Γραικύλος schrieb am 26.05.2020 um 23:12 Uhr (Zitieren)
Heute schließt man Verträge ja eher ohne einen Bezug auf Gott oder, falls doch, eben mit der Anrufung des einen Gottes. Das ist rasch getan.
Wieviel komplizierter dies in der Antike war, zeigt der Einleitungspassus des folgenden Vertrages:
Um einen Verbündeten im Krieg mit Rom zu gewinnen, schließt Hannibal 215 v.u.Z. einen Vertrag mit dem Antigoniden Philipp V. von Makedonien (reg. 221–179 v.u.Z.).
(Polybios VII 9)
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 27.05.2020 um 00:16 Uhr (Zitieren)
zu uns geschickt und abgelegt haben --> zu uns geschickt hat, abgelegt haben
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 27.05.2020 um 16:04 Uhr (Zitieren)
In dem Vertragstext erkennen Philologen etliche 'Punizismen', d.h. Versuche, karthagische Begriffe griechisch wiederzugeben.
Das hat seinen eigenen Reiz.
Man kann das bei Polybios an der angegebenen Stelle nachlesen.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 27.05.2020 um 16:35 Uhr (Zitieren)
Darf ich anmerken, daß nicht der Vertrag als solcher polytheistisch ist/war, sondern nur die Eidesformel. Und diese diente dazu, den Bestand des Vertrages zu garantieren (die Vertragspartner versichern sich gegenseitig ihrer Bereitschaft, sich für den Fall des Eid-/Vertragsbruches der göttlichen Rache auszusetzen: "es tue mir dieser oder jener dies oder das, wenn ich (nicht) ... tue").
Darin (nicht zuletzt in der Formulierung 'vor Gott X') ist der uralte Kern des Eides, nämlich die bedingte Selbstverfluchung, immer noch erkennbar. Ein solcher Fluch hat die Verstoßung aus dem Stammes- oder Familienverband zur Folge - gerade in semitischen Kulturen/Völkern eine lebensbedrohliche Konsequenz.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 27.05.2020 um 16:55 Uhr (Zitieren)
So habe ich es gemeint, und deshalb habe ich auch nur die Eidesformel wiedergegeben.
"Ein Vertrag unter Polytheisten" hätte ich auch schreiben können.
Der Sinn der Formel ist eh klar.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
Γραικύλος schrieb am 28.05.2020 um 15:26 Uhr (Zitieren)
Dieser Vertrag enthält übrigens keine Selbstverfluchungsklausel, was für seine Interpretation von Bedeutung ist.
Re: Ein polytheistischer Vertrag
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 30.05.2020 um 16:19 Uhr (Zitieren)
Deswegen hatte ich auf die Formel 'vor Gott xy' hingewiesen, an der der (wenn man so will, atavistische) Kern der Beeidung (auch ohne eine explizite Selbstverfluchung) durchschimmert.