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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Das Intoleranzedikt des Theodosius (606 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 05.07.2020 um 14:55 Uhr (Zitieren)
Erlaß der Kaiser
Gratianus, Valentinianus und Theodosius
380 n. Chr.


Alle Völker, über die wir ein mildes, gnädiges Regiment führen, sollen, das ist unser Wille, in der Religion leben, die der göttliche Apostel Paulus den Römern überliefert hat [...] und der, wie wir sehen, auch Bischof Damasus sich an-schließt sowie Petrus, der Bischof von Alexandria, ein Mann von apostolischer Heiligkeit; wir meinen damit, daß wir nach der apostolischen Ordnung und der evangelischen Lehre eine Gottheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes in gleicher Majestät und gütiger Dreieinigkeit im Glauben annehmen. Wer dieses Gesetz befolgt, der soll den Namen eines katholischen [allgemeinen ] Christen führen; die anderen aber, die wir für töricht und wahnsinnig erklären, sollen die Schmach ketzerischer Lehre tragen. Ihre Versammlungshäuser dürfen nicht Kirchen genannt werden; sie selber aber unterliegen zuerst der göttlichen Strafe, dann aber auch der, die wir nach dem Willen Gottes zu verhängen uns entschließen.

(Geschichte in Quellen; Band 1: Altertum. Herausgegeben von Walter Arend. München ³1978, S. 764)
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Marcella schrieb am 05.07.2020 um 16:09 Uhr (Zitieren)
Im Zuge dieses neuen Geistes ist sicher auch die unselige Erfindung der Ketzerverbrennung zu sehne, erstmals unter Bischof Felix in Trier praktiziert. (Trier rühmt sich dessen nicht.)

Überhaupt die weltgeschichtlich neue Kreation der Häresie - als Gegenstück zur "törichten" und "wahnsinnigen " Idee des wahren Glaubens.
Und willst du nicht katholisch sein...Gepriesen sei mir der Synkretismus!
Wichtig ist bei solchen gruseligen Erlassen: Es geht in Wahrheit um die Macht, die nach ihrem Selbstverständnis eine einzige herrschende Religion benötigt.
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Γραικύλος schrieb am 06.07.2020 um 13:28 Uhr (Zitieren)
Das stimmt, die Unterscheidung zwischen Ortho- und Heterodoxie (Häresie) ist ein Ausfluß des Monotheismus bzw. des 1. Gebotes im Dekalog.
Schon Jan Assmann hat die These aufgestellt, daß der Monotheismus tendenziell gewalttätiger sei als der Polytheismus, der keine falschen, sondern nur andere Götter kennt.

Der Gedanke, daß dem einzigen, absolut herrschenden Gott auf Erden der einzige absolut herrschende Kaiser entspreche, ist schon in der Spätantike vertreten worden.
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Marcella schrieb am 06.07.2020 um 14:34 Uhr (Zitieren)
https://de.wikipedia.org/wiki/Dreikaiseredikt

Die Christenverfolgungen durch die Christen - die katholische Reichskirche - waren umfassender und gnadenloser als die durch Heiden. Es ging schließlich um Vereinheitlichung und Unterordnung. Ca. 200 gnostische Sekten konnte man nicht brauchen.

Wie wichtig diese Idee des einen Glaubens schon Konstantin war, sieht man an dem nicht unblutigen Prozess der Herstellung des Nicäanischen Glaubensbekenntnisses.
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Marcella schrieb am 06.07.2020 um 14:43 Uhr (Zitieren)
Gang schön hartnäckig, diese Heiden:
Gregor (der Große) im Jahr 599, um die Heiden Sardiniens zum Übertritt zum Christentum zu zwingen:

„Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt. Sind sie unfrei, so züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen. Sind sie aber freie Menschen, so sollen sie durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die heilsamen Worte zu hören, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual der erwünschten geistigen Gesundheit zugeführt werden.“[5]
(Im Wiki-Artikel zitert)

Ähnlich erbaulich äußert sich schon der hl. Augustinus im Alter, der für den Einsatz der Geißel plädiert: Auch wenn erst nur der Mund unter Schmerzen die Wahrheit bekenne, die Seele werde folgen.


Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Γραικύλος schrieb am 06.07.2020 um 15:05 Uhr (Zitieren)
Das erinnert mich an Martin Luthers Konzept der "scharfen Barmherzigkeit". Ist ja nur zum Besten, zu ihrem Seelenheil.
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Marcella schrieb am 06.07.2020 um 16:46 Uhr (Zitieren)
Wie zahnlos ist dagegen Papst Benedikts dringliches Abraten von der "selbstgebastelten Religion". Solo parole...
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Γραικύλος schrieb am 06.07.2020 um 17:22 Uhr (Zitieren)
Wenn den Kirchen das, was Schopenhauer (W II 181) die "ultima ratio thelogorum" nennt - der Scheiterhaufen -, genommen ist, dann müssen sie sanfter werden. Und die Skeptiker dürfen vernehmlicher sprechen, als es z.B. Spinoza noch tat, dem Schopenhauer zugute hält:
Giordano Bruno's und Vanini's Scheiterhaufen waren noch in frischem Andenken: auch Diese nämlich waren jenem Gotte geopfert worden, für dessen Ehre, ohne allen Vergleich, mehr Menschenopfer geblutet haben, als auf den Altären aller heidnischen Götter beider Hemisphären zusammengenommen.

(W II 399)
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Marcella schrieb am 07.07.2020 um 10:05 Uhr (Zitieren)
"Opfer fallen hier,
weder Lamm noch Stier,
aber Menschenopfer unerhört", hört man in Goethes "Braut von Korinth" über das Christentum.

"Scharfe Barmherzigkeit" - ein sehr merkbares Oxymoron, gekoppelt mit einer eindringlichen Metapher. Dieser Luther war schon ein Sprachgenie.
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Gast schrieb am 07.07.2020 um 15:31 Uhr (Zitieren)
"Das Christentum ist die mörderischste Religion, die es je gegeben hat".
(in Hans Küng, Ewiges Leben, 1982)

PS:
Ohne das griechisch-heidnische Denken
sähe die christliche Dogmatik ziemlich alt aus.
Theologisch ist die Kirche den griechischen
Weg gegangen, nicht den hebräischen.
Manche sagen, das sei ihr erster Sündenfall
gewesen. Denn ihr Urheber dachte hebräisch,
nicht griechisch.
Oder dachte Jesus als Mensch hebräisch,
als zweite göttliche Person indes griechisch?
Re: Das Intoleranzedikt des Theodosius
Marcella schrieb am 26.07.2020 um 17:33 Uhr (Zitieren)
Ein Augenzeuge, Libanios, berichtet ca. 380 n. Chr. über eifrige christliche Abbrucharbeiten:


Die Christen aber, so fährt Libanius fort, vor allem ihre Mönche, die Libanius als schwarzgekleidetes Volk bezeichnet (οἱ δὲ μελανειμονοῦντες οὗτοι), richten ihre Gewalt gegen Bauten, sie attackieren die Tempel mit Stöcken, Steinen und Eisenstangen, in manchen Fällen mit bloßen Händen und Füßen. Es folge die komplette Zerstörung, die Dächer werden abgedeckt, die Mauern niedergerissen, die Statuen davongetragen und die Altäre gestürzt. Nachdem sie einen Tempel zerstört haben, eilen sie zum nächsten und immer weiter – Beute werde auf Beute getürmt, doch all dies geschehe gegen das Gesetz. Die Tempel waren die Augen der Städte (πόλεων δὲ ὀφθαλμοί) und die Seele des ländlichen Raums (ψυχὴ γάρ τοῖς ἀγροῖς).Der Tempelkult sei überdies von größter Wichtigkeit für die politische Vor-herrschaft des Römischen Reiches gewesen usw.

Zitiert nach
https://books.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum/catalog/book/188
Seite 30
 
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