Latein Wörterbuch - Forum
Übersetzung — 4446 Aufrufe
Andy am 18.6.09 um 20:44 Uhr (Zitieren) I
hallo ihr lieben,
ich habe ewig im internet rumgesucht doch ich finde keine richtige übersetzung für ‚'Alles ist vergänglich‘'
ich hab nur ‚omnia flexa‘ dazu gefunden nun die frage ob man es so übersetzen kann oder vl habt ihr einen besseren vorschlag
Danke auf jeden fall Liebe grüße andy
Re: Übersetzung
Plebeius am 18.6.09 um 20:50 Uhr (Zitieren) I
omnia fluxa sunt
Re: Übersetzung
vulpes Latinus am 18.6.09 um 22:15 Uhr (Zitieren) I
Ob das mit dem fluxa so geht, weiß ich nicht recht.
Mir schwebt vor: Omnia caduca (hinfällig, vergänglich) sunt.
Re: Übersetzung
vulpes Latinus am 18.6.09 um 22:35 Uhr (Zitieren) I
omnia fluxa kommt bei Apuleius 1 x vor, ist also keineswegs falsch.
omnia caduca et transitoria ist öfter belegt
Re: Übersetzung
Tschwibbi am 18.6.09 um 22:45 Uhr (Zitieren) I
Dictum magno cum Nasone:

Nihil est toto, quod perstet, in orbe.

Brevius mutatum (a me):

Pereunda omnia.
Re: Übersetzung
vulpes Latinus am 18.6.09 um 22:56 Uhr (Zitieren) I
Trifft das Gerundiv wirklich den Sinn so eindeutig? Alles muss zugrunde gehen, untergehen.
Könnte man das nicht auch einem Weltzerstörer sagen lassen?
Mit Ovid bin einverstanden, aber mit der Gerundivkonstruktion nicht so recht, weil sie zu zweideutig ist und nicht eine - wohl auf Heraklit zurückgehende - Weltweisheit beinhaltet.
Re: Übersetzung
andreas am 18.6.09 um 23:00 Uhr (Zitieren) I
Kleiner Exkurs: vgl. De Re Publica, 6.17 Cicero

Infra lunam caduca sunt omnia

Der Mond war im Altertum das Symbol der Vergänglichkeit
Re: Übersetzung
vulpes Latinus am 18.6.09 um 23:02 Uhr (Zitieren) I
Zudem ist die Bedeutung von perdere bzw. perire zu negativ belastet. Vgl. „pereat, pereat!“ In diesem Zusammenhang wäre doch eine möglichst neutrale Aussage erforderlich.
Re: Übersetzung
andreas am 18.6.09 um 23:10 Uhr (Zitieren) I
Das zugrundegehen scheint mir auch zu stark.

vgl. Fiat iustitia et pereat mundus (Ferdinand I.)

wie dem auch sei

Gute Nacht
Re: Übersetzung
Hilde am 19.6.09 um 7:59 Uhr (Zitieren) I

Ausspruch des König Salomo: „Vanitas vanitatum, et omnia vanitas“ („Vergänglichkeit des Vergänglichen, und alles ist vergänglich“)

Großes Thema im Barock!

In der Malerei haben sich im 16. Jhd. die sogenannten Vanitas- Stillleben entwickelt, auf denen bestimmte Gegenstände (Totenkopf, Sanduhr..)an die Vergänglichkeit mahnen.
Re: Übersetzung
Graeculus am 19.6.09 um 14:04 Uhr (Zitieren) I
Das „vanitas vanitatum“ stammt aus dem Kohelet (Ecclesiastes, Prediger) - einem Text des AT, den man früher, z.B. im Barock, dem König Salomon zugeschrieben hat. Heute ist man sich sicher, daß der Text nicht von ihm stammt.

Hier eine berühmte Predigt zu dem Thema:
Matthias Claudius

ÜBER EINIGE SPRÜCHE DES PREDIGERS SALOMO

(1775)

Setzen Sie sich, lieben Herren, und nehmen vorlieb.
Der erste Spruch soll sein der bekannte und in aller Welt gäng und gäbe Modespruch: Es ist alles eitel.
Wenn ein berühmter Wortkrämer der gern mit Sentenzen um sich wirft, oder ein junger Projektmacher dem ein Projekt auf Eitelkeit fehlgeschlagen ist, oder ein alter Narr den die Sünde verlässet, wenn die sagen: daß alles eitel sei; so ist auch sogar der Sinn des Spruchs eitel. Aber beim Salomo ist er etwas anders.
Stellen Sie sich ‘n Mann vor, wie Sie den Salomo kennen, von viel Geschick und Gaben, der sein Herz begab zu suchen und zu forschen weislich alles was man unter dem Himmel tut; der die Mittel in Händen hatte, sich alles was dem Menschen gut dünkt und nur halbwege so aussieht, zu verschaffen, zu kosten und zu versuchen; und der auch nach seinem eignen Geständnis das alles würklich gekostet und versucht hat; wenn der nun aufrichtig und ohne Affektation sagt: ich habe dies und das getan, „bauete Häuser, pflanzte Weinberge, machte mir Gärten und Lustgärten, hatte Knechte und Mägde, sammlete mir Silber und Gold, schaffte mir Sänger und Sängerinnen und Wollust der Menschen und wehrete meinem Herzen keine Freude etc., aber, siehe, da war es alles eitel“; so sollte sein Spruch doch eigentlich Sensation machen. Und mich dünkt, er könnte uns viel Mühe ersparen.
Zum Exempel. Du willst so gerne dies und das sein, Oberschenke oder Oberbäcker! und bringst darüber dein Leben in Sorge und Unlust hin - Lieber! Salomo war mehr als Oberschenke und Oberbäcker; er war König über Israel, über das merkwürdigste Volk der Erde, und doch war damit ihm nicht geholfen. Wie sollte denn dir geholfen sein? Darum sei fröhlich und habe Geduld, und laß die andern Oberbäcker sein. So auch: du wünschest dir dies und das, ein Rittergut oder einen Mahagonitisch, denn groß oder klein, ist eins wie das andre. Also du wünschest dir einen Mahagonitisch, kannst darum nicht schlafen, sinnest und sorgst und bildest dir ein: mit dem Tisch werde die Glückseligkeit ins Haus kommen - Lieber! Salomo hatte lauter Mahagonitische; Lamperie, Eckschränke und Kommoden, Fußboden und Treppen alles war von Mahagoni; und er sagt: alle die schönen Mahagonis täten’s nicht, was wird dann der einzige Tisch tun? Darum sei fröhlich an deinem Tisch von Nußbaum- oder Föhrenholz, und mache dir dein Leben nicht sauer.
Fröhlich sein, sagt Salomo an verschiedenen Orten, sei das Beste in dieser Welt. Ist aber zu verstehen, wenn du den Mahagonitisch nicht kriegst und nicht Oberbäcker wirst, sonst nicht; denn wenn die Kinder ihren Willen kriegen, so weinen sie nicht. Du sollst fröhlich sein „in aller deiner Arbeit“ und das, sagt Salomo, ist eine Gabe Gottes.
Es gibt zwei Wege, die Bilanz in seinem Kredit und Debet zu erhalten; einer wenn die Einnahme vermehrt, und der andre wenn die Ausgabe vermindert wird. Der letztere ist wohltätig, und kann den kleinen und großen Kameralisten nicht genug angepriesen werden. So gibt es auch zwei Wege, in seinem Herzen die Bilanz zu erhalten; der eine: wenn man alles hat, was man wünscht! und der andere: wenn man nicht mehr wünscht, als man hat. Jener ist mühsam und mißlich, und dieser probat, und in eines jeden Hand.
Aber der Mahagonitisch und der Oberbäcker schweben dir doch so süß vor Augen! -
Das ist nun nicht ihre sondern deine Schuld. Du siehst am Salomo, daß sie auch anders können angesehen werden, und deine eigne Erfahrung muß es in hundert Fällen dich schon gelehrt haben, daß die folgende Zeit viel verändre.
Mir fällt hier Kaiser Karl der Fünfte ein. Er war bekanntlich ein großmächtiger Fürst, der seine Größe nicht eitel achtete, sondern sie durch viele Kriege und Siege zu behaupten suchte und auch würklich behauptete. Auf einmal, als es gar nicht nach seinem Willen gehen wollte, und dazu seine Gesundheit brüchig ward, dünkte ihm alles eitel. Er legte seine zwei Kronen nieder, und ging nach Estremadura in ein Kloster. Hier pflegte er fleißig der Todesgedanken und Religionsübungen, und machte in den Zwischenstunden Uhren zum Zeitvertreib und zu seinem Vergnügen. Bald wollte ihm auch das nicht mehr schmecken, und er mochte an nichts andres denken, von nichts anderm hören und sehen als vom Tode. Endlich ging er gar so weit, daß er bei lebendigem Leibe seine Exequien halten ließ. Der Kaiser Karl der Fünfte legte sich in den Sarg, wie eine Leiche gekleidet; zu beiden Seiten des Sarges standen seine Hofbediente mit brennenden Wachskerzen, und die Geistlichen mußten die Exequien halten und für seine abgeschiedene Seele beten, und er betete selbst im Sarg inbrünstig mit. Er starb auch würklich nicht lange hernach.
Der Tod ist ein eig’ner Mann. Er streift den Dingen dieser Welt ihre Regenbogenhaut ab, und schließt das Auge zu Tränen und das Herz zur Nüchternheit auf! Man kann sich von ihm freilich auch verblüffen lassen und des Dinges zu viel tun, und gewöhnlich ist das der Fall, wenn man bis dahin zu wenig getan hat. Aber er ist ein eig’ner Mann, und ein guter Professor Moralium ! Und es ist ein großer Gewinn, alles was man tut wie vor seinem Katheder und unter seinen Augen zu tun. [...]


[Quelle: Matthias Claudius, Sämtliche Werke. München 1968, S. 240-242]

Das ist eine sehr eindringliche Predigt, auch wenn sie auf der falschen Annahme beruht, hier spräche der König Salomon.
Re: Übersetzung
Andy am 19.6.09 um 19:27 Uhr (Zitieren) I
Wow danke für eure viele antworten
bin dennoch etwas verwirrt also sollte ich jetzt ‚omnia fluxa sunt‘, ‚Omnia caduca sunt’oder 'omnia caduca et transitoria‘?
ich würde das gerne als tattoo verwenden deswegen bräuchte ich nochmal euren rat
Danke Andy
Re: Übersetzung
vulpes Latinus am 19.6.09 um 19:32 Uhr (Zitieren) I
Die vanitas ist - wie richtig gesagt - ein bedeutendes Thema im Barock: Alles ist eitel (= vanus, inanis). Auch bei Seneca ein nicht zu unterschätzender Begriff (Vorstellungen, hinter denen keine Werte stehen)
Es geht aber um die Vergänglichkeit: Omnia caduca sunt.
Re: Übersetzung
andreas am 19.6.09 um 19:33 Uhr (Zitieren) I
Ich würde „ caduca sunt omnia“ nehmen, da fluxa auch fließend heißt (alles fließt) und transitoria (hinübergehen) recht aufs jenseits schaut.
Das „caduca“ ist m.E. neutraler.Aber warum so pessimistisch?

Dum spiro spero ... solange ich atme, hoffe ich(ist doch viel positiver)

Re: Übersetzung
Hilde am 19.6.09 um 20:33 Uhr (Zitieren) I
@ Graeculus

Danke für deinen Beitrag.
Re: Übersetzung
karin am 25.10.09 um 19:02 Uhr (Zitieren) I
Cuncta fluit oder griechisch panta rrhei
(alles ist im Fluß, verändert sich)
Re: Übersetzung
Emmy am 19.1.11 um 13:26 Uhr (Zitieren) I
Hallo zusammen!

das ist ja eine tolle Seite! :)
Ich habe auch eine dringende Frage zur Vergänglichkeit, es geht um eine Magisterarbeit bzw um ein Kinderportrait das u.a. Seifenblasen als Vergänglichkeits-Anspielung zeigt. Meine Frage/Bitte wäre ob jemand vlt ein lat. Zitat zu Homo Bulla kennt, oder etwas ähnliches was passt (wie auch Gedichtübreschrift von Gryphius Vanitas). Herzlichen Dank!
 
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