Wo fängt "verletzen an"?
Boxen heißt immer wehtun,oder?
War schwach oder unfähig, dass er nie einen Gegner verletzen konnte?
Warum boxte er überhaupt?
Weil er musste? Selbstüberschätzung?
Just for fun, immer auf den 1.Sieg hoffend?
Als Boxkasperle zur Belustigung?
Aus Sturheit?
Gründe für das Denkmal?
Nachträglicher Spott?
Dank für das Entertainment?
Paradoxon/Zynismus/Sarkasmus?
Was denken die anderen?
Re: Der harmlose Boxer
Γραικύλος schrieb am 17.06.2025 um 12:40 Uhr (Zitieren)
Warum bist du dir so sicher?
Nur ein sprachlicher?
Warum sollte es einen Apis und
das Denkmal nicht gegeben haben?
Ein ausgefallener Gag im Boxer-Milieu?
Re: Der harmlose Boxer
Γραικύλος schrieb am 17.06.2025 um 13:40 Uhr (Zitieren)
Gut möglich, daß es einen Apis gegeben hat. Ziemlich wahrscheinlich sogar, denn so funktioniert ja Spott.
Im ganzen Umfeld dieses Buches der Anthologia Graeca finden sich Witze, darunter viele von Lukillios.
Einige weitere davon werde ich in der Folgezeit vorstellen.
Re: Der harmlose Boxer
βροχή schrieb am 17.06.2025 um 15:58 Uhr (Zitieren)
... viell. war Apis ein geschätzter Sparringspartner, der sich zwar für Kämpfe beworben hat, aber nie aufgerufen wurde?
Apis ist auch die Biene, viell. war sie gemeint?
Re: Der harmlose Boxer
Γραικύλος schrieb am 17.06.2025 um 16:35 Uhr (Zitieren)
Wenn von συναγωνισταὶ (Mitbewerbern im Kampf) die Rede ist, muß er wohl an Kämpfen teilgenommen haben.
Zehnmal krachend verloren, und wer den Schaden hat, braucht sich um Spott nicht zu sorgen.
Re: Der harmlose Boxer
Werner schrieb am 17.06.2025 um 16:41 Uhr (Zitieren)
Und denkt: Einmal muss es doch klappen!
Apis ist aber Latein, soweit ich noch weiß.
Re: Der harmlose Boxer
filix schrieb am 17.06.2025 um 20:31 Uhr (Zitieren)
Prinzipiell könnte man in Ἆπις auch das Gegenteil eines notorischen Verlierers vermuten, denkt man an die Unterscheidung von Verletzten und Toten und zieht in Betracht, dass insbesondere der römische pugilatus äußerst brutal war und nicht selten mit dem Tod des Verlierers endete (der Autor lebte zur Zeit Neros). Schon unter diesem Gesichtspunkt ist anders als im vergleichsweise zivilisierten Boxkampf der Gegenwart eine längere Karriere, ohne anderen Verletzungen zuzufügen, schwer vorstellbar.
Der Schlüssel zur Pointe liegt also möglicherweise im Eigennamen und seiner Beziehung zum Apis-Kult um den in Memphis verehrten heiligen Stier, der natürlich unantastbar war und mit großem Pomp bestattet wurde.
Re: Der harmlose Boxer
Γραικύλος schrieb am 17.06.2025 um 23:00 Uhr (Zitieren)
Mir fehlt dann der Witz - und Lukillios ist fast immer spöttisch-witzig.
Ich zögere, eine Anspielung auf den Apis-Stier witzig zu finden.
Allerdings muß ich zugeben, daß Dein Argument mit der Brutalität der damaligen Boxkämpfe, die man ohne eigene Schlagkraft nicht lange überleben konnte, mich nachdenklich macht.
Re: Der harmlose Boxer
Bukolos schrieb am 17.06.2025 um 23:06 Uhr (Zitieren)
Die Annahme eines an den Stiergott angelehnten Namens birgt auch das metrische Problem einer fehlenden Kürze (der Form VC) zwischen Ἆπιν und οὐδὲνα. Die meisten Editionen (einschließlich Beckby) entscheiden sich dennoch mit der Planudea für diese Variante. Die spondeische Form Ἄπιν (wie die Palatina überliefert) passt zwar metrisch, macht aber die Deutung nicht leichter.
Re: Der harmlose Boxer
Bukolos schrieb am 17.06.2025 um 23:18 Uhr (Zitieren)
Der Stier lässt sich auch retten, wenn man Ἆπιν· κοὐδένα ... konjiziert.
Re: Der harmlose Boxer
filix schrieb am 18.06.2025 um 00:18 Uhr (Zitieren)
Was ich ursprünglich meinte, war, dass der Leser einen Wink erhält, wie er die Grabinschrift zu deuten habe - die vermeintliche Harmlosigkeit, so die Pointe, verkehrte sich ins Gegenteil, bedenkt man, dass nach einem blutigen Ereignis, der der römisch-antike Boxkampf zweifellos war, oft (nur) Verletzte bilanziert werden und Tote. Punktesiege ohne Schrammen waren nicht vorgesehen, oder? Die συναγωνισταί lobten also nicht, dass er ein ebenso unfähiger wie harmloser Mitkämpfer war, der Kontrahenten keine Verletzung zuzufügen vermochte, welche Eigenschaft schwer mit einer auch nur bescheidenen antiken Boxerkarriere vereinbar scheint, sondern hielten ihm ironisch zugute, seine Gegner alle erlöst, keinen (nur) verletzt zu haben. Dass, jenseits von Bukolos' Einwänden, der Name, sofern er auf den Apis-Stier anspielt, besser zu einem Raging Bull passte als einem notorischen Verlierer, liegt nahe, aber man müsste mehr nachforschen, ob und wie solche Namen und die mythologisch-religiösen Bezüge in der Sphäre des Faustkampfs im 1. Jahrhundert n. funktionierten.
Re: Der harmlose Boxer
βροχή schrieb am 18.06.2025 um 00:35 Uhr (Zitieren)
... auch eine tödlche Verletzung ist eine Verletzung
Re: Der harmlose Boxer
filix schrieb am 18.06.2025 um 01:13 Uhr (Zitieren)
Das ist zweifellos richtig, aber der Einwand geht am Sprachgebrauch vorbei, den jeder kennt - es ist zumeist bilanzierend von Verletzten und Toten die Rede. Diese binäre Kategorisierung kann man m.E. ungeachtet des physischen Sachverhalts in einer Pointe ausspielen.
Re: Der harmlose Boxer
filix schrieb am 18.06.2025 um 01:31 Uhr (Zitieren)
Was den keineswegs gewöhnlichen Namen angeht, habe ich jedenfalls Zweifel, dass der Autor in dieser Gattung hoher Bedeutungskonzentration diesem keine Rolle zugedacht hat, er einfach nur mitläuft und am Witz unbeteiligt bleibt.
Re: Der harmlose Boxer
βροχή schrieb am 18.06.2025 um 06:39 Uhr (Zitieren)
... der Name hat sicher eine Bedeutung,
Stier oder Biene (die griechen waren fit in Latein, oder?)
viell. boxte er nach der Taktik der Stiche?
Re: Der harmlose Boxer
Aurora schrieb am 18.06.2025 um 08:02 Uhr (Zitieren)
(die griechen waren fit in Latein, oder?)
Die Römer im Koine-Griechisch, aber die Griechen
in Latein? Davon hört man gewöhnlich nichts.
Mit Verlaub eine KI-Auskunft dazu:
Das ist eine komplexe Frage, die je nach Zeitperiode unterschiedlich beantwortet werden muss:
Klassische Zeit (5.-4. Jahrhundert v. Chr.):
Die meisten Griechen konnten kein Latein. Latein war zu dieser Zeit noch eine relativ unbedeutende Regionalsprache in Mittelitalien, während Griechisch die Sprache der Kultur und Wissenschaft im Mittelmeerraum war.
Hellenistische Zeit (3.-1. Jahrhundert v. Chr.):
Mit dem Aufstieg Roms begannen gebildete Griechen, Latein zu lernen - vor allem Diplomaten, Händler und Intellektuelle, die mit Rom zu tun hatten.
Römische Kaiserzeit (1.-5. Jahrhundert n. Chr.):
Hier wird es interessant: Viele gebildete Griechen lernten Latein, aber gleichzeitig lernten viele gebildete Römer Griechisch! Griechisch blieb die Sprache der Philosophie, Medizin und höheren Bildung.
Byzantinische Zeit (ab 4. Jahrhundert n. Chr.):
Im Oströmischen Reich (Byzanz) war Griechisch die Hauptsprache, auch wenn Latein anfangs noch Verwaltungssprache war. Über die Jahrhunderte verschwand Latein dort weitgehend.
Fazit:
Die Sprachkenntnisse waren stark bildungs- und zeitabhängig. Gebildete Schichten beider Kulturen waren oft zweisprachig, während einfache Leute meist nur ihre Muttersprache sprachen.
Re: Der harmlose Boxer
βροχή schrieb am 18.06.2025 um 10:45 Uhr (Zitieren)
danke der Info :)
es betrifft diese Epoche
... dann ist es doch die Biene Apis
Re: Der harmlose Boxer
filix schrieb am 18.06.2025 um 11:53 Uhr (Zitieren)
Von der unterschiedlichen Vokalquantität abgesehen (apis vs. Ἆπις vgl. auch lat. Āpis) klingt mir die Überlegung mehr nach Muhammad Alis Float like a butterfly, sting like a bee.
Re: Der harmlose Boxer
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 18.06.2025 um 12:18 Uhr (Zitieren)
Ein Wortspiel ist vielleicht nicht ganz auszuschließen, aber der mit Kraft und ungezügelter Angriffslust assoziierte Apisstier bietet wohl den besseren Gegensatz zur offensichtlichen, lächerlichen Harmlosigkeit des Boxers, der ausgerechnet diesen Namen trägt.
Re: Der harmlose Boxer
βροχή schrieb am 18.06.2025 um 12:29 Uhr (Zitieren)
So meinte ich es, das war seine Taktik.
Er traf stichgenau auf den Punkt, ohne (sichthbar) zu verletzen.