Avunculus Iosephus am 25.7.09 um 12:07 Uhr (Zitieren) I
Moin allerseits!
Ich bitte Euch um zwei Hinweise: Ich übersetze gerade aus dem Neulatein (Ausgang 17. Jh.), wobei sich verschiedene Schwierigkeiten auftun betreffs einiger Wortbedeutungen, vor allem aber der Grammatik. Könnte mir jemand dazu ein passendes Werk nennen?
Akut habe ich hier eine Textstelle, mit der ich nicht zurecht komme. Es geht um die von solere abhängigen Infinitive im Passiv. Wer ist Subjekt, wie paßt das zusammen, fehlt ein et?
Ex Galeno quidem plerumque allegari solet Mores Animi sequi Temperamentum corporis, quod in tantum verum est...
Leider ist der Satz nicht komplett. allegari ist Inf. Praes. Passiv und der Verfasser bezieht sich wohl auf den berühmter Arzt Galen (Galenus).
Würde es so übersetzen:
Er (man) pflegt sicherlich zum größten Teil auf Galen Bezug zu nehmen, dass die Sitten des Gemüts/Herzens/Seele das Temperament des Körpers verfolgen, weil es im Ganzen wahr ist ...
Re: Neulatein
Avunculus Iosephus am 25.7.09 um 14:22 Uhr (Zitieren) I
Danke schon einmal. Der Satz wird nicht aufschlußreicher, wenn ich den Rest hinzufüge, kann ich aber für den Zusammenhang tun.
Ex Galeno quidem plerumque allegari solet Mores Animi sequi Temperamentum corporis, quod in tantum verum est, in quantum corporis ejusque humorum varia dispositio, occasio variorum animi motuum saepius existit.
Du hast allegari mit Bezug nehmen auf übersetzt. Ist das so ohne weiteres möglich? Aber es geht in eine erwünschte Richtung. Ist folgendes richtig:
Von Galeno pflegt man sicherlich meistens hervorzubringen, daß der Charakter der Seele dem Temperament des Körpers folgt, was insoweit wahr ist, in welchem Maße die verschiedene Anordnung des Körpers und dessen Flüssigkeiten und die Gelegenheit verschiedener Regungen der Seele öfter zum Vorschein kommt.
Salvēte, quī quaeque hōc īn forō legitis ac scrībitis!
„Dē Galēnō“ tantum!
@Avunculum Iōsēphum: ich würde am Anfang des Textabschnitts nur mit dem Platz des „sicherlich“ vorsichtig sein. - Überhaupt wärst du mit „Von Galen freilich...“ auf der sicheren Seite, weil damit die Betonung Galens als Quelle erhalten bliebe. Auch würde ich „Galen“ ohne das O schreiben - es sei denn du möchtest der Angemessenheithalber „archaisieren“.
für
hätte ich nochne Idee: warum sollte nicht die dispositiō varia corporis als occāsiō variōrum mōtuum animī erscheinen? Das Komma dient vielleicht nur der Trennung der riesigen Subjektsgruppe vom der riesigen Prädikatsgruppe. Im Gesamtsinn ist das nämlich durchaus logisch, nur „occāsiō“ bereitet semantische Probleme die Andreas in seinem zweiten Post hier angesprochen hat - wobei ich beim 17. Jahrhundert nicht mehr „mittelalterlich“ sagen würde, Andrēā.
Aber halt! vielleicht haben wir es mit einem höchstklassischen Hendiadyoin zu tun: „occāsiō variōrum animī mōtuum“ könnte soviel wie „verschiedene gelegentliche Gefühlsregungen“ bedeuten - wahrscheinlich wollte der Autor gerade n i c h t so etwas unklassisches wie „occāsiōnālis“ benutzen und hat sich dieser etwas umständlichen und schwer verständlichen Konstruktion bedient...