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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Dionysios I. und Philoxenos (495 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 08.05.2020 um 23:17 Uhr (Zitieren)
Die Anekdote war hier schon zweimal (2009, 2011) ein Thema, aber sie gefällt mir immer wieder. Ich stelle sie jetzt vollständiger und in deutscher Übersetzung - die entscheidenden Stellen aucu auf Griechisch - vor:
In Sizilien genoß Dionysios, der Tyrann von Syrakus, nunmehr der Kriege gegen Karthago ledig, ausgiebig Frieden und Muße. Deshalb widmete er sich mit Eifer der Abfassung von Dichtungen und lud die auf diesem Gebiet hervorragenden Persönlichkeiten an seinen Hof; er begünstigte sie, pflegte regen Umgang mit ihnen, bediente sich ihrer als Aufseher und Korrektoren seiner Werke. Emporgehoben von den Schmeicheleien dieser Männer, die ihm so seine Wohltaten vergalten, fühlte er sich viel stolzer auf seine poetischen Schöpfungen als auf seine kriegerischen Erfolge.

Unter den Dichtern seiner Umgebung befand sich Philoxenos, ein Verfasser von Dithyramben, dessen eigene Werke höchstes Ansehen genossen. Als beim Symposion die elenden Schöpfungen des Tyrannen vorgetragen wurden, bat man jenen um eine Bewertung der Poesie des Herrschers, worauf Philoxenos eine recht freimütige Antwort gab. Die Äußerung kränkte den Tyrannen, der ihn tadelte, aus bloßem Neid derart ungünstig geurteilt zu haben, und den Dienern befahl, Philoxenos auf der Stelle in die Steinbrüche zu verbringen.

Als indes am folgenden Tag die Freunde des Dichters Dionysios baten, Gnade walten zu lassen, versöhnte er sich mit Philoxenos und lud die nämlichen Teilnehmer wieder zum Symposion. Dionysios wollte im Fortgang des Trinkgelages erneut mit seinen eigenen Dichtungen prunken und rezitierte einige Strophen, die ihm besonders geglückt schienen. Als er aber Philoxenos fragte: „Was hältst du nun von diesen Versen?“, blieb jener nur stumm und rief dann nach den Dienern des Dionysios, mit der Bitte, ihn augenblicklich in die Steinbrüche abzuführen. [καὶ ἐπερωτῶντος Ποῖά τινά σοι φαίνεται ὑπάρχειν; ἄλλο μὲν οὐδὲν εῖπε, τοὺς δ‘ ὑπηρέτας τοῦ Διονυσίου προσκαλεσάμενος ἐκέλευσεν αὑτὸν ἀπαγαγεῖν εἰς τὰς λατομίας.]

Damals mußte Dionysios über die gewitzte Äußerung schmunzeln und nahm die freimütige Sprache hin, da ja das allgemeine Gelächter dem Tadel seine Schärfe nahm. Doch als bald darauf seine Bekannten wie auch Dionysios den Philoxenos ersuchten, den unpassenden Freimut zu zügeln, unterbreitete er das sonderbare Angebot, die Wahrheit gelten zu lassen und sich zugleich das Wohlwollen des Dionysios [καὶ τὴν ἀλήθειαν καὶ τὴν εὐδόκησιν τοῦ Διονυσίου] erhalten zu können – und dieses Wort löste er ein.

Als nämlich der Tyrann einige Zeilen traurigen Inhalts vortrug und den Philoxenos fragte: „Wie berühren dich wohl die Verse?“, da erwiderte dieser: „Beklagenswert [Οἰκτρά]!“, womit er durch ein zweideutiges Wort sein doppeltes Versprechen hielt; mochte doch Dionysios beklagenswert in der Bedeutung bewegend und tiefergreifend [ἐλεεινὰ καὶ συμπαθείας πλήρη] verstehen, was erstrebte Wirkungen guter Dichter wären, und so in Philoxenos‘ Wort ein Lob sehen. Den anderen Anwesenden freilich, die den wahren Sinn des Ausdrucks erkannten, war beklagenswert hier einzig und allein die klägliche Art [ἀποτεύγματος φύσιν] der Verse.

(Diodorus Siculus: Bibliotheké XV 6)
Re: Dionysios I. und Philoxenos
Γραικύλος schrieb am 10.05.2020 um 18:36 Uhr (Zitieren)
aucu --> auch
 
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