Ich bin’s mal wieder, immernoch, bzw. schon wieder mit Tacitus beschäftig...
Annales, XV, 70
...et paulatim ab extremis cedere spiritum fervido adhuc et compote mentis pectore intellegit,...
..und er erkannte, dass der Geist nach und nach aus den Körperteilen wich und .. tja...
also, fervido et compote pectore gehört wahrscheinlich zusammen als „warmer und beteiligter Körper“ (=lebendig)
adhuc = bis jetzt
mentis = Gen. Sg. von mens, macht für mich hier aber gar keinen Sinn
Hat jemand von euch vielleicht einen Tipp für mich?
Danke!!!
Salve Sarah-Anna;
compos compotis
1. teilhaftig, in vollem Besitze (b. Gen. od. Abl.)
fervido adhuc et compote mentis
–> wörtlich:mit noch warmer/heißer Brust und im vollen Besitz seines Geistes
Wie er das „fervido“ von dem „pectore“ trennt und das „intelligit“ von dem „spiritum“, indem er x Wörter dazwischenschiebt und hineinschachtelt ... ich liebe Tacitus, aber ich verstehe auch die, die ihn hassen!
Hassen wäre jetzt übertrieben... ;-)
Aber wenn sich hier schon jemand als Tacitusfan outet, hab ich gleich noch eine Frage:
cui addidit paucos postea annos, laudabili in maritum memoria et ore ac membris in eum pallorem albentibus, ut ostentui esset multum vitalis spiritus egestum.
Sie fügte diesem (Leben) später noch wenige Jahre hinzu (und lebte) in lobenswerter Erinnerung an ihren Mann und Gesicht und Glieder ‚in diese Blässe??‘ wurden weiß, sodass (die Blässe) den großen Verlust des Lebensgeistes zeigte.
Für egestus gibt das Wörterbuch hier „Stuhlgang“ an. Das wird wohl nicht gemeint sein. ;-)
Vor allem das in eum pallorem ist mir nicht wirklich klar.
„egestum“ von „egerere“ (egero, egessi, egestum): herausschaffen, fortschaffen, ausströmen usw. usw.
Der Stuhlgang ist nur ein mögliches Produkt dieses Vorgangs. Futsch sein kann eben auch der spiritus vitalis.
Das scheinbar simple „et“ kann auch eine Kurzform von „etiam“ oder „etiamsi“ sein. „auch wenn“ paßt hier vom Sinn her besser, meine ich.
doch, doch...
„egestus“ -> egerere -> u.a. „von sich geben“, „auswerfen“
(also im übertragenen Sinne auch der Stuhlgang,
als gutbürgerlicher Ausdruck für merde (frz.))
:o)
Hier aber wohl „spritus egestum“ -> „den Geist aufgegeben“ (Wörtlich: das Vonsichgeben des Geistes)
Danke für die Ehre. Aber ich möchte jetzt in die Heia. Zumal ich ganz & gar nicht denke, daß Tacitus eine leichte Aufgabe ist, zumal am Abend. Ich finde es immerhin faszinierend, wie er die Möglichkeiten der lateinischen Sprache, gerade hinsichtlich der Wortstellung, ausschöpft.
Vielleicht ist es manchem aber auch zu maniriert.
ich versteh das in eum pallorem irgendwie immernoch nicht.
Gesicht und Glieder wurden weiß und (vll. irgendwas in Richtung „verwandelten sich“) in diese Blässe.
Procul Harum
(nein, der Band-Name hat NICHTS mit Latein zu tun),
hatte mal einen sehr großen Hit in den Sechziger Jahren
„A Whiter Shade Of Pale“
interpretierfordernd!
Bitte, bitte! Da brauchst du dich nicht extra zu bedanken ;-) Denn ich will ja eines Tages diese tolle Zwischenprüfung machen, die der glückliche Frederic schon hinter sich hat. Dafür muss ich mich dann auch mit Tacitus anfreunden.
Der Kasus pallorem war mir schon klar und ich denke mir ist inzwischen auch klar wie das alles zusammengehört. Vielleicht fällt mir auch irgendwann eine schöne Formulierung auf Deutsch ein. :-)
Der Stil Caesars ist auch nach meinem Geschmack (zwar völlig anders als der von Tacitus, aber) gut. Aber haut Dich der Inhalt vom Stuhl?
Ich kann darin keinen „Nährwert“ für die Gegenwart sehen.
Der Tacitus hat ein raffiniert getarntes, interessantes politisches Programm. „sine ira et studio“ - ha!
Anscheinend kann man diesen Vorgang
in den romanischen und romanisch
beeinflußten Sprachen (englisch)
eben mit
„Weiß werden zur Blässe“
ausdrücken,
siehe mein Songtitel-Beispiel.
Es ist mir ja doch ein innerer Reichsparteitag, daß ich, der ich das Lateinstudium (wg. Stilübungen) aufgegeben habe, auf meine alten Tage noch Lateinstudenten helfe.
Die Hilfe mag groß oder klein sein, aber schon vom Prinzip her ...
Na, solange ich nicht vom Deutschen ins Lateinische übersetzen muß!
@Graecule,
wie haben einen ganz großen Vorteil:
WIR können es uns ERLAUBEN, zu helfen,
weil wir schon alle nötigen
Zeugnisse, Diplome, Zertifikate und andere Pamphlete
in der Tasche haben...
;-)
im D->L Übersetzen bin ich schon weiter, da ist mir die Prüfung leichter gefallen. Da fangen im Studium eben alle „bei Null“ an, bei L->D hab ich den Nachteil in der Schule nicht lange Latein gehabt zu haben (und bei nicht gerade umwerfenden Lehrern). Da hatte ich anfangs ziemlich viel aufzuholen, inzwischen geht’s einigermaßen.
Und.. nein, ich werde keine Fragen zu den Stilübungen stellen. :-)
Ja, lieber Bibulus. Uns steht nur noch eine große Prüfung bevor. Aber das ist bekanntlich die einzige Prüfung im Leben, die alle bestehen.
Bemühen wir uns immerhin um eine gute Haltungsnote bei dieser Gelegenheit.
Ich werde es mir doch nicht mit den Leuten verderben, die in ihrer Freizeit meine Tacitusprobleme lösen. ;-) Und vermutlich werden das heute nicht meine letzten Fragen gewesen sein.