α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eine Geschichte von Religion und Krieg #5 (60 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 09.01.2025 um 23:24 Uhr (Zitieren)
Tatsächlich wird der Sieg in der Schlacht zum ultimativen Beweis, in der göttlichen Gnade zu stehen. Erst der Nimbus des Siegers verleiht den Herrschern jenes Charisma, das die Untertanen überzeugt, einem Auserwählten zu folgen. Auch das treibt die Aufrüstung der Staaten voran und versetzt die Welt in den Zustand eines permanenten Krieges. Denn hier wittert jeder Warlord seine Chance, sich durch einen Sieg als Liebling der Götter an die Macht zu putschen.

Das ist aber nicht der einzige Schönheitsfehler: In einer polytheistischen Welt vieler Götter konnten sich Konkurrenten darauf berufen, in der Gunst eines anderen Gottes zu stehen. Das war auch stets der Fall, wenn Stadtstaaten gegeneinander in die Schlacht zogen, was einen Konflikt der jeweiligen Stadtgötter unterstellte. Besonders eindrücklich illustriert das die Götterschlacht in der „Ilias“, als sowohl auf Seiten der Griechen als auch der Trojaner Götter gegeneinander antraten.

*

Die Legitimationsproblematik erweist sich als Hauptantriebskraft der voranschreitenden kulturellen Evolution der Religion. Verschiedene Strategien werden getestet, um dem Dilemma der vielen Göttergünstlinge zu entkommen. Sie alle versuchen, die eigene Herrschaft unanfechtbar zu machen. Die offensichtlichste Strategie bestand darin, die persönliche Verbindung der Herrscher zur Gottheit möglichst eng zu gestalten. Sargon von Akkad war nicht königlicher Herkunft, weshalb er die Legende verbreiten ließ, die Kriegsgöttin Inanna/Ischtar habe ihn erwählt. Seine Mutter sei eine Priesterin gewesen, die ihr uneheliches Baby in einem Weidenkästchen im Euphrat aussetzte, wo Sargon dann gerettet wurde (die Bibelautoren werden diese Geschichte Mose andichten). Dass sich Könige als Söhne der Götter darstellten, haben wir beobachtet. Mit der Zeit kamen sie auf die Idee, sich selbst zu vergöttlichen. Sargons Enkel Naram-Sin zeigte sich um 2200 v. Chr. überlebensgroß auf einer Stele mit der den Göttern vorbehaltenen Hörnerkrone, wie er über getötete Feinde schreitet. Das Grundproblem aber blieb bestehen: Auch die Konkurrenz konnte sich als Göttersöhne oder Götter selbst inszenieren.

Strategie zwei versuchte das zu lösen. Die ägyptischen Herrscher hatten die erste Strategie früh perfektioniert und das Gottkönigtum propagiert, was sicher seinen Teil dazu beitrug, dass das Reich am Nil von größerer Dauer War als die Herrschaften Mesopotamiens. „Als ältester Königstitel war schon vor Narmers (7) Zeit der des Horus im Gebrauch“, schreibt der Ägyptologe Toby Wilkinson (8). Damit wurde der König zur irdischen Verkörperung der höchsten Himmelsgottheit. „Diese Verkündigung war ebenso kühn wie unanfechtbar. Wenn der König nicht nur der Vertreter Gottes auf Erden, sondern auch dessen Verkörperung war, drohte bei jedem Angriff auf sein Amt die Zerstörung der gesamten Schöpfung.“

(Harald Meller / Kai Michel / Carel van Schaik: Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte. München 2024, S. 296-311)

(7) letzter ägyptischer Herrscher der vordynastischen Zeit oder erster der 1. Dynastie, um 3000 v.u.Z.
(8) Wilkinson, T.: Aufstieg und Fall des Alten Ägypten. Die Geschichte einer geheimnisvollen Zivilisation vom 5. Jahrtausend v. Chr. München 2010
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Münze

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.