Bob Dylan über das Glück und ein Griechischwörterbuch (452 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 10.06.2021 um 18:29 Uhr (Zitieren)
In einem Interview:
[Heinrich Detering (Hrsg.): Bob Dylan - Ich bin nur ich selbst, wer immer das ist. Gespräche aus sechzig Jahren. Zürich 2021, S. 258 f.]
Was sagt das Griechischwörterbuch?
ἦθος: Wohnung, Wohnort; Sitte Gebrauch, Einrichtung, Herkommen; die Art zu handeln, zu reden und sich zu benehmen; Charakter, Gesinnung, sittliche Beschaffenheit, das innere Wesen
Ein sehr vielschichtiges Wort und keineswegs gleichbedeutend mit dem, was man heute unter "Ethik/ethisch" versteht, wo es fast so wie "Moral/moralisch" gebraucht wird.
Vor allem ist es eher deskriptiv als präskriptiv/normativ. Auch ein sehr unmoralischer Mensch hat ein bestimmtes ἦθος (Verhaltensmuster).
Oder sehe ich das falsch?
Re: Bob Dylan über das Glück und ein Griechischwörterbuch
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 10.06.2021 um 20:04 Uhr (Zitieren)
Witzigerweise ist im Englischen das Element des 'Etihschen' (im Sinne von sittlich gutem, verantwortetem, also moralischen Handeln) nicht immer so prominent:
Beachtenswert scheint mir auch, daß in der Definition, die Du heranziehst (woher?), auch nur die Rede von 'sittlicher Beschaffenheit' ist, das sittliche Handeln steht offenbar eher am Rande (taucht nur in "Art zu handeln etc." auf.
Es sieht tatsächlich so aus, als habe still und leise im Dt. eine Verschiebung, eher Verengung auf das Moralische, moralisch Gute stattgefunden.
Interessanter Hinweis, aber gleichzeitig drängt sich der Verdacht auf, auch in Dylans Ansicht sei 'ethisch' als 'moralisch gut' zu verstehen.
Re: Bob Dylan über das Glück und ein Griechischwörterbuch
Γραικύλος schrieb am 11.06.2021 um 14:11 Uhr (Zitieren)
In der Regel greife ich als erstes zum Passow - so auch in diesem Falle.
Diese Verschiebung zum positiv Bewerteten stelle ich auch bei qualitas --> Qualität fest. Hin zum Negativen hingegen: Kritik.