Γραικύλος schrieb am 27.09.2024 um 00:08 Uhr (Zitieren)
Romulus Anglicus [11./12.Jhdt.] 124:
(Lateinische Fabeln des Mittelalters. Hrsg. v. Harry C. Schnur. München 1979, S. 186 f.)
Re: Der Priester und der Wolf
filix schrieb am 28.09.2024 um 14:51 Uhr (Zitieren)
Der pädagogische Hintergrund der Fabel ist gar nicht mehr so leicht zu verstehen, es handelt sich m.E. um die lange eingesetzte, im deutschen Sprachraum im späten 19. Jahrhundert aus der Mode gekommene Buchstabiermethode beim Schriftspracherwerb.
Der Wolf soll also zunächst nicht einfach irgendwelche Buchstaben zu Silben kombinieren, sondern die silbischen Buchstabennamen (A, Be, Ce, De …) erlernen, um später auf diese Weise Silben und Wörter zu buchstabieren (De O Em I En U Es).
Die von seinem wässrigen Maul geleitete Antwort Isegrims ist in gewisser Weise ihrer Zeit voraus, sie nennt wie die aus militärisch-telekommunikativen Zusammenhängen hervorgegangenen Buchstabieralphabete (A wie Anton, B wie Berta, C wie Cäsar …) ein unverwechselbares mit dem jeweiligen Buchstaben anlautendes Wort, um ihn zu identifizieren.
Re: Der Priester und der Wolf
Andreas schrieb am 28.09.2024 um 15:54 Uhr (Zitieren)
Zwei KI-Interpretationen zum Vergleich:
Re: Der Priester und der Wolf
Patroklos schrieb am 28.09.2024 um 15:56 Uhr (Zitieren)
Freunde des letzten Buchstaben im englischen Alphabet erfreuen sich an „ampersand“, dem &, dem Kaufmanns-und. Eine hübsche Korruption von „and per se and“. Kam das ampersand mit den Normannen nach England? Französisch heißt es esperluette, unkorrumpiert „C‘est pour le‘et‘“. Der große Liebhaber des &, Arno Schmidt, kann leider nicht mehr helfen.
Re: Der Priester und der Wolf
filix schrieb am 28.09.2024 um 21:21 Uhr (Zitieren)
Das Motiv der Fabel ist deutlich älter, man findet den buchstabierenden Wolf in der Schule, der sein Herz auf der Zunge trägt, schon in der Spruch- und Fabelsammlung der Erzählung um Achiqar (mindestens 500 v., in verschiedenen Sprachen überliefert - https://en.wikipedia.org/wiki/Story_of_Ahikar)
(The story of Aḥiḳar from the Aramaic, Syriac, Arabic, Armenian, Ethiopic, Old Turkish, Greek and Slavonic versions, by F.C.Conybeare, J.Rendel Harris, and Agnes Smith Lewis. 2d ed. enlarged and corrected. Cambridge, University Press, 1913)
Wie in der altfranzösisch Variante ist in der hier vorgestellten die Antwort Isegrims folglich so zu deuten, dass ihm alle Buchstaben agnus zu schreien scheinen, nicht bloß das A.
Re: Der Priester und der Wolf
Γραικύλος schrieb am 28.09.2024 um 23:54 Uhr (Zitieren)
So schön Dein erster Einfall auch war ... da in diesem Falle der Wolf sich für sein NATO-Alphabet zu jedem Buchstaben ein Beutetier hätte ausdenken müssen, wird wohl die zweite Deutung die bessere sein.
Re: Der Priester und der Wolf
filix schrieb am 29.09.2024 um 11:32 Uhr (Zitieren)
Tja, nichts mit Agnus, Bos, Cervus, Delta … als Alphabetum Lupi, obwohl die Antwort des kinderfressenden Urahns der Fabel dem ähnelt.
Das war offenbar schon vor William the Conqueror da:
The ampersand often appeared as a character at the end of the Latin alphabet, as for example in Byrhtferð's list of letters from 1011.