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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein polytheistischer Vertrag (441 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 26.05.2020 um 23:12 Uhr (Zitieren)
Heute schließt man Verträge ja eher ohne einen Bezug auf Gott oder, falls doch, eben mit der Anrufung des einen Gottes. Das ist rasch getan.

Wieviel komplizierter dies in der Antike war, zeigt der Einleitungspassus des folgenden Vertrages:

Um einen Verbündeten im Krieg mit Rom zu gewinnen, schließt Hannibal 215 v.u.Z. einen Vertrag mit dem Antigoniden Philipp V. von Makedonien (reg. 221–179 v.u.Z.).
Dies ist der Eid, den der Feldherr Hannibal, Mago, Myrkan, Barmokar und alle Mitglieder des Rats von Karthago, die mit ihm im Feld standen, gegenüber Xenophanes, Sohn des Kleomachos aus Athen, den König Philipp, der Sohn des Demetrios, als seinen, der Makedonen und ihrer Bundesgenossen Bevollmächtigten zu uns geschickt und abgelegt haben.
Vor Zeus, Hera und Apollo, vor dem Genius von Karthago [ἐναντίον δαίμονος Καρχηδονίων], Herakles und Iolaos, vor Ares, Triton und Poseidon, vor den Göttern, die auf unserem Feldzug mit uns sind, und Sonne, Mond und Erde, vor den Flüssen, Häfen und Wassern, vor allen Göttern, die über Karthago gebieten, vor allen Göttern, die über Makedonien und das übrige Griechenland gebieten, vor den Göttern, die uns auf unserem Feldzug begleiten, so viele über diesem Eid wachen: [Es folgt der Vertrag.]

(Polybios VII 9)
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 27.05.2020 um 00:16 Uhr (Zitieren)
zu uns geschickt und abgelegt haben --> zu uns geschickt hat, abgelegt haben
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 27.05.2020 um 16:04 Uhr (Zitieren)
In dem Vertragstext erkennen Philologen etliche 'Punizismen', d.h. Versuche, karthagische Begriffe griechisch wiederzugeben.
Das hat seinen eigenen Reiz.

Man kann das bei Polybios an der angegebenen Stelle nachlesen.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 27.05.2020 um 16:35 Uhr (Zitieren)
Darf ich anmerken, daß nicht der Vertrag als solcher polytheistisch ist/war, sondern nur die Eidesformel. Und diese diente dazu, den Bestand des Vertrages zu garantieren (die Vertragspartner versichern sich gegenseitig ihrer Bereitschaft, sich für den Fall des Eid-/Vertragsbruches der göttlichen Rache auszusetzen: "es tue mir dieser oder jener dies oder das, wenn ich (nicht) ... tue").
Darin (nicht zuletzt in der Formulierung 'vor Gott X') ist der uralte Kern des Eides, nämlich die bedingte Selbstverfluchung, immer noch erkennbar. Ein solcher Fluch hat die Verstoßung aus dem Stammes- oder Familienverband zur Folge - gerade in semitischen Kulturen/Völkern eine lebensbedrohliche Konsequenz.

Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 27.05.2020 um 16:55 Uhr (Zitieren)
So habe ich es gemeint, und deshalb habe ich auch nur die Eidesformel wiedergegeben.
"Ein Vertrag unter Polytheisten" hätte ich auch schreiben können.
Der Sinn der Formel ist eh klar.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 28.05.2020 um 15:26 Uhr (Zitieren)
Dieser Vertrag enthält übrigens keine Selbstverfluchungsklausel, was für seine Interpretation von Bedeutung ist.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 30.05.2020 um 16:19 Uhr (Zitieren)
Deswegen hatte ich auf die Formel 'vor Gott xy' hingewiesen, an der der (wenn man so will, atavistische) Kern der Beeidung (auch ohne eine explizite Selbstverfluchung) durchschimmert.
 
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