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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Flußpferd-Fehler (767 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 18.09.2019 um 12:34 Uhr (Zitieren)
Der Name des Flußpferdes stammt bekanntlich aus dem Griechischen: ὁ ἱπποπόταμος.

Warum in aller Welt mag der Namensgeber die Assoziation zum Pferd hergestellt haben? Dieses massige, meist träge, zu blindwütigem Zorn neigende, aber dem Reiten und Lastenziehen gänzlich abgeneigte Ungetüm, zudem ohne Mähne und Schweif - ein Pferd, ein Fluß-pferd?

Oder gibt es irgendeinen Mythos, demzufolge Phoibos Apollon etwa ein unbotmäßiges Pferd seines Gespannes zu einer strafweisen Existenz als cholerischer Fettwanst auf dem Nil verurteilt hat?

Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich mag diese Tiere. Aber nicht als Pferde.
Re: Der Flußpferd-Fehler
Platon schrieb am 18.09.2019 um 14:18 Uhr (Zitieren)
Die Bezeichnung Flusspferd ist eine Lehnübersetzung des griechischen Wortes ἱπποπόταμος hippopótamos (gebildet aus hippos „Pferd“ und potamos „Fluss“). Hippopotamus, der wissenschaftliche Name der Gattung, ist die latinisierte Form des griechischen Wortes. Der Namensbestandteil amphibius bezieht sich auf die amphibische Lebensweise im Wasser und an Land. Hiob Ludolf erklärte den griechischen Namen des Tieres mit der Ähnlichkeit des aus dem Wasser ragenden Kopfes mit einem Pferdekopf.
Der Name Nilpferd rührt daher, dass in der Literatur zunächst Flusspferde am Nil beschrieben wurden.

vgl:
https://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article107730878/Woher-stammt-der-Begriff-Nilpferd.html
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 18.09.2019 um 15:08 Uhr (Zitieren)
Leuchtet Dir diese Erklärung ein?
Die breite Kopfform, die rundlichen Ohren ... und wenn es erst sein Maul aufreißt und seine Zähne blicken läßt!
M.E. äußert Herr Ludolf lediglich eine Vermtung. Eine antike Angabe gibt es wohl dazu nicht?

Hingegen ist klar, warum man statt Fluß- auch Nilpferd sagen kann. Mich irritiert lediglich das Pferd.
Re: Der Flußpferd-Fehler
filix schrieb am 18.09.2019 um 15:35 Uhr (Zitieren)
Bei Herodot (II, 71) findet sich eine verhängnisvolle Beschreibung, die dem Flusspferd u.a. eine Mähne, einen Pferdeschwanz und dessen Stimme zuschreibt. Auf welche Quellen er sich stützt, kann man wohl nur vermuten. Dass der Verfasser nie eines gesehen hat, liegt für uns natürlich nahe, tat der Wirkmächtigkeit des Vergleichs aber keinen Abbruch, überhaupt bei Lesern, die selbst nie einem begegnet sind. Er verbreitet sich denn auch in der üblichen Weise antiker Wissensproduktion durch Übernahme von Autoritäten und Ergänzungen (fast) ohne empirische Grundlage über die Jahrhunderte von Aristoteles bis Isidor von Sevilla, nicht einmal die römischen Autoren, die es bei venationes vor der Nase hatten, änderten daran grundlegend etwas. Eine Darstellung aus dem 19. Jhdt. bietet https://books.google.de/books?id=8f5QAQAAMAAJ&pg=PA274
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 18.09.2019 um 17:33 Uhr (Zitieren)
Ah ja! Von ἵπποι οἱ ποτάμιοι schreibt Herodot.
Nun frage ich mich, ob Herodot diesen Namen bereits vorgefunden und die Beschreibung dem unter Einsatz von viel Phantasie angeglichen hat, oder ob ihm die Beschreibung vorlag und er den dazu passenden Namen gewählt hat.
In beiden Fällen verschiebt sich eine Frage nach der Erklärung hin zu den Informanten Herodots.
Jedenfalls hat er Name und Beschreibung einigermaßen paßgenau gemacht.

Ältere Belegstellen für das Wort als bei Herodot finde ich nicht.
Re: Der Flußpferd-Fehler
filix schrieb am 18.09.2019 um 21:59 Uhr (Zitieren)
Die Beschreibung Herodots wirkt in der Tat ein wenig wie ein Rechtfertigungsversuch für die Bezeichnung, obgleich das Ergebnis mit Ochsenhufen und Hauern nebst Mähne, Schweif und Stimme des Pferds insgesamt etwas Chimärenhaftes hat. Vielleicht spielte bei der Entstehung der Bezeichnung eine Rolle, dass ἵππος jenseits der Artenzugehörigkeit etwas Großes, Kräftiges oder Plumpes schlechthin bezeichnen kann, wie das an entsprechenden Komposita deutlich wird (siehe VII) in http://www.perseus.tufts.edu/hopper/morph?l=%CE%B9%CF%80%CF%80%CE%BF%CF%82&la=greek#lexicon) Im Dt. heißt es bisweilen auch, jemand sei ein richtiges Pferd, ohne deswegen wie eines aussehen zu müssen.
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 18.09.2019 um 22:36 Uhr (Zitieren)
Das ergibt einen Sinn, und der Passow bestätigt das mit den Komposita.

Eine der möglichen Bedeutungen von ἵππος ist übrigens das Seepferdchen - und das ist zwar nicht gerade groß, kräftig oder plump, hat aber die passende Kopfform.
Re: Der Flußpferd-Fehler
Platon schrieb am 19.09.2019 um 09:47 Uhr (Zitieren)
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 19.09.2019 um 14:50 Uhr (Zitieren)
Da gibt es eine optische Ähnlichkeit mit einem Pferdekopf, gelt?
Vielseitiges Tier, dieses Pferd: vom Seepeferdchen bis zum Kosmos.
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 19.09.2019 um 14:51 Uhr (Zitieren)
Seepeferdchen --> Seepferdchen
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 20.09.2019 um 00:56 Uhr (Zitieren)
Im Falle des ἱπποπόταμος tritt ein seltenes Phänomen auf: die Angaben des LSJ sind sehr viel magerer sowohl als die des Pape als auch die des Passow. Nichtmal die Herodot-Stelle wird genannt.
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2019 um 15:57 Uhr (Zitieren)
Das Flußpferd, so habe ich jetzt gelesen, ist der engste Verwandte der Wale.
Flußwal?
Re: Der Flußpferd-Fehler
Γραικίσκος schrieb am 30.11.2019 um 00:14 Uhr (Zitieren)
Auf das Flußpferd sollen nicht nur die Wale, sondern alle Meeressäuger zurückgehen.
Ein wichtiges Tier also. Und ein eindrucksvolles: 2000 kg voll tiefer Abneigung gegen Bewegung, ausgenommen die im Zorn. Dann aber: vae capiti tuo!
 
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