Es berührt seltsam, bereits in vorchristlicher Zeit vom Plan einer Ausrottung aller Juden zu lesen.

Der Seleukide Antiochos IV. Epiphanes hatte eine solche Absicht wohl schon praktisch in die Wege geleitet und hätte sie durchgesetzt, wenn ihm der Hasmonäer-Aufstand nicht in die Quere gekommen wäre.
Quellen:
- 1 Makkabäer 1, 10-64
- Flavius Josephus: De bello Judaico I, 31-35
- Flavius Josephus: Antiquitates Judaicae XII 1-4
- Diodorus Siculus XXXIV/XXXV 1, 3 f.

An letztgenannter Stelle (1, 1-5) berichtet Diodor aber noch über mehr, nämlich über eine spätere Belagerung Jerusalems durch Antiochos VII. Euergetes. Bei dieser Gelegenheit geben ihm seine Berater Empfehlungen, welche deutlich machen, daß es die Ausrottung auch als Idee bereits gab: οἱ δὲ πλείους αὐτῷ τῶν φιλῶν συνεβούλευον κατὰ κράτος αἱρήσειν τὴν πόλιν [b]καὶ τὸ γένος ἄρδην ἀνελεῖν τῶν Ἰουδαίων.

Und während man bei Antiochos IV. im Sinne von Polybios, der ihn statt "Epiphanes" "Epimanes" nannte, annehmen mag, daß er ziemlich verrückt war, tritt be diesen Beratern ein komplett antijüdisches Weltbild zutage:
- τὸ μῖσος τὸ πρὸς τοὺς ἀνθρώπους
- τὸ μηδενὶ ἄλλῳ ἔθνει τραπέζης κοινωνεῖν μηδ' εὐνοεῖν τὸ παράπαν
- τὰ μισάνθρωπα καὶ παράνομα ἔθη τοῖς Ἰουδαάοις
- τὰς ἱερὰς αὐτῶν βίβλους καὶ περιεχούσας τὰ μισόξενα νόμιμα

Dies alles läßt es angeraten erscheinen, ἄρδην ἀνελείν τὸ ἔθνος.

Ich kann mit Mühe nachvollziehen, welche Eigentümlichkeiten der jüdischen Religion und Kultur hierfür den Hintergrund bilden, aber das hohe Alter eines solchen Plans, den man gemeinhin erst den Nationalsozialisten unterstellt, ist erschreckend.

Kann man in Abwandlung einer These von Jan Assmann sagen, daß Monotheismus strukturell nicht nur gewalttätig ist, sondern auch Gewalttätigkeit provoziert?