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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Hadrian als Stadtgründer (1228 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 27.04.2016 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Von diesem Ort aus ergibt sich, glaubt man der Inschrift, ein Blick auf die Stadt des Kaisers Hadrian. Welches Bauwerk ist gesucht?
Re: Hadrian als Stadtgründer
filix schrieb am 27.04.2016 um 18:53 Uhr (Zitieren)
Das Hadrianstor in Athen, auf dem zu lesen steht: ΑΙΔE ΑΔΡΙΑΝΟΥ ΚΟΥΧI ΘΗΣΕΩΣ ΠΟΛΙΣ.
Re: Hadrian als Stadtgründer
Φιλομαθής schrieb am 27.04.2016 um 18:56 Uhr (Zitieren)
Glückwunsch! So ist es. Das ging ja schneller, als man gucken kann.
Re: Hadrian als Stadtgründer
Φιλομαθής schrieb am 27.04.2016 um 20:29 Uhr (Zitieren)
Der Philhellene Hadrian hatte in Athen umfangreiche Bautätigkeit entfaltet. Das seit sechs oder sieben Jahrhunderten unvollendete Olympeion wurde unter ihm fertiggestellt und in dessen Umgebung entstand der Villenvorort Novae Athenae. Das Stadtgebiet Athens war damit wesentlich erweitert worden.

Diskutiert wird, ob durch das Hadrianstor nur die geografische Grenze zwischen dem alten Athen des Theseus und dem neuen Hadrians markiert oder ob auch eine stadtgeschichtliche Wende ausgedrückt werden sollte, derart dass unter Hadrian die Stadt zu einer neuen Stadt umgestaltet worden ist*.

Auf der Seite, durch die man in die Altstadt gelangte, befindet sich die Inschrift Αἵδ᾽ εἰσ᾽ Ἀθῆναι Θησέως ἡ πρὶν πόλις ("Dies ist Athen, die vormalige Stadt des Theseus."), auf der anderen Seite die Inschrift Αἵδ᾽ εἰσ᾽ Ἁδριανοῦ κοὐχὶ Θησέως πόλις ("Dieses [Athen] ist die Stadt des Hadrian und nicht des Theseus.").

_____
*Dagegen spräche die Angabe in der Historia Augusta, dass ein Teil Athens als Hadrianopolis bezeichnet wurde, nicht etwa die ganze Stadt (et cum titulos in operibus non amaret, multas civitates Hadrianopolis appellavit, ut ipsam Carthaginem et Athenarum partem. Hadr. 20, 4).
Re: Hadrian als Stadtgründer
filix schrieb am 29.04.2016 um 12:14 Uhr (Zitieren)
Auf der Seite, durch die man in die Altstadt gelangte ...


Ist es nicht genau umgekehrt? Verkündet die Inschrift nicht, was dem Leser gerade im Rücken liegt?
Re: Hadrian als Stadtgründer
Φιλομαθής schrieb am 29.04.2016 um 14:47 Uhr (Zitieren)
Du hast recht, ich hab's verdreht.
Re: Hadrian als Stadtgründer
filix schrieb am 29.04.2016 um 20:14 Uhr (Zitieren)
Ich wollte keinesfalls beckmessern - ich habe mich nur gefragt, wie man das verstehen soll, denn auch ich hätte zunächst angenommen, dass einem das Tor ansteuernden Leser mitgeteilt wird, was ihn auf der anderen Seite erwartet. You are leaving the sector of Theseus/Hadrian wird kaum gemeint sein. Möglicherweise hängt es mit den im kulissenhaften Obergeschoss vermuteten Statuen der beiden zusammen, die sich in der ursprünglich mit einer Mauer verblendeten Mittelöffnung, die daraus nach jeder Seite hin eine Art Ädikula machte, befunden haben könnten. So betrachtet sprächen - in der antiken Kunst nicht ungewöhnlich - die jeweils ihre Stadt aus der Höhe überblickenden Statuen der Gründerfiguren zum Passanten.
Re: Hadrian als Stadtgründer
Φιλομαθής schrieb am 30.04.2016 um 10:34 Uhr (Zitieren)
Beckmesserei hätte ich dir nie unterstellt. Ich weiß ihn zu schätzen, deinen Blick für's Details, in dem sich häufig, wenn nicht der Teufel, so doch eine interessante Frage verbirgt.

Sprechende Statuen mögen bei der Gestaltung der Inschrift eine Rolle gespielt haben. Davon abgesehen ist in Bezug auf die Inschrift an die Stele erinnert worden*, die an der Grenze zwischen Peloponnes und der Megaris errichtet worden war. Auch dort bezeichnete die Inschrift das jeweils im Rücken des Lesers liegende Gebiet. Tatsächlich sind die Verse, die Strabon (geogr. 9, 1, 6) und Plutarch (Thes. 25) überliefern, denen vom Hadrianstor so ähnlich, dass man darin wohl eine Remineszenz an die damals "oft erwähnte Stele auf dem Isthmos" (τὴν θρυλουμένην ἐν Ἰσθμῷ στήλην, Plut.) sehen kann (zumal Theseus als ihr Stifter galt):

Τάδ᾽ ἐστὶ Πελοπόννησος, οὐκ Ἰωνία,
Τάδ᾽ οὐχὶ Πελοπόννησος, ἀλλ᾽ Ἰωνία.

Das Problem der für unser Empfinden auf der verkehrten Seite angebrachten Inschriften wäre damit aber nur verlagert worden. Vielleicht kann man sich hier der Auffassung Jesper Svenbros** anschließen, der meint, dass zumindest im archaischen Griechenland der Leser sich zum Instrument einer Inschrift bzw. des Gegenstandes, auf dem sie angebracht war, machte, da er, um die ungegliederte Buchstabenfolge zu identifizieren, sie laut vorlesen musste. Die Worte wären somit aus der Perspektive des Steines zu verstehen.

_____
* https://books.google.de/books?id=1FU5uR-mJVAC&pg=PA147
** J. Svenbro, Stilles Lesen und die Internalisierung der Stimme im alten Griechenland, in: Friedrich Kittler et. al., Zwischen Rauschen und Offenbarung, Berlin 2002, S. 55 ff.
Re: Hadrian als Stadtgründer
Φιλομαθής schrieb am 30.04.2016 um 11:33 Uhr (Zitieren)
... für's Detail, ...
Re: Hadrian als Stadtgründer
filix schrieb am 01.05.2016 um 12:35 Uhr (Zitieren)
Danke für den Hinweis auf Svenbro - führt er das an Beispielen mit einem so starken deikitschen Charakter, wie er in den Inschriften vorliegt, näher aus?

Zur Entschlüsselung von Hadrians Selbstverständnis könnte auch Folgendes beitragen:

"On more than a hundred altars from athens Hadrian is described as 'founder and saviour', and these epithets can be seen in relation to the extensive building projects that were undertaken by his initiative."

(Rubina Raja:Urban Development and Regional Identity in the Eastern Roman Provinces. S. 121f.)
Re: Hadrian als Stadtgründer
Φιλομαθής schrieb am 01.05.2016 um 23:09 Uhr (Zitieren)
Nein, Svenbro baut seine Argumentation vorwiegend auf der Analyse der verschiedenen zur Bezeichnung des Lesens verwendeten Verben auf und zieht hierzu auch Inschriften heran, in denen die Inschriftenträger selbst Subjekt sind, in der Art von "Ich bin der Grabstein des Glaukos" (Gegenstände also, die Mario Burzachechi als oggetti parlanti bezeichnete).

Mit deinem Hinweis auf den deiktischen Charakter der Inschriften dürfte sich unsere Fragestellung, denke ich, erledigt haben. Ὅδε wird ja als das Demonstrativpronomen der 1. Person beschrieben, das auf unmittelbar Gegenwärtiges hinweist. In Bezug auf eine Grenzlinie sollte unter αἵδε bzw. τάδε das diesseits Liegende verstanden werden. Gestische Unterstützung durch Standbilder könnte dabei präzisierend wirken, unbedingt erforderlich wäre sie nicht.
Re: Hadrian als Stadtgründer
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 02.05.2016 um 08:48 Uhr (Zitieren)
Danke für den Beitrag! Hadrian ist eine faszinierende Persönlichkeit, insbesondere auch, was seine Bautätigkeit betrifft. Ich habe mir vor Jahren das Begleitbuch zur Hadriansaustellung in London gekauft: Hadrian, Machtmensch und Mäzen, Thorsten Opper, WBG. Ein sehr ausführliches Buch über Hadrian.
Noch nicht erwähnt wurde hier Pausanias, der im 1. Buch seiner Gracae Descriptio über Athen berichtet. Sehr interessant, da er als quasi Zeitzeuge auch die damaligen Bauten beschreibt.
Re: Hadrian als Stadtgründer
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 02.05.2016 um 08:49 Uhr (Zitieren)
...Graecae Descriptio...
 
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