Von den zahlreichen Bearbeitungen des Medea-Stoffes möchte ich einmal eine speziell erwähnen: die von Hans Henny Jahn aus dem Jahre 1920.
Er ändert den traditionellen Stoff folgendermaßen:

Jason, durch die Liebe seiner Frau mit ewiger Jugend beschenkt, wendet sich von der gealterten "Negerin" ab und vergißt sich so weit, daß er um die Auserwählte seines ältesten Sohnes wirbt. Es kommt aber zu der bekannten Hochzeit mit Kreons Tochter. Kreons Befehl, Medea müsse mitsamt ihren Kindern nach der Teilnahme an der Hochzeit Jasons mit Kreons junger Tochter das Land verlassen, enthält den Zusatz, andernfalls werde er sie und ihre Kinder "erledigen wie Tiere". Medea, die Jason als "ergrautes Nachtgespenst der Hölle" verunglimpft, tötet ihre Kinder nicht vorsätzlich, sondern ersticht sie, als der enttäuschte Ältere halb in Brunst, halb in Mordlust über den Jüngeren herfällt.

"Mein Drama", schreibt Jahn, ist archaischer als die Tragödie des Euripides. Neben das urtragische Problem, daß die Kinder gebärende Frau an der Seite eines jugendlichen Mannes früh altert, tritt das immer noch gegenwärtige Problem des Rassengesetzes. Jason ist Grieche, Medea Negerin. Kolchis liegt in Afrika."

Uraufgeführt worden ist das Drama 1926 in Berlin und mußte vom Spielplan abgesetzt werden.
Am 12. April dieses Jahres ist eine Premiere in Köln.

Meine Informationsquellen:
- Elisabeth Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. Stuttgart ⁵1981, S. 485
- Nino Haratischwili: Befreit uns von der Dekonstruktionsliteratur! Hans Henny Jahns düstere Bearbeitung der Urtragödie "Medea"; in FAZ vom 27.3.2019