Latein Wörterbuch - Forum
Reflexivität/Stilistik — 773 Aufrufe
Christian am 9.11.18 um 20:46 Uhr (Zitieren)
Salve!

Ich bin bei meinen Stilübungen auf folgenden Satz aus Cic. Caecil. 1-3 gestoßen:

„me (sc. Ciceronem) saepe esse pollicitum, saepe ostendisse dicebant (sc. Siculi), si quod tempus accidisset, quo tempore aliquid a me requirerent, commodis eorum (sc. Siculorum) me non defuturum.“

Speziell geht es hier um das Demonstrativum „eorum“. Nach meinem Dafürhalten wäre hier ein „suis“ einzusetzen, und zwar wegen der indirekten Reflexivität, die vom Prädikat des Satze, dicebant, ausgeht. Oder ist der hier vorliegende „AcI im AcI“ ein Sonderfall, weshalb die Reflexivität vom übergeordneten Prädikat außer Kraft gesetzt wird?

Vielen Dank schon einmal für eure Hilfe!
Re: Reflexivität/Stilistik
filix am 10.11.18 um 11:54 Uhr (Zitieren)
In der Terminologie herkömmlicher Grammatiken würde man hier nicht von indirekter Reflexivität sprechen, sondern direkter, da der AcI zu den unechten Gliedsätzen zählt, bei denen sich das reflexive Personalpronomen bzw. reflexive Possessivpronomen auf „das Subjekt der Verbform“ beziehen kann, „von welchem die Infinitiv- oder Partizipialkonstruktion abhängt.“ (MBS § 84).

Es liegt nahe, dass in komplexeren Hierarchien das Subjekt der nächsthöheren Verbform Bezugspunkt ist, d.h. in dieser Stelle aus Cicero das Subjekt im Akkusativ des AcI „me ... esse pollicitum/ostendisse“, von dem wiederum der AcI „commodis ... me non defuturum“ abhängt. Ob das prinzipiell gilt, oder z.B. nur für bestimmte Verben, die einen Sprecherwechsel mit sich bringen (hier die zu den verba dicendi zu zählenden „polliciceri“ bzw. „ostendere“, die den Übersprung des reflexiven Possessivpronomens zum Subjekt von „dicebant“ blockieren), ist eine gute Frage.
Re: Reflexivität/Stilistik
Christian Hauck am 10.11.18 um 22:35 Uhr (Zitieren)
Vielen Dank für diese ausführliche Rückmeldung!

Meinen Sie, dass in so einem Fall wie dem obigen, bei Stilübungen auch ein Reflexivum anstelle des Demonstrativums zu rechtfertigen wäre? Ich konnte weder im RBH noch im MBS eine zweifelsfreie Aussage zu einer derartigen Situation finden.
Re: Reflexivität/Stilistik
filix am 10.11.18 um 23:05 Uhr, überarbeitet am 10.11.18 um 23:05 Uhr (Zitieren)
Ich denke nicht, dass eine eindeutige Antwort in den üblichen Grammatiken zu finden ist. Die Frage, wie weit so ein Reflexivpronomen in derartigen Unterordnungsverhältnissen ausgreifen kann (und welche Faktoren das regeln), ist komplex. In New Perspectives on Historical Latin Syntax, Bd. 3, ist ein Aufsatz von Silvia Pieroni mit dem Titel „Deixis and anaphora“ erschienen, der einige der damit verknüpften Probleme behandelt.
 
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Ich denke nicht, dass eine eindeutige Antwort in den üblichen Grammatiken zu finden ist. Die Frage, wie weit so ein Reflexivpronomen in derartigen Unterordnungsverhältnissen ausgreifen kann (und welche Faktoren das regeln), ist komplex. In New Perspectives on Historical Latin Syntax, Bd. 3, ist ein Aufsatz von Silvia Pieroni mit dem Titel „Deixis and anaphora“ erschienen, der einige der damit verknüpften Probleme behandelt.
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