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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eine Geschichte von Religion und Krieg #6 (139 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 11.01.2025 um 00:08 Uhr (Zitieren)
Das Besondere der zweiten Strategie war die Verknüpfung mit einer höchsten Gottheit. Dazu bot sich das an, was der Politikwissenschaftler Eric Voegelin (9) „kosmologische Ordnung“ nennt: der Versuch der frühen Staaten, ihre Macht durch den Bezug auf die kosmischen Mächte der Sonne, des Mondes und der Sterne zu legitimieren, sie damit über die irdischen Gefilde zu erheben und unantastbar zu machen. Insbesondere die Ausrichtung auf die Sonne ist populär, ist diese doch einzigartig und überstrahlt alles. Dass der babylonische König Hammurapi seine Gesetze im Angesicht des Sonnengottes erließ, war schwer zu übertrumpfen.

Hier drängte sich die dritte Strategie auf: die Bewegung hin zu Henotheismus (eine Gottheit dominiert über alle anderen) und Monotheismus (es gibt keine anderen Götter). Sie ist insbesondere dort zu beobachten, wo sich Imperien bildeten: Sargon von Akkad, der sich rühmte, 34 Schlachten geschlagen und 50 Stadtfürsten besiegt zu haben, versuchte seine Retterin Inanna/Ischtar als Reichsgöttin zu installieren. Mit dem Aufstieg erst Babylons und später Assyriens wiesen die Karrierewege der jeweiligen Stadtgötter Marduk und Assur in Richtung göttlicher Monarchen. Das berühmteste Beispiel ist das des Pharao Echnaton, der die Verehrung der traditionellen Vielfalt des ägyptischen Götterpantheons untersagte und stattdessen den alleinigen Kult des Sonnengottes Aton installierte.

Doch diese Möglichkeiten waren begrenzt, da in den etablierten Staaten alle Götterkulte bereits durch Tempel und Priester gestützt waren. Echnaton ist das beste Beispiel. Es gelang ihm nicht, die Priester des Amun vollends zu entmachten. Nach seinem Tod etablierten sie wieder die alten Verhältnisse und setzen alles daran, die Erinnerungen an den Pharao, den „Erzketzer“, auszulöschen. Selbst sein Sohn Tutanchaton („lebendes Abbild des Aton“) erhielt einen neuen Namen: Tutanchamun („lebendes Abbild des Amun“).

Was hier geschieht, wird erst verständlich, beschreibt man die religiösen Zusammenhänge als das, was sie tatsächlich sind: Herrschaftsideologie. Denn das ist ihre Triebkraft. Die Machtposition von Potentaten soll abgesichert, im besten Fall unantastbar gemacht werden. Doch das Problem, mit dem die ägyptischen und orientalischen Herrscher zu kämpfen hatten, ist, dass die religiöse Sphäre den politischen Entwicklungen hinterherhinkte.
Wir haben uns ausführlich mit Staatsbildung beschäftigt. Im Fall primärer Staatsbildungen fusionierten die Götter der jeweiligen Stämme und Städte zu einem gemeinsamen Pantheon. Der Archäologe Thorkild Jacobsen (10) hat darauf hingewiesen, dass Götter in den frühen Geschichten Ratsversammlungen abhielten, sich stritten und ihre Anführer wählten. Die Mytho-logie konservierte also noch die vormonarchischen Verhältnisse. Jacobsen bezeichnet das Prinzip, nach dem die Organi-sation des Himmels jener der Erde folge, als „politicomorphism“, als „Vergöttlichung irdischer Politik“.

(Harald Meller / Kai Michel / Carel van Schaik: Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte. München 2024, S. 296-311)

(9) Voegelin, E.: Ordnung und Geschichte. Bd. 1: Die kosmologischen Reiche des Alten Orients: Mesopotamien und Ägypten. München 2002
(10) Jacobsen, T.: The Treasures of Darkness. A History of Mesopotamian Religion. New Haven/London 1976
Re: Eine Geschichte von Religion und Krieg #6
Andreas schrieb am 11.01.2025 um 13:18 Uhr (Zitieren)
Jacobsen bezeichnet das Prinzip, nach dem die Organi-sation des Himmels jener der Erde folge,

vgl: E. Topitsch, Erkenntnis und Illusion ("plurifuktionale Führungssysteme")
 
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