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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein Fall ausgleichender Gerechtigkeit? (537 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 18.09.2019 um 13:40 Uhr (Zitieren)
Flavius Josephus berichtet in seinen „Antiquitates Judaicae“ (XVIII 6, 8-10) ausführlich über die Sorgen des Kaisers Tiberius, als er seinen Tod herannahen fühlte, wem er die Nachfolge übertragen solle. Am liebsten wäre ihm sein eigener Enkel, Tiberius Gemellus, gewesen; für den Großneffen des Tiberius, den Germanicus-Sohn Gaius (Caligula) aber sprach dessen große Popularität in Rom.

Der abergläubische Tiberius wollte den Willen der Götter erkunden und gelobte, den ersten von ihnen, der ihm am folgenden Morgen begegnen würde, zu seinem Nachfolger zu machen. Zugleich plante Tiberius, den Götterwillen ein wenig zu manipulieren, und ließ über einen Freigelassenen dem Ti. Gemellus ausrichten, er möge sich zeitig bei seinem Großvater einfinden. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände war es jedoch Gaius, den er am folgenden Morgen als ersten traf.

Tiberius ahnte mit Schrecken, was dies für seinen geliebten Enkel bedeuten würde. Zwar hielt er dem Gaius eine eindringliche Predigt, er möge nach seinem Regierungsantritt den Ti. Gemellus freundlich behandeln, aber das war natürlich in den Wind gesprochen. Gaius Caligula hat den ihm als gefährlich erscheinenden Rivalen sogleich hinrichten lassen.

Und dann erinnert man sich an den Regierungsantritt des Tiberius – Tacitus, Annalen I 6: „Primum facinus novi principiatus fuit Postumi Agrippae caedes, quem ignarum inermumque quamvis firmatus animo centurio aegre confecit.“ Genauso, mit der Ermordung des Augustus-Enkels Agrippa Postumus, hatte Tiberius seine eigene Herrschaft begonnen.

Was aus dem anfangs so populären Caligula wurde, ist bekannt.
Re: Ein Fall ausgleichender Gerechtigkeit?
filix schrieb am 18.09.2019 um 15:50 Uhr (Zitieren)
Pessoa sagt irgendwo: Abergläubisch sein zu können, zählt zu den Künsten, die bei meisterhafter Ausübung den höheren Menschen kennzeichnen. Ist das hier der Fall?
Wo taucht der Topos des Hasardspiels im Reich der Macht eigentlich auf? Ab wann riskieren Herrscherfiguren durch solche kleinen Spiele z.B. dynastische Kontinuität oder gleich den Untergang? Ist das ein Vorläufer des Spielers, der spielt, um zu verlieren?
Re: Ein Fall ausgleichender Gerechtigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 18.09.2019 um 18:15 Uhr (Zitieren)
principiatus --> principatus

Ich kenne nicht so viele Fälle. Bekannt ist natürlich der Hang zur Astrologie bei Kaiser Rudolf II. sowie bei Wallenstein. In beiden Fällen ging es nicht um dynastische Kontinuität (falls nicht Rudolf sich beim "Bruderzwist im Hause Habsburg" der Astrologie bedient hat).

Handelt es sich um 'höhere Menschen'? Das sah Tiberius wohl nicht so: "Ego me, patres conscripti, mortalem esse hominum officia fungi satisque habere, si locum principem impleam, et vos testor et meminisse posteros volo." (Tac. ann. IV 38)
Re: Ein Fall ausgleichender Gerechtigkeit?
filix schrieb am 18.09.2019 um 19:27 Uhr (Zitieren)
Pessoas Verständnis riecht natürlich nach nietzscheanischer Typologie und trifft wohl kaum das antike Selbstverständnis (das allerdings erst einmal auf Kalkül hin zu befragen wäre). Worauf ich hinaus wollte, ist diese eigentümliche Verquickung von Aberglauben und der Art des Spiels, das keine institutionalisierte Form, den Willen der Götter zu erkunden, darstellt. Das Ergebnis ist kein Orakelspruch, keine Opferschau, geht nicht aus einer Deutung von Konstellationen hervor, seine kindische Magie kontrastiert aber auffällig mit der Höhe des Einsatzes. Dafür scheint es allerdings wenig Beispiele zu geben.
 
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