichte's; - da gehört also auch das meinige, neben meine Kollegen, hin; die Philosophen, scheint's nach jenen, werden hier nicht alt."

Diese Einschätzung hat Hegel dann selbst bestätigt, indem er zwölf Jahre später ebenjener Cholera-Epidemie zum Opfer fiel, die Schopenhauer aus Berlin vertreiben sollte. Von der eigentlich vorgeschriebenen Bestattung auf dem Cholera-Friedhof konnte die Familie eine Ausnahme erwirken.

Dennoch liegt Hegel nicht mehr an dem Platz, den er sich ausgesucht hatte. Die 1889 verbreiterte Hannoversche Straße verläuft heute über die einstigen Gräber Solgers, Hegels und Fichtes. Letztere hat man umgebettet, Karl W. F. Solgers Ruhm aber war damals bereits verblasst und so gibt es von ihm keinen Grabstein mehr.
 
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