Zur Stellung der Frau in der Bronzezeit #1 (57 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 30.09.2024 um 12:02 Uhr (Zitieren)
Die Darstellung bezieht sich auf die Zeit vom 16. bis zum 14. Jhdt. v.u.Z.
[quote[Die Familienordnung gründete normalerweise auf der Einehe. Während der Mann in Mesopotamien bei Kinderlosigkeit oder Krankheit seiner Frau eine zweite, rangmäßig untergeordnete Frau nehmen konnte, sind in Nuzi Eheverträge überliefert, in denen jede Möglichkeit einer Nebenehe ausgeschlossen wurde. Für die volle Rechtsfähigkeit der Frau in Mitanni spricht der Umstand, daß in Nuzi Frauen unabhängig von ihrem Ehemann selbständig in Rechtssachen und geschäftlichen Aktionen auftraten (einmal beschäftigte eine Frau zehn Schreiber). Unter bestimmten Umständen konnte die Verantwortung für die Kinder auf die Frau übertragen werden, während sie normalerweise beim Mann lag. Den Besitz des Erbgutes konnte der Mann vollständig seiner Frau vermachen und verfügen, daß die Kinder erst nach dem Tod der Ehefrau als Erben berücksichtigt wurden.
Bei den Hethitern sind Nebenfrauen nur von Königen bekannt. Es herrschte indes die Sitte des Levirats (beim Tod eines Mannes übernahm der Bruder, ausnahmsweise ein anderer Familienangehöriger, die Witwe mit deren Kindern), so daß gelegentlich mehrere Frauen in einem Haushalt lebten. Der Eheschließung ging ein Verlöbnis voraus, bei dem der Mann der Braut ein Geschenk machte. Die Eltern der Braut konnten das Verlöbnis lösen, wenn sie das Geschenk zurückerstatteten. Falls ein anderer Mann dem Bräutigam den Rang ablief, mußte er diesen entschädigen.
War eine Ehe geschlossen, aber noch nicht vollzogen, so konnte der Mann die Ehe unter Verlust des Brautpreises für gelöst erklären. Sofern die Brauteltern eine Auflösung der Ehe wünschten, mußten sie dem Mann den doppelten Brautpreis zahlen. Auf Ehebruch der Frau standen hohe Strafen. Der Ehemann konnte den Verführer und seine Frau töten oder vom Gericht die Todesstrafe fordern.
Die Kinder unterstanden väterlicher Gewalt. Falls ein Mann ein fremdes Kind getötet hatte, mußte er den geschädigten Eltern ein eigenes geben. Trotz einiger Gesetzesbestimmungen über die Rechtsposition des Mannes war die Frau nicht rechtlos. Die ausgesprochen gewichtige Stellung der Königin (Tawananna) läßt Rückschlüsse auf die allgemeine soziale Stellung der Frau zu. Mit der Eheschließung erwarb die Frau die Hälfte des ehelichen Vermögens, ganz abgesehen von der Verfügungsgewalt über ihre Mitgift, die ihr ohnehin blieb. Beim Tod der Frau fiel ihre Mitgift den Kindern zu, ihr Anteil am Ehevermögen dem Mann. Beim Tod des Mannes erwarb die Frau entsprechend dessen Anteil. Bei einer Scheidung behielt die Frau die Hälfte des Ehevermögens; mindestens ein Sohn blieb bei ihr.[/quote] [Hermann Müller-Karpe: Grundzüge früher Menschheitsgeschichte. 5 Bände; Bd. 2: 2. Jahrtausend v. Chr. Darmstadt 1998, S. 183 f.]
Re: Zur Stellung der Frau in der Bronzezeit #1
Γραικύλος schrieb am 30.09.2024 um 12:02 Uhr (Zitieren)