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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
ὁ θεός μου (601 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 20.11.2021 um 15:11 Uhr (Zitieren)
Die letzten Worte Jesu nach Markus (15, 34):
ἐλωὶ ἐλωὶ λαμὰ σαβαχθάνι; ὅ ἐστιν μεθερμηνευόμενον. ὁ θεός μου ὁ θεός μου, εἰς τί ἐγκατέλιπές με;
Re: ὁ θεός μου
Johannes schrieb am 20.11.2021 um 15:40 Uhr (Zitieren)
Die Vulgata übersetzt:

Heloi Heloi lama sabacthani quod est interpretatum Deus meus Deus meus ut quid dereliquisti me

"ut quid" finde ich etwas merkwürdig.

Noch eine Frage:
Bedeutet εἰς τί "wozu/ zu welchem Zweck" oder
"warum/ aus welchem Grund" ?

Das könnte exegetisch von Bedeutung sein.
Re: ὁ θεός μου
Γραικύλος schrieb am 20.11.2021 um 17:34 Uhr (Zitieren)
"wozu", nehme ich an.

Aristotelisch - falls das hier herangezogen werden kann - die causa finalis.
Re: ὁ θεός μου
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 20.11.2021 um 18:14 Uhr (Zitieren)
Ich denke, schon der "Übersetzer" ins Griechische war mit dieser Frage konfrontiert, denn das originale (aram.) lama ist die Fusion der Präposition la/li = für und des Fragewortes ma = was (d. h. auf gut jiddisch fir wos = warum?), wobei das li (über den ursprünglichen "dativischen" Sinn zur Angabe des Empfängers/Nutznießers einer Sache) sowohl final, als auch kausal sein kann.
Die Schwierigkeit ist nicht zu lösen, ließe sich aber elegant umgehen bzw. wiedergeben durch "weswegen".
Re: ὁ θεός μου
Γραικύλος schrieb am 20.11.2021 um 23:12 Uhr (Zitieren)
Wie steht es mit dem folgenden logischen Argument?

Die Ursache des Verlassenseins ist eindeutig, unzweifelhaft und steht nicht in Frage: Gott (hat sich zurückgezogen).
Die Frage kann nur sein: In welcher Absicht, aus welchem Motiv hat er das getan?

"fir wos?" Das gefällt mir tut.
Re: ὁ θεός μου
filix schrieb am 21.11.2021 um 01:55 Uhr (Zitieren)
Auf gut Jiddisch heißt es doch (in der YIVO-Transliteration) “farvos" (פֿאַרוואָס).
Re: ὁ θεός μου
aurora schrieb am 21.11.2021 um 10:03 Uhr (Zitieren)
"wozu", nehme ich an.

Mögliche Antwort Gottes:
Damit ich dich in 3 Tagen von den Toten auferwecken kann und
deine Nachfolger ein lukratives Geschäftmodell etablieren können
unter Verrat bishin zur Pervertierung deiner Lehre
und (geschäftsschädigenden) Intentionen.

Zur Heilbedeutung des Kreuzestodes hier eine
ausführliche Darstellung:
https://books.google.de/books?id=xdNtnHl7LQQC&pg=PA124&lpg=PA124&dq=#v=onepage&q&f=false
Re: ὁ θεός μου
filix schrieb am 21.11.2021 um 11:16 Uhr (Zitieren)
Besagte Interrogativadverbien bzw. interrogative Präpositionalphrasen lösen in an handlungsfähige Subjekte gerichteten Fragen, die Erklärung für ihre Handlungen einfordern, zwei im alltäglichen Verständnis offensichtlich irreduzible Antwortmodelle aus, deren eines auf die Finalität, deren anderes auf Kausalität im Sinne handlungsauslösender Gründe, die vor aller Zielsetzung motivieren, abstellt. Dass schon Aristoteles versucht hat, ein telos in solche am Ende von Begründungsketten stehende Bedürfnisse, Triebe, Zwänge usf. hineinzulesen, tut dem keinen Abbruch.
Obwohl bestimmte Interrogativadverbien bzw. interrogative Präpositionalphrasen das ein oder andere Modell favorisieren, werden in der alltäglichen Kommunikation gewöhnlich beide Typen als Antwort akzeptiert. Es ist daher m.E. nicht notwendig, von der gewöhnlichen Übersetzung durch "warum" abzugehen (mal abgesehen von der Frage, welches sprachliche Register der Zielsprache diesem aramäischen Psalmzitat vom Kreuz herab eigentlich angemessen ist).
Re: ὁ θεός μου
Johannes schrieb am 21.11.2021 um 13:36 Uhr (Zitieren)
"ut quid" finde ich etwas merkwürdig.

Welche Funktion hat "ut" hier?

Ferner:
Zwischen warum und wozu sehe ich hier einen
großen Unterschied.
Warum = Warum hast du das nicht verhindert bzw.
mir nicht geholfen?
Wozu= Was willst du damit bezwecken?
(soteriologischer Aspekt)
Re: ὁ θεός μου
Bukolos schrieb am 21.11.2021 um 15:03 Uhr (Zitieren)
Naja, das ut quid ist wohl eine Parallelbildung zu ἱνατί, wie man es in Mt 27, 46 findet. Aber ich glaube nicht, dass das Psalmenzitat (Ps 22 [21], 2) tatsächlich Grund oder Absicht Gottes erfragen will. Es wirkt auf mich eher wie eine rhetorische Frage, die den Sprechakt einer Klage repräsentiert.

Ein Blick in den Blass-Debrunner-Rehkopf bestätigt filix' Annahmen. Demnach entspricht den Frageeinleitungen εἰς τί oder ἱνατί deutsches Warum?. Von einer Sinnrichtung (kausal oder final) ist dabei nicht die Rede. Man dürfte auch kaum annehmen, dass Jesus den versinkenden Petrus mit ὀλιγόπιστε, εἰς τί ἐδίστασας; (Mt 14, 31) nach seinen Absichten fragt.
Re: ὁ θεός μου
Andreas schrieb am 21.11.2021 um 16:27 Uhr (Zitieren)
Da es sicher keine ipsissima vox Jesu ist, sondern
die ganze Szene eine literarische Fiktion darstellt,
stellt sich eigentlich nur die Frage nach der Intention des Autors.
Der historische Gehalt des NT ist bekanntlich mehr
als dürftig, der historische Jesus nicht wirklich greifbar. (vgl. A. Schweitzer, Die Geschichte der
Leben-Jesu-Forschung).
Re: ὁ θεός μου
Γραικύλος schrieb am 22.11.2021 um 23:44 Uhr (Zitieren)
Da es sicher keine ipsissima vox Jesu ist, sondern
die ganze Szene eine literarische Fiktion darstellt,
stellt sich eigentlich nur die Frage nach der Intention des Autors.

Der Text stellt ja - von Jesus gesagt oder nicht - ein Zitat dar, worauf Bukolos noch einmal hingewiesen hat.
Fragt man nach der Intention des Autors, ist man also nicht auf Jesus angewiesen. Man muß im Kontext des Psalms nachschauen.
Re: ὁ θεός μου
aurora schrieb am 23.11.2021 um 10:17 Uhr (Zitieren)
Einheitsübersetzung (2016):
https://www.bibleserver.com/EU/Psalm22

wikipedia weiß zu dieser offenbar komplexen Stelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Psalm_22

Letzlich muss man sich an Fachexegeten wenden,
um die Szene richtig einordnen zu können.
Dass ein grausam zu Tode Gequälter
noch im letzten Moment die Sinnfrage stellt
oder an Psalmen denkt, ist sehr
unwahrscheinlich.

 
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