Latein Wörterbuch - Forum
femina facta??? — 1244 Aufrufe
Claudia am 5.8.09 um 12:21 Uhr (Zitieren) I
Hallo liebe Lateiner,

ich habe ein Problem. Ich möchte in meiner Arbeit für die Uni gerne schreiben, dass sich XY mit XX als reale Frau, d.h. nicht mit einem abstrakten Konzept von Weiblichkeit auseinandersetzen muss. Kann ich da schreiben femina facta im Sinne von „reale“, tatsächliche Frau? Oder femina realis?

Dank und Gruß
Claudia
Re: femina facta???
bonifatius am 5.8.09 um 12:48 Uhr (Zitieren) III
Meinst du damit „wahr(haftig)“ oder „aufrichtig“ ?
Re: femina facta???
bonifatius am 5.8.09 um 12:49 Uhr (Zitieren) II
Was ist denn genau Thema deiner Arbeit?
Re: femina facta???
bonifatius am 5.8.09 um 13:01 Uhr (Zitieren) II
...dass sich XY mit XX als Frau selbst, d.h. nicht mit einem abstrakten Konzept von Weiblichkeit, auseinandersetzen muss

Du sprichst damit die virile Auslegung von Feminismus, Klischees inklusive, an?

~als Frau selbst = „femina ipsa“
Re: femina facta???
Claudia am 6.8.09 um 13:32 Uhr (Zitieren) I

Hallo und Danke für eure bisherigen Antworten!

Das Thema der Arbeit ist Männlichkeit in der englischen Literatur. In diesem Fall geht es um einen Protagonisten der heiratet, um in erster Linie durch die Frau, als das andere Wesen, sein Bewusstsein zu erweitern. Allerdings begreift er seine Ehefrau nicht als Frau, sondern eher als bewusstseinerweiterndes und abstraktes Konzept. Das führt im täglichen leben zu Problemen und zu Geschlechterkonflikten.
Es geht hier nicht um die Frau als wahrhaftiges oder aufrichtiges Wesen, sondern um die Frau als Mensch/Frau existierend, als greifbares, konkretes und individuelles Wesen.

Danke für Eure Hilfe.
Claudia
Re: femina facta???
Graeculus am 6.8.09 um 13:53 Uhr (Zitieren) I
dass sich XY mit XX als reale Frau, d.h. nicht mit einem abstrakten Konzept von Weiblichkeit auseinandersetzen muss.

In gewissem Sinne ist dieser ganze Gedanke nicht antik! Spätestens seit Platon und bis in das Mittelalter hinein gab es die Tendenz, daß das Abstrakte - die Idee, das Wesen - das Reale ist und das sinnlich-einzelne Wesen nur sein Abbild oder seine Konkretisierung mit der Materie. [Es gab auch Materialisten wie Demokrit, die eine andere Ansicht vertraten, aber m.E. auch nicht in die Richtung gehend, daß das Individuelle das Wirkliche ist.]
Jedenfalls kommt mir der Gedanke, den Du ausdrücken willst, sehr modern vor ... warum dann in einer antiken Sprache?

Ich vereinfache jetzt der Kürze halber, möchte Dich aber über Dein ganzes Anliegen zum Nachdenken anregen. Daß man Einstellungen der eigenen Zeit in frühere Zeiten projiziert, ist ebenso naheliegend wie gefährlich.
Re: femina facta???
Graeculus am 6.8.09 um 13:59 Uhr (Zitieren) II
Es kommt wohl darauf an, ob man meta-physisch denkt oder physisch denkt.
Die Metaphysik (die Lehre von einer metaphysischen Realität) ist heute nicht mehr so populär, aber gegen das heute Populäre würde ein Metaphysiker wohl einwenden, daß man physisch nicht denken könne, denn Begriffe sind ihrer Natur nach abstrakt.

Was das im Liebesleben bedeutet, ist eine interessante und existentiell wohl offene Frage. Platons Antwort findet man in seinem „Symposion“: Wahre Liebe gibt es nur zu den Ideen.
Re: femina facta???
Bibulus am 6.8.09 um 17:12 Uhr (Zitieren) I
um in erster Linie durch die Frau, als das andere Wesen, sein Bewusstsein zu erweitern

B-)
dazu sag ich mal nix....
B-)
nur soviel:
im Umgang mit Frauen kann einem schon so manches bewusst werden...
B-)
Re: femina facta???
Graeculus am 6.8.09 um 17:20 Uhr (Zitieren) II
Bei Hegel steht dazu:
Wenn in der Ehre die persönliche Subjektivität, wie sie sich in ihrer absoluten Selbständigkeit vorstellt, die Grundbestimmung ausmacht, so ist in der Liebe vielmehr das Höchste die Hingebung des Subjekts an ein Individuum des andern Geschlechts, das Aufgeben seines selbständigen Bewußtseins und seines vereinzelten Fürsichseins, das erst im Bewußtsein des anderen sein eigenes Wissen von sich zu haben sich gedrungen fühlt. In dieser Beziehung sind sich Liebe und Ehre entgegengesetzt. Umgekehrt aber können wir die Liebe auch als die Realisation dessen ansehen, was schon in der Ehre liegt, insofern es das Bedürfnis der Ehre ist, sich anerkannt, die Unendlichkeit der Person aufgenommen zu sehen in einer anderen Person. Diese Anerkennung ist erst wahrhaft und total, wenn nicht nur meine Persönlichkeit in abstracto oder in einem konkreten vereinzelten und dadurch beschränkten Fall von anderen respektiert wird, sondern wenn ich meiner ganzen Subjektivität nach, mit allem, was dieselbe ist und in sich enthält, als dieses Individuum, wie es war und ist und sein wird, das Bewußtsein eines anderen durchdringe, sein eigentliches Wollen und Wissen, sein Streben und Besitzen ausmache. Dann lebt dies Andere nur in mir, wie ich mir nur in ihm da bin; beide sind in dieser erfüllten Einheit erst für sich selber und legen in diese Identität ihre ganze Seele und Welt hinein.

[Quelle: G.W.F. Hegel, Werke in zwanzig Bänden. Herausgegeben von Eva Mol-denhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt/Main 1970; Band 14, S. 182 f. - aus den „Vorlesungen über die Ästhetik“]

Das Problem, in der Liebe die Person des Anderen nur in abstracto anzuerkennen, war ihm also bewußt. Unter allen Metaphysikern ist Hegel sicherlich der Reflektierteste.
Re: femina facta???
Bibulus am 6.8.09 um 17:39 Uhr (Zitieren) II
Ein hervorragendes, kurzes Essay von Max Frisch:
„Du sollst Dir kein Bildnis machen“
http://www.xtnd-info.de/images/blogpics/ak/frisch_text.pdf

.pdf-File!
Re: femina facta???
Bibulus am 6.8.09 um 17:41 Uhr (Zitieren) II
Re: femina facta???
andreas am 6.8.09 um 18:10 Uhr (Zitieren) II
>>> Es geht hier nicht um die Frau als wahrhaftiges oder aufrichtiges Wesen, sondern um die Frau als Mensch/Frau existierend, als greifbares, konkretes und individuelles Wesen. >>>

>>> In diesem Fall geht es um einen Protagonisten der heiratet, um in erster Linie durch die Frau, als das andere Wesen, sein Bewusstsein zu erweitern. <<<

Hat das Buch eine Frau oder ein Mann geschrieben?

Willst du den Mann verstehen, frag seine Frau.
Willst du die Frau verstehen, frag Gott.

Soll das heißen, dieser Mann versteht seine Ehe als Versuchsanordnung zur experimentellen Bewußtseinserweiterung? Die Frau, quasi als LSD-Ersatz?

Ich meine das nicht böse. Aber da ich seit mehr als 20 Jahren verheiratet bin, wüßte ganz genau, was sie dazu sagen würde.
:-)

Das habe ich ja noch nie gehört.
Re: femina facta???
Graeculus am 6.8.09 um 18:13 Uhr (Zitieren) I
Das Thema löst ja eine gewisse Resonanz aus.
Aber ist Claudia überhaupt noch dabei?
Re: femina facta???
Bibulus am 6.8.09 um 18:39 Uhr (Zitieren) II
Graeculus schrieb am 06.08.2009 um 18:13 Uhr:
Das Thema löst ja eine gewisse Resonanz aus.


quaestiones sunt, pro aeternitate.....
Re: femina facta???
Graeculus am 6.8.09 um 18:42 Uhr (Zitieren) I
Ich habe mal nachgeschaut, wo der zitierte Text von Max Frisch steht:
Die Tagebücher. Frankfurt/Main 1983 (u.ö.), S. 27-29
Re: femina facta???
Bibulus am 6.8.09 um 22:07 Uhr (Zitieren) II
Ist das Thema durch?
Schade...
B-)
Re: femina facta???
Hilde am 6.8.09 um 22:50 Uhr (Zitieren) I
Bibulus!
:-)
Re: femina facta???
Alexander am 6.8.09 um 23:12 Uhr (Zitieren) III
@ Bibulus

Vielleicht wird Dich das interessieren. So ab S. 103

http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Autobiographisches/Gest%C3%A4ndnisse
Re: femina facta???
Bibulus am 6.8.09 um 23:21 Uhr (Zitieren) II
@Alexander...

ROFL

Ein geistreicher Franzose – vor einigen Jahren hätten diese Worte einen Pleonasmus gebildet – nannte mich einst einen romantique défroqué.

:o))

Ich kenne meinen Heine..
;-)
Die Bolkerstraße liegt ja in der Dü’dorfer Altstadt
und ich habe so manches Alt im Schatten dieses
Hauses getrunken...
;-)
 
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