Bei Cäsar heißt es:
Ipse conventibus Galliae citerioris peractis in Illyricum proficiscitur
Nach Abhaltung von Gerichtshandlungen im diesseitigen gallien, war er nach Illyrien aufgebrochen.
Was ist Galliae citerioris? Lokativ? Müsste das dann nicht Galliae citeriore heißen? Oder ist es Genetiv?
Eine alte Lokativform, die bei Singularia der o-/a-Dekl. aussieht wie der Genitivus Singular. Bei anderen Deklinationen und bei Pluralwörtern steht der Abl. loci. Von einem gen. loci zu reden, halte ich für Blödsinn. Genauso wie das übliche Linkgespamme.
Romae: in Rom
Carthagine: in Karthago
Athenis: in Athen
@Graeculus: Ich denke, es liegt ein Missverständnis vor. Der Forist A stört sich nur an der Bezeichnung genitivus loci, nicht an der grammatischen Form eines Genitivs.
@Graeculus: In meinem Grammatikbuch steht dazu: Der Lokativ hat sich erhalten bei....., er ist jedoch lautlich mit dem Genitiv Singular zusammengefallen.
Die Frage ist eigentlich müßig.
Dass es einen selbständigen Fall Lokativ in vielen (den meisten?) Sprachen gegeben hat, ist unstrittig. Ebenso, dass generell ein Schwund der morphologischen Markierungen zu beobachten ist und die Funktion der „weggefallenen“ Fälle von anderen übernommen wird, meist mithilfe von Präpositionen/Postpositionen.
Der Genitiv im Latein hat verschiedene Funktionen, die aber gewöhnlich durch Zusätze (pretii usf.) differenziert werden und nicht durch spezielle Namengebung (Partitiv, Possessiv, die es ja als selbständige Kasus in anderen Sprachen gibt).
Von einem Genitivus locativus zu sprechen, halte ich nicht für sinnvoll, da das Lateinische ja auch Lokativ-Formen aufweist, deren Endungen nicht den Genitiv-Endungen entsprechen.
Andererseits werden zugeordnete Adjektive mit der Genitivendung versehen -> domi meae, wiewohl domi kein Genitiv ist.
Der Profi filix hat bereits geantwortet. Leider hilft Antwort so nicht weiter.
Ob er dem fake-e v b zustimmt, bleibt abzuwarten.
Im Netz finde sich ÜSen, die beide Möglichkeiten enthalten.
Gut gefaked, aber nicht gut genug. Ein Detail hast leider du übersehen.
filix am 17.8.18 um 11:53 Uhr, überarbeitet am 17.8.18 um 12:09 Uhr (Zitieren)
Nach der aus den Klassikern gezogenen Regel (siehe MBS § 389) steht auf die Frage „Wo?“ bei Namen von größeren Inseln und Ländern gewöhnlich in mit dem Abl. Der schon öfter zitierte (und auch bei MBS erwähnte) G. Funaioli (Der Lokativ und seine Auflösung - Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik ... , Band 13, (1904)) findet zwar einige Lokative für Länder und Landschaften in der Literatur, schreibt jedoch „Da wir für Galliae (außer Tertull. cult. 2, 6) nur eine unsichere Hirtiusstelle notiert haben, wollen wir ...“. Folglich liegt es nahe, dass der Genitiv hier attributive Funktion hat, nicht anders als in „civitates Galliae“ usf. Unter diesem Gesichtspunkt sind Übersetzungen, die den Ausdruck als Ortsangabe behandeln, falsch, ohne dass das inhaltlich einen wesentlichen Unterschied machte, nimmt man doch an, dass die Gerichtstage des diesseitigen Galliens ebendort stattfinden.
Welchen Informationswert sollte dieser „attributive“ Genitiv haben ?
Zur Aufklarung wäre eher als diese syntaktische Klassifizierung eine nach inhaltlichen Gesichtspunkten hilfreich.
subiectivus? kaum, da conventus eigentlich eine Mehrzahl von Subjekten verlangt.
epexegeticus? überflüssig (wie auch ein Lokativ), da ohnehin klar ist, wo Caesar sich befindet und dieses Ereignis stattfindet.
Ich habe gerade keine wiss. Ausgabe zur Hand - könnte es sich um eine der häufigen Einschübe von späteren Schlaubergern handeln?
Wenn man Lokativ annähme, hieße das, Caesar hätte den Gerichtstag nur zufällig in Gallien abgehalten. Als ob er ihn auch irgenwo sonst hätte stattfinden lassen können. Das ist aber nicht die Aussageabsicht. Jede Provinz brauchte ihre Gerichtstage, wo die jeweiligen Streitigkeiten abgehandelt wurden, ob nun Gallia cisalpina oder eine andere. Und Caesar hat sich eben um die der G. c. gekümmert.
Ich bitte um Entschuldigung für meine nachlässige Zitierung! Am dargelegten Sachverhalt ändert sich dadurch gleichwohl nichts.
Re: Lokativ, Genitiv?!
filix am 18.8.18 um 11:32 Uhr, überarbeitet am 18.8.18 um 18:15 Uhr (Zitieren)
Der Ausdruck allgemeiner Zugehörigkeit, nicht bloß des (physischen) Besitzes zählt zu den grundlegenden semantischen Leistungen des Genitivattributs, man erfährt also welcher Provinz diese „conventus“ zuzuordnen sind, so wie in „civitates Galliae“ oder „princeps Galliae provinciae“. Da zu Beginn des fünften Buchs nur mitgeteilt wird, dass Caesar „ab Hibernis ... in Italiam discedens“ Anordnungen für die Aufrüstung gibt und er „ipse conventibus Galliae citerioris peractis in Illyricum proficiscitur“, ist kontextuell keineswegs schon klar, um welche „conventus“ es sich handelt (und wo sich der Autor zwischenzeitlich befindet), ehe der diskutierte Genitiv im Abl. abs. diese Information bereitstellt.
„conventus“ ist überdies ein Verbalsubstantiv, es spielt also wohl auch die unter der Bezeichnung Gen. subi. erfasste Beziehung zur impliziten Verbalhandlung hinein, wobei man die Provinz metonymisch für ihre Bewohner aufzufassen hätte, die eben zusammenkommen.
Könnte man übersetzen:
Gerichtstage für das d. G. ?
Re: Lokativ, Genitiv?!
filix am 18.8.18 um 12:25 Uhr, überarbeitet am 18.8.18 um 18:14 Uhr (Zitieren)
Man kann in eine freie Übersetzung vieles einfließen lassen, das aus der Kenntnis der bezeichneten Sache rührt. Wenn man also weiß, dass diese Zusammenkünfte bestimmter Dauer der Abhaltung von Gerichten dienen, dass deren Zuständigkeit u.a. territorialen Beschränkungen unterliegt usw., kann man das einbringen. Wörtlich steht da allerdings weder etwas von Tagen noch von Gerichten.
Salve filix: Aus dem Text geht doch auch nicht eindeutig hervor, ob Cäsar selbst an diesen conventus teilgenommen hat. Diese fanden wohl auch ohne ihn in gewissen Abständen statt?
peragere:
2) insbes.: a) als publiz. t. t., einen Ggstd. der leitenden Tätigkeit hinaushalten, vollziehen, comitia, Cic.: concilium, conventum, Caes.
Re: Lokativ, Genitiv?!
filix am 18.8.18 um 13:23 Uhr, überarbeitet am 18.8.18 um 13:24 Uhr (Zitieren)
Davon abgesehen stößt man auf der Suche nach einem Subjekt für eine aktivische Übersetzung des Abl. abs. im regierenden Satz (MBS § 506) sofort auf „ipse“, das deutlich macht, dass hier in eigener Person gehandelt wird.
Re: Lokativ, Genitiv?!
Klaus am 18.8.18 um 13:26 Uhr, überarbeitet am 18.8.18 um 13:30 Uhr (Zitieren)