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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Die Zeit des Gerichts (225 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 28.10.2025 um 00:02 Uhr (Zitieren)
Die sibyllinischen Weissagungen III 44-61:

Die Weissagungen der Sibylle von Cumae sind seit der 2. Hälfte des 1. Jhdts. v.u.Z. im jüdischen Milieu entstanden und wurden nach 150 u.Z. durch christliche Autoren rezipiert, ergänzt und überarbeitet.
Aber wenn Rom auch herrscht über Ägypten, unter eine
Herrschaft vereinigt, dann wird sich das herrlichste Königtum zeigen
eines unsterblichen Königs den Menschen allen auf Erden.
[τότ‘ ἂρ βασιλεία μεγίστη
ἀθάνατου βασιλῆος ἐπ‘ ἀνθρώποισι φανεῖται]
Dann kommt der heilige Herrscher, der über die Erde wird führen
machtvoll das Szepter für ewig in drängender Zeit. Und es wird dann
unerbittlicher Zorn überkommen Latiums Männer:
drei werden Rom in jammervollem Geschicke vernichten,
alle Menschen gehen in eigenen Häusern zugrunde,
wenn vom Himmel ergießt sich ein feuriger Strom.
Weh mir Ärmste! Wann kommt jener Tag des unsterblichen Gottes
mächtigen Königs Gericht? Noch baut man euch, Städte, und schmückt euch
alle mit Tempeln und Märkten und Rennbahn und schaffet euch Bilder
aus Gold und aus Holz, aus Silber und Gold, damit ihr gelanget
hin zu dem bitteren Tag. Denn es kommt jener Tag, wo hindurchdringt
Schwefelgeruch überall in die Häuser der Erdenbewohner.
[...]

(Sibyllinische Weissagungen. Hrsg. v. Alfons Kurfeß und Jörg-Dieter Gauger. Düsseldorf/Zürich ²2002, S. 68-71)
Re: Die Zeit des Gerichts
νυξ schrieb am 28.10.2025 um 05:16 Uhr (Zitieren)
Rezeption;

1. Sibyllinische Orakel III, 767 (nach Rzach)
τότ᾽ ἂρ βασιλεία μεγίστη ἀθάνατου βασιλῆος ἐπ᾽ ἀνθρώποισι φανεῖται.

Dann wird erscheinen die größte Herrschaft des unsterblichen Königs über die Menschen.

2. Lactantius, Divinae Institutiones IV, 15, 5–6 (CSEL 19, 317–319)
Postea autem regnum aeternum unius Dei immortalis et magni super omnes homines apparebit; quod regnum in aeternum permanebit.
Dann aber wird das ewige Reich des einen, unsterblichen und großen Gottes über alle Menschen erscheinen; und dieses Reich wird ewig bestehen.

→ direkte Paraphrase des griechischen Verses aus Sib. Or. III, 767.
Lactantius nennt die Sibylle namentlich als Quelle.

3. Justinus Martyr, Apologia I, 20, 4
Καὶ Σίβυλλα καὶ Ὑστάσπης ἄνθρωπον ἀναγγέλλουσιν ἐπὶ πάντων ἀνθρώπων βασιλεύσοντα, τὸν Χριστόν.
Sowohl die Sibylle als auch Hystaspes verkünden einen Menschen, der über alle Menschen herrschen wird – Christus.
→ Hier identifiziert Justin den „über alle Menschen herrschenden König“ aus der Sibylle mit Christus.

4. Clemens Alexandrinus, Stromata VI, 5, 8 (GCS 15, 460)
Καὶ Σίβυλλα δὲ περὶ τοῦ Θεοῦ καὶ τοῦ πυρὸς καὶ τῆς κρίσεως προφητεύει.
Auch die Sibylle weissagt über Gott, über das Feuer und über das Gericht.
→ Bezieht sich auf dieselbe apokalyptische Passage (Feuer vom Himmel, Schwefelgeruch usw.).

5. Athenagoras, Legatio pro Christianis 30, 4 (Marcovich, 156)
Καὶ γὰρ Σίβυλλα περὶ τοῦ Θεοῦ καὶ τοῦ πυρὸς καὶ τοῦ τέλους τοῦ κόσμου λέγει.

Denn auch die Sibylle spricht von Gott, vom Feuer und vom Ende der Welt.

6. Lactantius, Divinae Institutiones VII, 19, 6
Adveniet enim rex ex caelis, qui in aeternum regnaturus est; et tunc judicabit Deus saeculum. Haec Sibylla testatur.

Denn es wird der König vom Himmel kommen, der ewig herrschen wird; und dann wird Gott die Welt richten. Das bezeugt die Sibylle.

7. Augustinus, De civitate Dei XVIII, 23 (CCSL 48, 634–636)
Sibylla Erythraea Christum Dominum et Dei Filium praedixit... Iesous Christos Theou Huios Soter Stauros.
Die Erythräische Sibylle hat Christus, den Herrn und Sohn Gottes, vorhergesagt... „Jesus Christus, Sohn Gottes, Erlöser, Kreuz.“
Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 07:29 Uhr (Zitieren)
Mir kommt Pompeij in den Sinn, die totale Zerstörung einer Stadt, Schwefel auch dabei.

Gab es zuvor schon ähnliche Ausbrüche, die Sybille inspirieren konnten?

Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 08:41 Uhr (Zitieren)
Sibylle lebte in cumae, das ist ganz in der Nähe der phlegräischen Felder, im vulkanischen Gebiet. Vulkanismus war ihr vertraut. Einem Vulkan haben die Menschen nichts entgegen zu setzen, außer der Hoffnung, dass er heute noch nicht spuckt, sondern erst morgen. Einmal wird er aber, das sagt ihnen ihr Instinkt.

Re: Die Zeit des Gerichts
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.10.2025 um 08:55 Uhr (Zitieren)
νυξ, hast Du die Belege verifziert? Nach dem FAZ-Bericht, den Du dankenswerterweise zugänglich gemacht hast, könnten zwei bis drei davon frei fabuliert sein ... nach dem Vorbild "solvet saeclum in favilla teste David cum Sibylla".

Re: Die Zeit des Gerichts
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.10.2025 um 10:07 Uhr (Zitieren)
βροχή, das (08:41) ist unzweifelhaft, ob aber in den obigen Stellen (so sie denn [so] existieren) die Cumaeische Sibylle die Quelle ist, und nicht die von Erythrai (an der Ionischen Küste) - Augustinus als einziger gibt ein Epitheton an -, ist für mich nicht klar ersichtlich. Soweit mir bekannt, richtet sich die in der christlichen Literatur bis zum Mittelalter überlieferte Prophezeihung der Sibylle von Cuma, noch in der Sixtina, auf die Auferstehung Christi, nicht auf sein Wiedererscheinen als Weltenrichter.
Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 10:50 Uhr (Zitieren)
@στρουθίον οἰκιακόν

Augustinus stellt es dahin, welche der Sibyllen

Diese Sibylle, ob es nun die erythräische ist oder, wie andere lieber annehmen, die cumäische,
bringt in ihrem ganzen Gedicht, wovon das Vorstehende nur ein kleiner Ausschnitt ist, nicht ein Wort, das sich auf die Verehrung der falschen oder gemachten Götter bezöge, im Gegenteil, sie spricht sich deutlich gegen sie und ihre Verehrer aus, so daß man sie wohl zur Zahl derer rechnen muß, die zum Gottesstaate gehören.

Quelle: Augustinus, Gottesstaat 18,23
Re: Die Zeit des Gerichts
Patroklos schrieb am 28.10.2025 um 10:52 Uhr (Zitieren)
Um den Disney-Hund Pluto wie in einem Malbuch weiterzukonturieren:
Unter Plutonismus verstand/versteht man die geologische Auffassung, die Erdkruste sei vulkanisch (Zentralfeuer) entstanden. Hauptvertreter war der Schotte James Hutton (1726-1797).
Die entgegengesetzte Theorie war der Neptunismus, entwickelt von Abraham Gottlieb Werner (1749-1817),ein Sachse. Ihm zufolge entstand das Gestein aus dem Wasser (Urmeer). Man hört auch Thales und den Schöpfungsbericht heraus. Der Streit der Richtungen dauerte von 1790 und 1830. In den 1830er Jahren setze sich zunehmend der Plutonismus durch, dessen Grenzen allerdings offensichtlich sind (z.B. Salzstöcke)
Re: Die Zeit des Gerichts
Γραικύλος schrieb am 28.10.2025 um 11:32 Uhr (Zitieren)
Mich interessiert an dem Text die Idee des Großen Gerichtes, was ja bedeutet, daß die Toten nicht unmittelbar nach ihrem Tod ihrer endgültigen Bestimmung zugeführt werden, sondern warten, jahrtausendelang warten.
Wo sind all die Milliarden wartender Toten, von denen auf Erden längst kein Stäubchen mehr erhalten ist? Wo warten sie?
Man kann doch kaum sagen, daß der uns wohlbekannte Sinn des Schlafens darauf noch zutrifft.

Mir kommt das wenig durchdacht vor.
Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 12:10 Uhr (Zitieren)
nicht unmittelbar nach ihrem Tod ihrer endgültigen Bestimmung zugeführt werden, sondern warten, jahrtausendelang warten.


Mit dem Tod erlischt die Zeit als solche. Ohne Zeit kein warten. Die Ewigkeit ist etwas grundsätzlich anderes als die Zeit, sie ist keine unendlich verlängerte Zeit. Daher sagt man auch "er hat das zeitliche gesegnet", wenn jmd. gestorben ist.
Re: Die Zeit des Gerichts
Udo schrieb am 28.10.2025 um 12:46 Uhr (Zitieren)
Dies iræ, dies illa
Solvet sæclum in favilla
Teste David cum Sibylla
Quantus tremor est futurus
Quando iudex est venturus
Cuncta stricte discussurus
...

Hier mit Übersetzung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dies_irae
Schauerlich und
Und so etwas wurde früher Totenmessen verwendet.
Unglaublich, was die Kirche sich alles erlauben konnte!
Wie passt das zu einem Gott der Liebe?
Fester Bestandteil der Totenmesse bis zur Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1970)
Seitdem nur noch optional verwendbar


Zum Begriff Ewigkeit im Hebräischen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Olam_Haba

Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 13:07 Uhr (Zitieren)
Wo sind all die Milliarden wartender Toten, von denen auf Erden längst kein Stäubchen mehr erhalten ist? Wo warten sie?


wie Sokrates schon sagte
das ist allen verborgen außer nur Gott


Re: Die Zeit des Gerichts
Udo schrieb am 28.10.2025 um 14:45 Uhr (Zitieren)
außer nur Gott


Der Gott des Sokrates — Zusammenfassung
1. Ursprung bei Sokrates selbst (Platon):
Sokrates spricht von einem „Daimonion“ (δαιμόνιον σημεῖον) – einem göttlichen Zeichen.
Es warnt ihn, wenn er im Begriff ist, etwas Falsches zu tun,
aber befiehlt ihm nie etwas.
Es ist eine innere göttliche Stimme oder moralische Eingebung.
Quellen:
Platon, Apologie 31c–32a
Phaidros 242b

2. Xenophon:
Beschreibt das Daimonion als eine göttliche Stimme, die Sokrates zu hören glaubte.
Für ihn war das der Ausdruck des einen wahren Gottes, dem Sokrates diente.
Quelle: Xenophon, Memorabilia 1,1,3–5

3. Plutarch:
In „Über den Dämon des Sokrates“ deutet er den „Gott des Sokrates“ als Mittlerwesen zwischen Gott und Mensch.
Der Dämon ist eine göttliche Kraft, die Sokrates führt.

Quelle: Plutarch, De genio Socratis

4. Cicero:
Er nennt das Daimonion ein „divinum quoddam numen“,
eine göttliche Macht, die Sokrates von falschen Entscheidungen abhielt.
Quelle: Cicero, De divinatione I, 54

5. Augustinus:
Er interpretiert den „Gott des Sokrates“ als den wahren Gott,
nicht als Dämon, sondern als Ausdruck der göttlichen Wahrheit,
die Sokrates bereits ahnte.
Quelle: Augustinus, De civitate Dei VIII, 14

6. Philosophische Bedeutung:
Metaphysisch: göttliche Vernunft im Menschen (νοῦς).
Ethisch: Symbol des Gewissens oder der inneren moralischen Stimme.
Theologisch: Bei christlichen Autoren wird der „Gott des Sokrates“ als Hinweis auf den einen Gott verstanden.

Kurzformel:[quote]

Der „Gott des Sokrates“ ist das innere göttliche Prinzip,
das ihn vom Unrecht abhält —
gedeutet als Gewissen, Vernunft oder göttliche Eingebung.[/quote]
Re: Die Zeit des Gerichts
Patroklos schrieb am 28.10.2025 um 15:20 Uhr (Zitieren)
Bekannt ist die Variante des refrigerium interim, die Jürgen von der Lippe als Hochwürden zum besten gibt. Hiernach warten die Seelen in einem Wartezimmer, Illustrierte lesend, bis Gott sie aufruft und mit ihnen abrechnet.
Für eher unernste Foristen:
YouTube
Hochwürden und die Abrechnung
Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 15:42 Uhr (Zitieren)
Am besten lachen kann man immer noch, über etwas, das man ernst nimmt.
Ansonsten ist der Witz nur Dekoration der leeren Wand.
Re: Die Zeit des Gerichts
Γραικύλος schrieb am 28.10.2025 um 16:00 Uhr (Zitieren)
Das, was Jürgen von der Lippe ernst nimmt, kann man besser beurteilen, wenn man die Pointe des Sketches kennt, die Patroklos uns vorenthalten hat; sie bezieht sich auf Masturbation.
Re: Die Zeit des Gerichts
Patroklos schrieb am 28.10.2025 um 16:07 Uhr (Zitieren)
Ich versuche, dezent zu sein. Gerade in fremder Rüstung.
Re: Die Zeit des Gerichts
Γραικύλος schrieb am 28.10.2025 um 16:15 Uhr (Zitieren)
"Es läppert sich."
Re: Die Zeit des Gerichts
βροχή schrieb am 28.10.2025 um 16:58 Uhr (Zitieren)
dezent, dezent,
die Rüstung klemmt!
Re: Die Zeit des Gerichts
Γραικύλος schrieb am 28.10.2025 um 17:07 Uhr (Zitieren)
 
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