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Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen? — 1652 Aufrufe
Miguel am 7.10.17 um 21:13 Uhr, überarbeitet am 7.10.17 um 21:21 Uhr (
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Guten Abend,
ich habe im Netz einen Lektürewortschatz zu dem Werk von Einhard gefunden (knapp 300 Wörter), davon habe ich jetzt ca. 1/3 gelernt - so zumindest mein Vokabellernprogramm :) Allerdings muss ich wirklich sehr viel nachschlagen, vielleicht ändert sich das noch, wenn ich die restlichen 2/3 gelernt habe. Mich würde interessieren, wie ihr das während der Lektürephase gemacht habt:
1. Welche Wörter lernt man sinnvollerweise?
Bislang bin ich bei lebenden Fremdsprachen immer so verfahren, dass ich versucht habe, den Sinn eines Satzes zu verstehen (also nicht jedes Wort), um den Lesefluss nicht unnötig zu unterbrechen. Wenn das nicht geklappt hat, habe ich nachgeschlagen. Zudem auch Wörter, die häufiger auftauchen. So nach und nach hatte ich den wesentlichen Wortschatz dann drauf. Das klappt bei Latein, zumindest derzeit, nicht, weil von Lesen (noch) keine Rede sein kann (es ist mehr wie ein Puzzle, das ich versuche zusammenzusetzen).
2. Welche deutschen Bedeutungen der Wörter soll man lernen bei der Vielzahl der Übersetzungsmöglichkeiten?
In der Lehrbuchphase war es leicht - 1 lat. Wort, ca. 1-3 Übersetzungen hinten im Vokabelteil. In modernen Fremdsprachen ist es meist auch überschaubarer als in Latein. Aktuell weiß ich manchmal gar nicht so recht, welche deutsche Entsprechung denn nun passt und versuche mir das dann am Ende, wenn der Satz einigermaßen steht, zu erschließen.
Re: Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen?
Das ist eine Schwierigkeit, wenn Originallektüre beginnt. Man kommt mit der 1:1 -Über- setzung aus dem Lehrbuch nicht selten nicht mehr aus und muss flexibler agiereren. Lateinische Wörter sind oft sehr stark in der Bedeutung kontextabhängig. Das liegt an der ursprünglichen „paupertas“ (Armut) des Wortschatzes (wie Seneca es nennt). „Quanta verborum nostrorum paupertas!“ (Oder Quintilian: „egestas“). Ich muss auch bei gut bekannten Vokabeln mindestens im Langenscheidt stöbern, um unter den Anwendunge n die richtige zu finden.
Bedeutungsnuancen liegen dann eben im Zusammenhang, und die Römischen Schriftsteller wussten aus der Not eine Tugend zu machen und handhabten ihre „arme“ Sprache virtuos.
Darin steckt für mich oft ein großer ästhetischer Reiz.
Re: Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen?
Re: Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen?
Das ist gut zu wissen, dann sind die Schwierigkeiten, die ich habe, ganz normal beim Beginn der Lektürephase. Dann verstehe ich auch, warum es Autorenwortschätze gibt. Man muss die Bedeutung der Wörter im Kontext bzw. autorenbezogen lernen. Latein ist eine schöne Sprache.
Schüler bekommen ja durchaus recht umfangreichen Angaben zur Übersetzung an die Hand. Die Klausuren schaue ich mir bei Gelegenheit mal etwas genauer an, vor allem die Hinweise zur Grammatik.
Ob die Zeitgenossen Einhards den Text einfach so lesen konnten oder war das auch für die eher schwierig, vergleichbar mit der Lektüre von Goethe, Schiller etc. für (heutige) deutsche Muttersprachler?
Re: Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen?
Klaus am 8.10.17 um 13:01 Uhr, überarbeitet am 8.10.17 um 13:09 Uhr (
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Re: Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen?
arbiter am 8.10.17 um 13:58 Uhr (
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Einhards Zeitgenossen, die lesen konnten, haben diese Fertigkeit ja regelmäßig anhand der lateinischen Sprache gelernt, die zu der Zeit auch weithin Verkehrssprache war. (Dies ist u.a. auch eine Erklärung z.B. dafür, dass ca. 2 Drittel des englischen Lexikons lateinischen Ursprungs ist.)
Vokabellernen sollte sich daran orientieren, was man mit der Sprache vorhat. Als Basis jedenfalls braucht man den kleinen Grundwortschatz (100 Wörter), der schon 60 % bei den klassischen Schulautoren abdeckt.
Autorenbezogene Vokabelsammlungen sind meist als Hilfen gedacht, nicht als Lernstoff. Die Mühe lohnt ja auch nur, wenn man sich weiter mit selbigem befassen will.
Neben den autorenbezogenen gibt es auch thematisch gruppierte Vokabelsammlungen.
Unabhängig davon sind wichtig (in jedem Genre und Sujet) die Verben, vorrangig die unregelmäßigen mit den Stammformen (>200, mit den Komposita ca. 450). Bei diesen ist immer die Grundbedeutung des einfachen Verbs im Auge zu behalten - man spart sich viel Lernzeit und versteht die Sprache besser (12 composita zu ferre, dazu die Substantivierungen etc.).
Re: Neue Vokabeln in einer Lektüre wie lernen?
Danke für die Tipps. Die Vokabellisten, die Klaus verlinkt hat, hatte ich bereits gefunden und aus den beiden Listen zu Einhard knapp 300 Wörter zusammengestellt. Die meisten tauchen wohl auch bei den klassischen Autoren auf (laut navigium), dann aber ggf. mit anderer Bedeutung. Da wir im Kurs wahrscheinlich noch dieses und ggf. nächstes Semester mit Einhard beschäftigt sind, lohnt sich das Lernen dieses Wortschatzes denke ich.
Was ich danach lese, muss ich mal sehen. Eigentlich wollte ich mit Nepos beginnen, aber da in dem Fortgeschrittenenkkurs nun Einhard auf dem Plan steht, beginne ich halt damit. Karl d. Große ist auch interessant. Als nächstes werde ich dann wohl Nepos oder Caesar lesen. On verra. Heute habe ich die erste Lektüre „Geheimnisse am Limes“ aus der Reihe „Latein leicht lesen“ beendet. Das Büchlein konnte ich tatsächlich weitgehend flüssig lesen, ist aber auch ziemlich einfach gehalten. Zum Wiederholen des Basiswortschatzes und der Basisgrammatik aber gut geeignet.
Mit den Verben und Komposita ist eine gute Idee, die kann ich mir ja schon mal so zusammenstellen.