Γραικύλος schrieb am 09.07.2024 um 14:29 Uhr (Zitieren)
Demetrios Pyktes, Vom Stil (Περὶ ἑρμενείας) § 144:
(Aristoteles: Werke. Band 20/III: Die historischen Fragmente. Hrsg. v. Martin Hose. Darmstadt 2002, S. 122)
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
filix schrieb am 09.07.2024 um 19:34 Uhr (Zitieren)
φιλόμυθος meint hier wohl eher geschwätzig (LSJ: II.[select] talkative, Arist.EN1117b34,Fr.668 (Comp.)). Dass einsame, alleinlebende Menschen mit wenigen sozialen Kontakten, bietet sich einmal doch die Gelegenheit, bisweilen viel zu erzählen haben, ist eine bis heute nachvollziehbare Erfahrung.
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
filix schrieb am 09.07.2024 um 20:52 Uhr (Zitieren)
Die Übersetzung von Καὶ ἐξ ἰδιωτικοῦ δὲ ὀνόματος γίγνεται, ὡς ὁ Ἀριστοτέλης … wirkt auch nicht gerade überzeugend, die speziellen Wortschöpfungen sind ja gerade nicht Teil der Umgangssprache.
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
Γραικύλος schrieb am 09.07.2024 um 23:29 Uhr (Zitieren)
Das erste Beispiel, das dann folgt, ist aber doch dasjenige, das Demetrios dann später ausdrücklich als umgangssprachlich bezeichnet.
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
filix schrieb am 10.07.2024 um 00:28 Uhr (Zitieren)
Der zweifache Gebrauch von ἰδιωτικός setzt aber schlichtweg voraus, dass umgangssprachlich, das nebenbei im Deutschen zu steigern merkwürdig anmutet, eine geeignete Übersetzung ist. Das scheint mir im Kontext zweifelhaft, da hier stilistische Besonderheiten diskutiert werden und beide Bildungen weder den Anschein weiter Verbreitung erwecken noch, um den abwertenden Aspekt des Begriffs ins Zentrum zu rücken, vulgär, kunstlos oder trivial wirken. Das Gegenteil ist doch der Fall, oder? Vgl. die Übersetzung von William Rhys Roberts (1902 für Cambridge University Press):
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
Bukolos schrieb am 10.07.2024 um 10:46 Uhr (Zitieren)
Man könnte auch fragen, ob μονώτης wirklich mit einer substantivierten Phrase übersetzt werden muss, wo es doch gerade der weniger eigenwillige der beiden Ausdrücke sein soll - der aber tatsächlich (worauf Hose im Kommentar zur Stelle hinweist) nur noch in der Nikomachischen Ethik vorkommt (dort mehrfach) und (abgesehen von Aristoteles-Kommentatoren) bei ganz wenigen spätantiken Autoren. Es ist nachvollziehbar, dass Hose sich mit seiner Übersetzung an der Dirlmeier-Übersetzung der EN im 6. Bd. der Reihe orientiert ("das auf das Ich-beschränkte-Leben"), aber die ist dann doch eher eine interpretierende Paraphrase als eine Übersetzung und wirkt hier, wo auf den Sprachgebrauch fokussiert wird, etwas klobig.
Worin besteht das? Womit beschäftigt sich das Ich,
wovon lebt es?
Welches Ich-Verständnis liegt dem zugrunde?
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
filix schrieb am 10.07.2024 um 13:43 Uhr (Zitieren)
Man wird allerdings den Eindruck nicht los, dass diese auf Syntagmen beruhenden Bildungen, die in der deutschsprachigen Philosophie bedeutende Karriere gemacht haben, weniger dazu dienen, die stilistischen Besonderheiten der Vorlage einzuholen, als die Aussage gewichtiger scheinen zu lassen, als sie ist. Dass Aristoteles hier mittels seinerzeit unüblicher Wortbildungen ausdrückt, dass der einsame Selbstling zur Geschwätzigkeit neigt, scheint zu trivial.
Re: Ein Ausspruch des Aristoteles
Bukolos schrieb am 10.07.2024 um 15:54 Uhr (Zitieren)
Diese Überspitzung des Aristoteles-Sounds erscheint umso problematischer, als die Aristoteles Werke in deutscher Übersetzung auf den Text verzichten und die eingestreuten transkribierten Begriffe ("[monotes]") nur bedingt Rückschlüsse auf die sprachliche Gestaltung des Originals zulassen.
Auch ist die Stelle in der EN, auf die Hose Bezug nimmt, nicht wirklich einschlägig, da μονώτην dort als adjektivische Apposition zu βίον auftritt und die gesamte Phrase τῷ ζῶντι βίον μονώτην in Dirlmeiers Übersetzung "auf das Ich-beschränkte Leben" eingeht (ohne den zweiten von Hose eingefügten Bindestrich übrigens):
Die erste Stelle, an der μονώτης auf eine Person bezogen ist, liest sich in der Dirlmeier-Übersetzung dann so: