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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Steckbrief (1021 Aufrufe)
filix schrieb am 25.06.2016 um 12:43 Uhr (Zitieren)
Gesucht wird ein Mann von mittlerer Größe, aufrechter, wohlgestalter Statur, brauner Farbe, der auf flinken Beinen erhobenen Hauptes in keiner Weise fehl- sondern umsichtig durch die Welt ging. Ein schmaler Spalt zwischen den Schultern und ein vernarbtes Gesicht zählten zu seinen besonderen Kennzeichen. Er neigte dazu, die Mächtigen zu verspotten und die Alten zu verhöhnen, und soll im Alter von 108 Jahren gestorben sein.

Wer ist diese Chimäre seiner Figuren und in welcher Rezeptionstradition?

Re: Steckbrief
Φιλομαθής schrieb am 26.06.2016 um 19:01 Uhr (Zitieren)
Ein berühmter 108jähriger Grieche war Gorgias. Steht der in einer Beziehung zu dem Rätsel? Ist 'Figuren' doppeldeutig als Hinweis auf die Gorgianischen Figuren zu verstehen? Oder bin ich auf einer komplett falschen Fährte?
Re: Steckbrief
filix schrieb am 26.06.2016 um 19:57 Uhr (Zitieren)
Die Fährte ist falsch - viele, nicht alle der aufgezählten Attribute entstammen Werken (und den darin auftretenden Figuren) des berühmten Dichters und wurden in einer uns kaum vertrauten Rezeption auf ihn übertragen. Das Alter, das er erreicht haben soll, zählt nicht dazu.
Re: Steckbrief
Φιλομαθής schrieb am 27.06.2016 um 20:20 Uhr (Zitieren)
Aber es gibt einen Zusammenhang mit der griechisch-römischen Antike?
Re: Steckbrief
filix schrieb am 27.06.2016 um 21:11 Uhr (Zitieren)
Schlechthin.
Re: Steckbrief
Φιλομαθής schrieb am 28.06.2016 um 21:36 Uhr (Zitieren)
Eine harte Nuss. Ich schätze, wir benötigen noch (mindestens) einen Hinweis.
Re: Steckbrief
filix schrieb am 29.06.2016 um 20:47 Uhr (Zitieren)
Es gibt einen alten Philologenwitz, dessen Pointe auf einer dem allzu bekannten Dichter zugeschriebene Eigenschaft aufbaut, die der hier gesuchten Rezeptionstradition offensichtlich unbekannt war.
Re: Steckbrief
filix schrieb am 29.06.2016 um 20:49 Uhr (Zitieren)
*zugeschriebenen
Re: Steckbrief
Φιλομαθής schrieb am 01.07.2016 um 15:09 Uhr (Zitieren)
Es fehlt nicht mehr viel, und ich werde enden wie der Mäonide. Wenn es das ist, was du erreichen willst, dann mach nur so weiter ...
Re: Steckbrief
Ailourofilos schrieb am 02.07.2016 um 17:00 Uhr (Zitieren)
Eine Woche liegt das hier schon rum... ich denke, Du solltest auflösen.
Re: Steckbrief
filix schrieb am 02.07.2016 um 20:31 Uhr (Zitieren)
Es ist in der Tat Homer - der Homer der arabischen Rezeption:

„The Arab literary sources describe Homer's physique. They say that he is of straight and moderate stature, shapely, brown, with a raised head. He has a small space between his two shoulders and swift feet. He is always looking around. He has pock-marks on his face. He has a sense of humour, with a tendency to make fun of men of power and mock previous generations. He died at the age of 108. More importantly, the Arabs did not know the Greek traditional image of Homer as a blind singer. In a manuscript preserved in Berlin (Qu. 785) there is a painting which shows Homer in traditional Arab dress; in other words we here see the Arabized Omeros.“
(Ahmed Etan: Homer in the Arab World in: Jan Nelis (ed.) Receptions of Antiquity, Gent, Academia Press 2011, S. 69ff.)

Einige der ihm dabei zugeordneten Attribute stammen m.E. aus dem Werk des Dichters - „swift footed“ ist ein Epitheton des Achilleus (πόδας ὠκὺς Ἀχιλλεύς, Ilias 1, 58), Odysseus war im Verhältnis zu Menelaos nur „of moderate stature“, dafür aber edler an Gestalt (Ilias 3, 210), „always looking around“ könnte auf das in Ilias und Odyssee öfter vorkommende παπταίνω zurückgehen (z.B. Ilias17, 674, wo es den Adlerblick des Menelaos meint), „a small space between his two shoulders“ und die spöttische Natur sind womöglich der Beschreibung des Thersites (llias 2, 216ff.) entnommen.

Das Alter von 108 Jahren spielt wahrscheinlich auf die in Plutarchs Moralia 415d-e erörterte maximale Lebensspanne des Menschen an:

„Die aber, die nun „in hohem Alter seiend“ anstatt „in ihrer Jugendkraft stehend“ schreiben, billigen einer Generation 108 Jahre zu, denn die 54 sei der Grenzwert des halben menschlichen Lebens, wobei er sich zusammensetzte aus der Grundzahl, den ersten beiden Flächen, den beiden Quadratzahlen und den beiden Kubikzahlen, welche auch Platon als Zahlen bei der Entstehung der Seele angenommen hat.“ (Übersetzung S. Giesecke)
Re: Steckbrief
Φιλομαθής schrieb am 03.07.2016 um 21:57 Uhr (Zitieren)
Damit hatte ich nicht gerechnet, dass es auch Belege für eine Homerrezeption im Orient gibt.

In den griechischen Homerviten werden über das Alter Homers keine Angaben gemacht, Proklos erwähnt lediglich, dass er als Greis gestorben zu sein scheine. (Zahlreich dagegen sind die Spekulationen über die chronologische Einordnung seiner Lebenszeit.) Einen Zusammenhang der Altersangabe bei den Arabern mit der Plutarchstelle kann ich mir auch vorstellen, zumal hier immerhin Hesiod-Verse ausgelegt werden.

Was mich jetzt noch wurmt, das ist der Philologenwitz, den du erwähnt hast und den ich weder kenne noch ergoogeln kann.
Re: Steckbrief
filix schrieb am 03.07.2016 um 22:54 Uhr (Zitieren)
"Ob Homer überhaupt gelebt hat, ist unbekannt; dass er blind war, steht jedoch fest".

Dabei soll es sich ursprünglich um eine Kathederblüte Johann Georg August Gallettis handeln, in der Einleitung eines 2008 von Joachim Latacz für den Spiegel verfassten Beitrags ist es dann schon ein Gelehrtenwitz. Habent sua fata nugae ...
Re: Steckbrief
Philomathes schrieb am 04.07.2016 um 07:46 Uhr (Zitieren)
:-) Sehr hübsch. Danke!
 
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