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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Die Probleme von Bibliotheken sind alt #1 (371 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 04.08.2022 um 15:38 Uhr (Zitieren)
Der assyrische Herrscher Assurbanipal (669 – ca. 627 v.u.Z.) ist der erste Mensch, von dem der Besitz einer großen Bibliothek bezeugt ist, und zwar auf Tontafeln mit Keilschrift. Diese Tafeln enthalten jeweils ein Kolophon, d.h. einen Abschlußvermerk des Schreibers. Diesen Kolophonen können wir interessante Aspekte zum Funktionieren der Bibliothek entnehmen.
Obwohl die Bibliothek für Assurbanipal bestimmt war, hatten zweifellos auch andere – seine persönlichen Schreiber z.B. – Zugang zu ihr. Nach dem folgenden Kolophon zu urteilen, führte das zu Problemen.

„Tontafel des Assurbanipal, Königs der Welt, Königs von Assyrien, der auf Assur und Ninlil vertraut. Deine Herrschaft ist ohnegleichen, Assur, König der Götter! Den, der [die Tafel] entwendet, seinen Namen an Stelle des meinen setzt, mögen Assur und Ninlil, voller Zorn und Grimm, niederwerfen, seinen Namen auslöschen, seine Saat im Land.“

Mehrere andere Kolophone enthalten ganz ähnliche Drohungen. Offenbar wurde Assurbanipals Bibliothek von dem heimgesucht, was auch heute noch so viele Bibliotheken beklagen: Diebstahl der Bestände. Die Reaktion des Königs bestand, dem damaligen Zeitgeist gemäß, darin, den Zorn Gottes auf die Schuldigen herabzurufen. Doch er tat etwas, das mit der heutigen Auffassung stärker im Einklang steht: Er führte Sicherheitsmaßnahmen ein. Ein Text in der Sammlung weist darauf hin, daß jede Konsultation einer „Tontafel des Königs“ vor den Augen eines königlichen Beamten stattfinden müsse („wer immer das Dokument öffnet, soll es in seiner Gegenwart schließen“).

Assurbanipals Bibliothek, die in den königlichen Palästen untergebracht und daher nur wenigen zugänglich war, hatte es nur mit Diebstahl zu tun. Weniger gut überwachte Sammlungen waren der ganzen Skala von Übeln ausgesetzt, von denen Bibliotheken gemeinhin heimgesucht werden. Darauf weisen die Kolophone etlicher Tafeln hin – Vorzeichentexte, lexigraphische Aufzeichnungen, Rituale und dergleichen -, die in Assur und Uruk gefunden wurden und, grob gesprochen, aus der Regentschaft von Assurbanipals Vater bis hinab ins dritte Jahrhundert v. Chr. stammen. Sie kommen sehr wahrscheinlich aus Sammlungen, die zu Schulen gehörten, die ihren Studenten oder auch Einzelpersonen notgedrungen Zugang gewährten, die vielleicht wiederum anderen, entsprechend qualifizierten Kollegen Zutritt verschafften.

Einige Sammlungen boten das Vorrecht der Ausleihe an, mit der das unvermeidliche Problem der schnellen und geregelten Rückgabe verknüpft war. Ein mit Omen beschriebenes Tontäfelchen aus Uruk ordnet an: „Derjenige, der Anu, Enlil und Ea fürchtet, wird es am selben Tag ins Haus des Besitzers zurückbringen.“ Ein anderes ist weniger streng: „Derjenige, der Anu und Antu fürchtet, wird es am nächsten Tag zum Haus des Besitzers zurückbringen.“ Eine Möglichkeit, das Problem zu vermeiden, war, dafür zu sorgen, daß keine Bestände das Gebäude verließen. So warnt ein Ritualtäfelchen aus Uruk: „Wer Marduk und Sarpanitum fürchtet, wird es nicht aus der Hand geben. Wer es anderen Händen anvertraut, den sollen alle Götter in Babylon verfluchen!“

(Lionel Casson: Bibliotheken in der Antike. Düsseldorf/Zürich 2002, S. 26-29)
 
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