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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig (759 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 06.06.2020 um 11:42 Uhr (Zitieren)
"Männern gleichwertig", so nennt Homer ... nein, nicht die Frauen, sondern eine bestimmte Sorte von Frauen: die Amazonen.
(Priamos erzählt:)
Einstens kam ich sogar in Phrygiens Rebengefilde,
Wo ich rossetummelnde Phryger in Massen erblickte,
Otreus’ Volk und das Heer des götterähnlichen Mygdon,
Die sich am Ufer des Flusses Sangarios damals gelagert;
Wurde doch ich als Bundesgenosse zu ihnen gerechnet
Jenes Tags, da mit männlicher Kraft Amazonen sich nahten [ἦλθον Ἀμαζόνες ἀντιάνειραι].
Doch so zahlreich waren sie nicht wie die stolzen Achaier!

(Ilias III 185-190)

Selbst in der frühen Zeit, da die Ilias entstanden ist, war der Amazonen-Mythos schon so geläufig, daß Homer sie nur kurz erwähnt, ohne seinen Zuhörern erläutern zu müssen, worum es sich handelte.

Ich möchte wohl wissen, wie alt dieser Mythos ist und was ihn derart populär gemacht hat.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Andreas schrieb am 06.06.2020 um 12:46 Uhr (Zitieren)
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 06.06.2020 um 13:02 Uhr (Zitieren)
Erstmals bei Homer erwähnt, ja. Schließt man daraus, daß die von ihm geschilderten Ereignisse auf die Bronzezeit verweisen, daß auch der Amazonen-Mythos damals schon existiert haben muß?
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Platon schrieb am 06.06.2020 um 13:58 Uhr (Zitieren)
"Mannweiber" gab und gibt es vermutlich in vielen/allen?
Kulturen.
Vlt. hat das in dem Mythos seinen Niederschlag
gefunden.
Hat nicht jeder Mythos irgendwo seinen Sitz
im Leben und geht er nicht auf Erfahrungen
zurück, die dann in Geschichten dramatisch "aufgearbeitet" wurden?
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 06.06.2020 um 20:06 Uhr (Zitieren)
Empfehlenswert zum Thema: Der Münchner Katalog zur Ausstellung "Starke Frauen" der Staatlichen Antikensammlung München o.J.
Darin sind viel schöne Amazonen abgebildet und viele gute Aufsätze abgedruckt.
Die Heldenjungfrau ist ein Topos vieler Sagenkreise, so die nordische Brünhild oder die russische Natascha aus den Bylinen. Die Ärmsten haben meist gemeinsam, dass sie ihre Kraft einbüßen, wenn sie durch fiese Tricks überwältigt werden und ihre Jungfrauschaft verlieren. Das verweist als "Sitz im Leben" aber auch auf Männnerängste und Männerphantasien.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 06.06.2020 um 20:30 Uhr (Zitieren)
Natascha corrr: Nastasja
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 10.06.2020 um 17:58 Uhr (Zitieren)
Das Gegenstück sind dann wohl Samson und Delia.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 11.06.2020 um 17:43 Uhr (Zitieren)
Wenn man die dem Haar innewohnende Symbolik von Identität unterstellt, ja.
Andererseits sind die Geschichten sich auch wieder nicht so ähnlich. In der russischen Byline, die von Nastasja handelt, kann ihr Gegner Il´ja Muromec sie auch im dritten Giganten-Wettstreit (Bogenschießen) nicht besiegen, worauf er sie von hinten erschießen muss, um die Ehre zu wahren (so weit ich mich an die Handlung erinnere).
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 11.06.2020 um 17:46 Uhr (Zitieren)
Die englische Wikipedia bietet interessante Listen von "Woman warriors" weltweit, auch in Mythos und Sage.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 11.06.2020 um 18:43 Uhr (Zitieren)
Können wir eigentlich davon ausgehen, daß der offenbar weit verbreitete Mythos kriegerischer, zum Teil ohne Männer lebender Frauen ein männliches Konstrukt ist?
Das wäre ja für seine Deutung von großer Wichtigkeit.

Über Athen, Theseus und Hippolyte habe ich einmal gelesen, daß die attischen Männer diesen Mythos propagiert hätten, um ihren Frauen klarzumachen, daß sie sogar mit den Amazonen fertiggeworden seien und daß umso mehr die Athenerinnen sich hüten sollten, ihre Nase zu hoch zu erheben.
Da wird der Mythos von den kriegerischen Frauen zum Teil einer Herrschaftsideologie.
Gelesen bei:
Lars Börner: Als die „männergleichen“ Amazonen kamen; in: Amazonen – Geheimnisvolle Kriegerinnen. Begleitbuch zur Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz Speyer 2010. München 2010, S. 17-22


Ich bin mir jedoch gar nicht sicher, ob man das auf alle derartigen Mythen übertragen kann.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 14.06.2020 um 12:50 Uhr (Zitieren)
Das mit dem männlichen Konstrukt siehe ich auch so. Die "Amazonen" als bedrohliche Frauen, aber räumlich und zeitlich weitweitweg halte ich auch für eine Ausgeburt einer stockpatriarchalischen Männergesellschaft. So eine Erzählung kann zum Beispiel rechtfertigen, die Ansätze zur Frauenemanzipation brutal abzuwehren. Frauen außer Kontrolle? Niemals!

Das ändert aber nichts daran, dass Frauen trotz aller Hindernisse militärisch tätig wurden, so die berühmte Frauenarmee des Sultans von Dahomey, so die "Nachthexen", die gefürchtete Fliegerinneneinheit der Sovjetarmee im 2. Weltkrieg. Unlängst hat man den Inhaber eine prominenten Wikingergrabes als - horrribile dictu! - Frau identifiziert. (Über die Wikinger-Kriegerinnen gibt es einen Wiki-Artikel.) Da war immer mehr möglich,als man gerne wahrnahm.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 14.06.2020 um 13:35 Uhr (Zitieren)
Bemerkenswerterweise hat sogar die nationalsozistische Ära, die ja nicht für ein progressives Frauenbeild bekannt ist, zwei solcher kriegerischen Frauen hervorgebracht, beide sogar - hierin der von Dir erwähnten sowjetischen Einheit ähnlich - an hochmodernen Waffen: Hanna Reitsch und Beate Uhse.
Letztere allerdings wohl eher ein trojanisches Pferd in der Frauenbewegung. Später, zur Zeit ihres Konzerns, hat sie auf die Frage, wie sie als Frau usw., kühl geantwortet: "Der Wurm muß dem Fisch schmecken, nicht dem Angler."
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 14.06.2020 um 13:35 Uhr (Zitieren)
nationalsozistische --> nationalsozialistische
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 14.06.2020 um 13:36 Uhr (Zitieren)
Frauenbeild --> Frauenbild
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 14.06.2020 um 14:30 Uhr (Zitieren)
Nicht zu vergessen die vielen tausend kurdischen Kämpferinen von Rojava. Ihr Einsatz auch für die Gleichberechtigung dürfte aber letzten Endes vergebens sein.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 14.06.2020 um 15:25 Uhr (Zitieren)
Ja, das ist sogar ein aktuelles Beispiel.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Γραικύλος schrieb am 14.06.2020 um 15:54 Uhr (Zitieren)
Mir fällt noch ein interessanter Aspekt ein:
Bekanntlich lautet der - ausgesetzte, aber nicht abgeschaffte - Artikel 12a des Grundgesetzes:
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.

Was für Männer eine Pflicht ist, ist für Frauen ein Recht.
Das dies im Konflikt mit Art. 3 GG steht, hat sich das BVerfG damit befaßt und den Unterschied mit folgenden beiden Argumenten gerechtfertigt:
1. Die 'Dienstleistung' von Frauen für die Gemeinschaft besteht im Gebären von Kindern, was Männern biologisch bedingt nicht zugänglich ist.
2. Würden Frauen zum Wehrdienst verpflichtet, dann könnte es im Kriegsfalle geschehen, daß auf Schwangere geschossen würde.

Das sind bedenkliche, fragwürdige Argumente, wie ich meine, zumal es keine Pflicht gibt, Kinder zu gebären, und viele Frauen aus eigener Entscheidung davon Abstand nehmen.
Re: ἀντιάνειραι - Männern gleichwertig
Marcella schrieb am 02.04.2021 um 00:01 Uhr (Zitieren)
 
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