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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Sokrates zum Nachdenken (564 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 27.01.2021 um 23:31 Uhr (Zitieren)
Ἀλλὰ γὰρ ἤδη ὥρα ἀπιέναι, ἐμοὶ μὲν ἀποθανομένῳ, ὑμῖν δὲ βιωσομένοις. Ὁπότεροι δὲ ἡμῶν ἔρχονται ἐπὶ ἄμεινον πρᾶγμα, ἄδηλον παντὶ πλὴν εἰ τῷ θεῷ.

Jedoch ist es nun Zeit, daß wir gehen, ich, um zu sterben, und ihr, um zu leben. Wer aber von uns beiden zu dem besseren Geschäft hingehe, das ist allen verborgen außer nur Gott.

Dies sind die letzten Worte des Sokrates in der "Apologie" Platons.
Das ist ja auch klar, geradezu logisch - und selbst wenn man die Existenz Gottes ausschließt, braucht man nur das πλὴν εἰ τῷ θεῷ wegzulassen.

Die Moderne hat dem noch einen - wie ich meine, ebenso logischen - Gedanken hinzugefügt: Wenn wir nicht wissen, wie es ist, tot zu sein, dann können wir auch nicht wissen, ob wir nicht schon tot sind; wir haben keinen Vergleich, um diese Möglichkeit auszuschließen.

Daraus hat Philip K. Dick einen lesenswerten und beunruhigenden Roman gemacht: UBIK.
Er handelt von einem Mann, der tot ist, ohne das zu wissen.
Re: Sokrates zum Nachdenken
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 29.01.2021 um 09:57 Uhr (Zitieren)
Diesen Gedanken halte ich für wenig logisch: Folgte man ihm, würde jede Frau ihre Leibesfrucht in die Welt hineinsterben, und das Todesende wäre der Übergang zum Zustand tot-tot / hypertot. Seltsam auch, daß auch bei Tieren (wenn auch nicht alle, aber) dieselben physischen Erscheinungen für ihre Totenzeit auf Erden zu beobachten sind wie beim Menschen, jeder Sperling schlüpfte also in den Tod, bis er tot-tot "auf die Erde" fiele.
Vor allem: was wäre mit dieser Ebenenverschiebung gewonnen?

Und da war da noch ein Herr Descartes, der (aus dem Gedächtnis zitiert) die "Einflüsterungen des bösen Dämons", er befände sich "träumend, wo er vermeinte zu wachen", entkräftet durch die (mittlerweile wohlbekannte) "erste Gewißheit". Diese erscheint mir auch den Zweifel, ob wir nicht unser Lebenlang schon tot sind, ohne es zu wissen, beheben zu können.

Re: Sokrates zum Nachdenken
Γραικύλος schrieb am 29.01.2021 um 12:50 Uhr (Zitieren)
Die cartesische Selbst-Gewißheit des "Ich denke" schließt nicht aus, daß ich nur träume, daß ich keinen Leib habe, daß Gott mich in allem täuscht, daß meine empirische Annahme "Ich bin Wolfgang Weimer" ein Irrtum ist ... und ich sehe auch nicht, daß sie ausschlösse, daß ich schon tot bin - unter der Voraussetzung, daß Totsein nicht Nicht-Existenz bedeutet, sondern da wir nicht wissen, wie es ist, tot zu sein.
Diese Selbst-Gewißheit schließt lediglich aus, daß es mich (in welcher Weise auch immer) gar nicht gibt.

Wenn ich bereits tot sein sollte, müßte ich natürlich einige wohlbekannte Phänomene ganz anders deuten. Darum geht es in PKD's Roman.
Re: Sokrates zum Nachdenken
filix schrieb am 29.01.2021 um 13:43 Uhr (Zitieren)
Wenn wir nicht wissen, wie es ist, tot zu sein, dann können wir auch nicht wissen, ob wir nicht schon tot sind; wir haben keinen Vergleich, um diese Möglichkeit auszuschließen.


In der Argumentation steckt eine Paradoxie: In der Behauptung du wüsstest nicht, wie es sei, tot zu sein, beanspruchst du ja gerade, nicht tot zu sein. Die daraus gefolgerte Unmöglichkeit, wissen zu können, ob die Differenz besteht, hat ihr Bestehen zur Voraussetzung.
Re: Sokrates zum Nachdenken
Γραικύλος schrieb am 29.01.2021 um 16:53 Uhr (Zitieren)
In der Behauptung du wüsstest nicht, wie es sei, tot zu sein, beanspruchst du ja gerade, nicht tot zu sein.

Nein. Wie kommst Du darauf?
Natürlich weiß ich, wie es ist, jetzt zu sein; aber keineswegs weiß ich, was ich jetzt bin: lebendig oder tot.
Die Differenz zwischen Leben und Tod mag in der Frage vorausgesetzt sein, aber nicht das Wissen, auf welcher Seite ich mich befinde.
Re: Sokrates zum Nachdenken
Γραικύλος schrieb am 29.01.2021 um 17:02 Uhr (Zitieren)
"Was zwingt mich, der ich beides nicht erkenne,
daß ich jenes Tod und dieses Leben nenne?"

(fällt mir gerade ein)
Re: Sokrates zum Nachdenken
Γραικύλος schrieb am 29.01.2021 um 17:30 Uhr (Zitieren)
Ich habe aus dem Gedächtnis zitiert und wurde korrigiert:
"... Daß ich Dich Tod und jenes Leben nenne?"
(Hugo von Hofmannsthal: Der Tor und der Tod)
Re: Sokrates zum Nachdenken
filix schrieb am 29.01.2021 um 21:19 Uhr (Zitieren)
In der Argumentation steigt die kognitive Impermeabilität, also nicht wissen zu können, wie es ist, x zu sein, zur Unterscheidungsoperation einer binär oppositionellen Differenz x/y in der Spannung von Wissen und Sein auf. Wer behauptet, er wisse nicht, wie es sei, x zu sein, ist es nicht, andernfalls er ja wüsste, wie es ist, folglich ist er nicht-x gleich y. „Wenn wir nicht wissen, wie es ist, tot (wie x nun heißen soll) zu sein“, um die Bedingung zu zitieren, heißt, ist sie erfüllt, aber, dass wir es nicht sind, sonst wüssten wir ja, wie es ist, es zu sein, was in Widerspruch zur Folge „dann können wir auch nicht wissen, ob wir nicht schon tot sind“ gerät. Ein Angriff auf die Bedingung aus der Folge erzeugt dann eine Paradoxie.
Re: Sokrates zum Nachdenken
Γραικύλος schrieb am 31.01.2021 um 16:40 Uhr (Zitieren)
 
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