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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Theodor Mommsen über Augustus #2 (300 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 19.09.2021 um 14:46 Uhr (Zitieren)
Fortsetzung der Vorlesungsmitschrift WS 1872/73 von Ludwig Schemann:
Natürlich besaß dabei Augustus ein sehr strenges monarchisches Selbstgefühl. Er ließ sich von diesen Männern, die an sich seine Freunde waren, nichts bieten, und auch Livia wurde nur unter der Bedingung absoluter Diskretion zu seinen vertrauten Angelegenheiten zugezogen.

Vom Diktator Caesar kann man sagen: wenn irgend jemand in jener Zeit überhaupt herrschen mußte, so war er es. Von Augustus gilt dies durchaus nicht. Er war nicht etwa unter seiner Umgebung derjenige, welcher zum Herrschen am meisten berufen gewesen wäre. Gewiß war auch er der geborene Herrscher: aber wenn er nicht Neffe, später Adoptivsohn Caesars gewesen wäre, nicht seinen Namen und die daran hängende Tradition übernommen hätte, so hätte er es schwerlich zur Monarchie gebracht. Sein dynastisches Selbstgefühl war wesentlich ein erbliches.

In seiner militärischen Politik ist er ebenso vorsichtig wie in seiner staatlichen konservativ. Während Caesar an eine Vermehrung des Reiches sehr ernstlich dachte, lang dieser Gedanke dem Augustus fern. Nur die Nordgrenze erweiterte er, weil in der Tat damals Italien keine Nordgrenze hatte, aus Vorsicht. Eroberungen sind unter Augustus nur zufällig, keineswegs aber prinzipiell gemacht worden.

Man hat Augustus Grausamkeit, Zweizüngigkeit, Verstecktheit vorgeworfen. Gewiß finden wir Akte in seinem Leben, die auf solche Eigenschaften hindeuten. Aber diese finden sich bei jedem Herrscher in der Lage des Augustus. Wichtiger ist der Vorwurf einer gewissen Halbheit, die namentlich in militärischer Beziehung hervorgehoben wird. Augustus hat in der Tat in einer für den Staat gefährlichen Weise den Militäretat beschränkt. Die Varusschlacht ist die unmittelbare Folge und gerechte Strafe der schwächlichen Militärpolitik des Augustus.

Augustus hat nicht, wie sein großer Vater, die Monarchie auch formell eingeführt. Er wollte unversöhnliche Dinge zusammenfassen: die alte Republik ernstlich restaurieren und die neue Monarchie ernstlich gründen. Von Hause aus fehlte ihm jede Initiative, schon im Beginne seiner Politik, die zuletzt immer mehr in Greisenhaftigkeit und Quietismus ausartet. Die Ruhe, das Stillstehen in den letzten Jahren des Augustus, nur durch das Gewitter der Varusschlacht unterbrochen, bereitete auf einen Weltenbrand, eine entscheidende Katastrophe vor.

Augustus‘ Werk ist nicht ohne Verwandtschaft mit der Bundesverfassung des Fürsten Metternich. Wenn er auf dem Totenbette das Publikum aufforderte, ihm Beifall zu klatschen für seine 60 Jahre lang gespielte Rolle, so hatte er darin recht: aber es war eben eine Rolle, die er gespielt hatte. Augustus war von Hause aus Kronprinz, und als solcher hat er allerdings seine Pflicht erfüllt.

(Theodor Mommsen: Römische Kaisergeschichte. Nach den Vorlesungs-Mitschriften von Sebastian und Paul Hensel 1882/86. Hrsg. v. Barbara und Alexander Demandt. München 1992, S. 89-91)
Re: Theodor Mommsen über Augustus #2
Γραικύλος schrieb am 20.09.2021 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Im letzten Abschnitt stehen zwei steile Thesen: der Vergleich mit Metternich und der Kronprinz.
 
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