Latein Wörterbuch - Forum
kreusa — 2438 Aufrufe
ich am 19.4.12 um 18:02 Uhr (Zitieren) I
Wie ist die Beziehung zwischen Aeneas und Kreusa zu verstehen. War es seine Frau, aber sie hatten sich getrennt, aber nicht scheiden lassen?

Denn manchmal heißt es meine Gattin, dann sagt er aber auch z. B. :
deserta Creusa (II; 562)

Re: kreusa
andreas am 19.4.12 um 18:16 Uhr (Zitieren) I

Creusa war die Gattin des Aeneas, aber sie wurde im Troianischen Krieg von den Griechen gefangen genommen (deserta: verlassen, aufgegeben). Beide hatten einen Sohn: Ascanius. Creusa wurde von Aphrodite aus der Gefangenschaft befreit.
Re: kreusa
ich am 19.4.12 um 18:20 Uhr (Zitieren)
ja, aber sie wird als deserta bezeichnet, bevor Aeneas sie verliert, sie sagt in II, 597 von sich: coniunx quondam tua dicta relinquor
Re: kreusa
Lateiner am 19.4.12 um 18:34 Uhr (Zitieren)
So ganz kann ich das nicht mehr rekonstruieren, aber sie hat ihn bewusst verlassen, um irgendwas wichtiges zu tun. In diesem Kontext sagt sie das, was du zitierst selbst.
Re: kreusa
ich am 19.4.12 um 18:40 Uhr (Zitieren)
ja, später wird gesagt, dass aeneas sie verlieren musste, damit das fatum erfüllt wird. Aber das ist ja erst nach dieser Stelle
Re: kreusa
Lateiner am 19.4.12 um 19:17 Uhr (Zitieren)
Das alles hat mich jetzt stutzig gemacht. Ich hab nochmal meinen alten Vergil zur Hand genommen, um mal die alte Erinnerung aufzufrischen und ich muss sagen:

Du bringst da was durcheinander !


deserta Creusa (II; 562) ist eingebettet in eine Erzählung von Aeneas. Er erinnert sich in dem Moment, als er vom Tode Priamos' berichtet, daran, dass die Frau, die er verlassen hat, wahrscheinlich tot ist.


II, 597 coniunx quondam tua dicta relinquor wiederum steht da nicht ;D Im Vers 597 wird Kreusa tatsächlich erwähnt, aber nur in der Rede der Venus, die gerade zu ihrem Sohn Aeneas spricht.

Fakt zu den beiden ist folgendes: Aeneas und Kreusa waren Mann und Frau. Sie hatten einen Sohn: Ascanius. Während der Plünderung Troias flüchtet Aeneas mit Ascanius, Anchises, seinem Vater, Kreusa und einigen Getreuen. Auf dem Weg zum Schiff schon, verlieren sich Aeneas und Kreusa. Das passiert, also vor der eigentlichen Story der Aeneis. Deswegen ist oft von der Kreusa als ‚deserta‘ die Rede. Weil sie eben zurückgelassen werden musste, da sie ja schlichtweg nicht mehr zu finden war und Aeneas wegsegeln musste,um seinen anderen Begleiter retten zu können. Und manchmal spricht er von Kreusa als seiner Frau, weil sie eben noch immer seine Frau ist. Das war einer der beiden Gründe, wieso er später Dido verlassen muss.


Ich hoffe, das hilft ;D
Re: kreusa
ich am 19.4.12 um 19:26 Uhr (Zitieren)
Ah, du hast recht! Vielen herzlichen Dank für deine Bemühungen!!!
Re: kreusa
Hans-Christoph Reger am 30.8.14 um 3:23 Uhr (Zitieren) I
André Gide, Journal 1927, le 12.mai : <<......Kreusa, Eurydike, Ariadne - immer zögert eine Frau, wird unruhig, fürchtet, sich zu verlieren und mit ansehen zu müssen, wie der Faden reißt, der sie mit der Vergangenheit verbindet. Sie zieht Theseus zurück, bringt Orpheus dazu, sich umzuwenden. Sie
hat Angst. >>
Ich suche die mythologische Erzählung, welche dieser von Gide charakterisierten Kreusa entspricht.
Wer mag mir helfen ?
Re: kreusa
Kuli am 30.8.14 um 10:23 Uhr (Zitieren) I
Es wird sich wohl um die Gattin des Äneas handeln, die dieser auf der Flucht aus Troja verliert (Vergil, aen. 2, 735 ff.) Ihr Zurückbleiben bleibt ihm rätselhaft: heu, misero coniunx fatone errepta Creusa | substitit, erravitne via seu lapsa resedit? incertum. (738 f.) „Ach, die Gattin Kreusa, blieb sie vom elenden Fatum entrissen einfach stehen oder irrte sie vom Weg ab oder blieb sie sitzen, nachdem sie gestürzt war? Es ist offen.“ Freiwilliges Zurückbleiben seiner Frau kommt ihm nicht in den Sinn, doch als er dann auf der Suche nach seiner Gattin in die geplünderte Stadt zurückkehrt, tritt ihm die Seele der bereits Getöteten entgegen und spricht (785 ff.):

Non ego Myrmidonum sedes Dolopumve superbas
aspiciam, aut Grais servitum matribus ibo,
Dardanis et divae Veneris nurus,
sed me magna deum genetrix his detinet oris.


Ich werde nicht die prächtig-stolzen Wohnungen der Myrmidonen oder der Doloper erblicken <müssen> oder für Griechenmütter in den Sklavendienst treten, ich, eine Troerin und Schwiegertochter der Göttin Venus, sondern mich hält die große Mutter der Götter an diesen Küsten fest.“
Re: kreusa
Hans-Christoph Reger am 4.9.14 um 1:00 Uhr (Zitieren)
Lieber Kuli, danke für Antwort.
Der Schlüssel zum Verständnis der Gide’schen Kreusa liegt
also bei Vergilius (dessen Lektüre A.Gide lebenslang pflegte).
Neben dem ‚aktiven‘ Hindern oder Zurückziehen durch Ariadne und Eurydike, hier nun die ‚passive‘ Variante durch Kreusa. Jene öffnet den Blick auf die überpersönlichen Gesetze (Themis), die durch diese schicksalshaft wirken.
Aber, warum ist’s immer eine Frau.....?
 
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