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der_accusativus_cum_infinitivo

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der_accusativus_cum_infinitivo [2010/07/01 21:30]
93.219.171.29 neu und erweitert
der_accusativus_cum_infinitivo [2010/07/02 18:34]
93.219.151.252 Weitere Fehlerbeseitigung
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 Ich sehe, dass Julia nicht hier ist. Ich sehe, dass Julia nicht hier ist.
  
-============================================+-----------------------------------------
  
 ====== AcI, NcI ====== ====== AcI, NcI ======
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 Diese Konstruktion heißt AcI, Accusativus cum Infinitivo.\\ Diese Konstruktion heißt AcI, Accusativus cum Infinitivo.\\
 Die Zahl der lateinischen Verben, die mit AcI stehen können, ist viel größer als die Zahl der deutschen. Und damit haben wir das grundlegende Problem: In den weitaus meisten Fällen muss bei der Übersetzung der lateinische AcI in eine passende, aber andersartige deutsche Form gebracht werden.\\ Die Zahl der lateinischen Verben, die mit AcI stehen können, ist viel größer als die Zahl der deutschen. Und damit haben wir das grundlegende Problem: In den weitaus meisten Fällen muss bei der Übersetzung der lateinische AcI in eine passende, aber andersartige deutsche Form gebracht werden.\\
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 Zu beachten ist außerdem: Die Bestandteile eines AcI können (wie ja grundsätzlich alle Satzteile) erweitert werden: Der Akkusativ kann Attribute haben, der Infinitiv kann adverbielle Bestimmungen oder Objekte haben usw.\\ Zu beachten ist außerdem: Die Bestandteile eines AcI können (wie ja grundsätzlich alle Satzteile) erweitert werden: Der Akkusativ kann Attribute haben, der Infinitiv kann adverbielle Bestimmungen oder Objekte haben usw.\\
  
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 Das wird im Lateinischen ausgenutzt: Prinzipiell kann es vorkommen, dass bei dem darzustellenden Sachverhalt nur die Tätigkeit und der Objekt-Akkusativ eine Rolle spielen. Im Deutschen kann man dann ohne weiteres einen Infinitiv und einen Objekts-Akkusativ einsetzen (also //keinen// AcI!):\\ Das wird im Lateinischen ausgenutzt: Prinzipiell kann es vorkommen, dass bei dem darzustellenden Sachverhalt nur die Tätigkeit und der Objekt-Akkusativ eine Rolle spielen. Im Deutschen kann man dann ohne weiteres einen Infinitiv und einen Objekts-Akkusativ einsetzen (also //keinen// AcI!):\\
 Ich befehle das Haus zu bauen (von wem auch immer).\\ Ich befehle das Haus zu bauen (von wem auch immer).\\
-So ein Infinitiv mit Objekt ist auch dem Lateinischen nicht unbekannt. Aber im Gegensatz zum deutschen „ich hoffe“ kann „spero“ grundsätzlich mit AcI auftreten – und dann hätten lateinisch Sprechende eventuell das Problem, entscheiden zu sollen, ob der vorgefundene Akkusativ nun der Subjekts-Akkusativ eines AcI ist oder der Objekts-Akkusativ zu einem Infinitiv.\\+So ein Infinitiv mit Objekt ist auch dem Lateinischen nicht unbekannt. Aber im Gegensatz zum deutschen „ich befehle“ kann „iubeo“ grundsätzlich mit AcI auftreten – und dann hätten lateinisch Sprechende eventuell das Problem, entscheiden zu sollen, ob der vorgefundene Akkusativ nun der Subjekts-Akkusativ eines AcI ist oder der Objekts-Akkusativ zu einem Infinitiv.\\
 Daher gilt als Regel:\\ Daher gilt als Regel:\\
 1. Grundsätzlich muss der Akkusativ eines AcI explizit genannt werden.\\ 1. Grundsätzlich muss der Akkusativ eines AcI explizit genannt werden.\\
 2. Wenn er nicht genannt werden soll oder kann, dann wird ein AcI mit Infinitiv im Passiv verwendet – der ist aus den genannten Gründen eindeutig (was der Infinitiv Aktiv mit Objekt nicht ist). Die Rolle des Subjekts-Akkusativs übernimmt ja dann der ehemalige Objekts-Akkusativ.\\ 2. Wenn er nicht genannt werden soll oder kann, dann wird ein AcI mit Infinitiv im Passiv verwendet – der ist aus den genannten Gründen eindeutig (was der Infinitiv Aktiv mit Objekt nicht ist). Die Rolle des Subjekts-Akkusativs übernimmt ja dann der ehemalige Objekts-Akkusativ.\\
 Die lateinische Form obigen Satzes lautet also:\\ Die lateinische Form obigen Satzes lautet also:\\
-iubeo domum aedificari\\+iubeo domum aedificari - ich befehle, dass ein Haus gebaut wird\\
 Ein bekanntes Beispiel dafür, was sonst passieren kann, ist der Orakelspruch\\ Ein bekanntes Beispiel dafür, was sonst passieren kann, ist der Orakelspruch\\
-Aio te Romanos vincere posse. – Ich bekräftige, dass …\\+Aio te Romanos vincere posse. – Ich bekräftige, dass … (na, was?) \\
 Man vergleiche mit \\ Man vergleiche mit \\
 Aio Romanos a te vinci posse – was das Orakel wohlweislich nicht gesagt hat...  Aio Romanos a te vinci posse – was das Orakel wohlweislich nicht gesagt hat... 
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 ===== Zeitenfolge ===== ===== Zeitenfolge =====
  
-Bekanntlich hat das Lateinische den Infinitiv in den Zeiten Infinitiv Praesens, Infinitiv Perfekt und Infinitiv Futur zu Verfügung. Beim Einsatz in einem AcI drücken diese drei Zeitstufen immer die Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit aus, also ob die Handlung des AcI während, vor oder nach der Handlung des Grundverbs abläuft – und zwar unabhängig davon, in welcher Zeitstufe dieses steht.+Bekanntlich hat das Lateinische den Infinitiv in den Zeiten Infinitiv Praesens, Infinitiv Perfekt und Infinitiv Futur zu Verfügung. Beim Einsatz in einem AcI drücken diese drei Zeitstufen immer die Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit aus, also ob die Handlung des AcI während, vor oder nach der Handlung des Grundverbs abläuft – und zwar unabhängig davon, in welcher Zeitstufe dieses steht:\\
 scio te appropinquare – ich weiß, dass du (gerade) kommst\\ scio te appropinquare – ich weiß, dass du (gerade) kommst\\
 sciebam te appropinquare – ich wusste, dass du kamst\\ sciebam te appropinquare – ich wusste, dass du kamst\\
 scio te appropinquavisse – ich weiß, dass du kamst (gekommen bist)\\ scio te appropinquavisse – ich weiß, dass du kamst (gekommen bist)\\
 sciebam te appropinquavisse – ich wusste, dass du gekommen warst\\ sciebam te appropinquavisse – ich wusste, dass du gekommen warst\\
-scio te appropinquaturus esse – ich weiß, dass du kommen wirst\\+scio te appropinquaturum esse – ich weiß, dass du kommen wirst\\
 usw.\\ usw.\\
 Das Ganze geht natürlich auch mit Infinitiv Präsens/Perfekt/Futur //Passiv//. Man kann allerdings Jahrzehnte lang Latein treiben, bevor einem ein Infinitiv Futur Passiv in freier Wildbahn begegnet!\\ Das Ganze geht natürlich auch mit Infinitiv Präsens/Perfekt/Futur //Passiv//. Man kann allerdings Jahrzehnte lang Latein treiben, bevor einem ein Infinitiv Futur Passiv in freier Wildbahn begegnet!\\
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 dicebant omnia parata fore – sie sagten, alles werde bereitgestellt worden sein\\ dicebant omnia parata fore – sie sagten, alles werde bereitgestellt worden sein\\
 Bei Deponentien hat diese Kombination natürlich die Bedeutung eines Aktivs: ...me adeptum fore „dass ich erreicht haben werde“\\ Bei Deponentien hat diese Kombination natürlich die Bedeutung eines Aktivs: ...me adeptum fore „dass ich erreicht haben werde“\\
 +
 Und noch eins drauf: „meminisse“ (sich erinnern) ist ein Verbum mit Formen im Perfekt, aber Bedeutung im Präsens. Gretchenfrage an meminisse: „Sag’, wie hältst du’s mit dem tempus?“ „In jedem Falle Präsens, schließlich kann man mich mit „vergegenwärtigen“ übersetzen!“ Tatsächlich ist hier Inf. Perf. die ganz große Ausnahme: Und noch eins drauf: „meminisse“ (sich erinnern) ist ein Verbum mit Formen im Perfekt, aber Bedeutung im Präsens. Gretchenfrage an meminisse: „Sag’, wie hältst du’s mit dem tempus?“ „In jedem Falle Präsens, schließlich kann man mich mit „vergegenwärtigen“ übersetzen!“ Tatsächlich ist hier Inf. Perf. die ganz große Ausnahme:
 memini te heri studere – ich erinnere mich daran, dass du gestern __gelernt hast__ memini te heri studere – ich erinnere mich daran, dass du gestern __gelernt hast__
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 Ein Prädikatsnomen im AcI richtet sich nach dem Subjektsakkusativ, wie man oben an „dicebant omnia __parata__ fore“ sieht.\\ Ein Prädikatsnomen im AcI richtet sich nach dem Subjektsakkusativ, wie man oben an „dicebant omnia __parata__ fore“ sieht.\\
 Im AcI kann auch ein Prädikativum auftreten:\\ Im AcI kann auch ein Prädikativum auftreten:\\
-lupum __vivum__ capi spero – ich hoffe, der Wolf wird __lebendig__ gefangen\\+lupum __vivum__ capi accipio – ich erfahredass der Wolf __lebendig__ gefangen wird\\
 Schließlich stehen auch Adjektivattribute, Appositionen usw. zum Subjekts-Akkusativ natürlich ebenfalls im Akkusativ:\\ Schließlich stehen auch Adjektivattribute, Appositionen usw. zum Subjekts-Akkusativ natürlich ebenfalls im Akkusativ:\\
-rem __publicam__ conservatam esse spero – ich hoffe, dass der Staat bewahrt wird\\+rem __publicam__ conservatam esse iuro – ich schwöre, dass der Staat bewahrt wird\\
 Hier gibt es einen Spezialfall: Der Akkusativ wirkt auch noch auf Nomina, mit denen der Begriff im Subjekts-Akkusativ verglichen wird (mit quod, quam oder dergleichen:\\ Hier gibt es einen Spezialfall: Der Akkusativ wirkt auch noch auf Nomina, mit denen der Begriff im Subjekts-Akkusativ verglichen wird (mit quod, quam oder dergleichen:\\
 rem publicam cariorem quam __te ipsum__ tibi esse spero – ich hoffe, der Staat ist dir wichtiger als __du selbst__\\ rem publicam cariorem quam __te ipsum__ tibi esse spero – ich hoffe, der Staat ist dir wichtiger als __du selbst__\\
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 mit\\ mit\\
 rem __publicam__ conservatam esse necesse est – es ist nötig, dass der Staat bewahrt wird\\ rem __publicam__ conservatam esse necesse est – es ist nötig, dass der Staat bewahrt wird\\
-Im zweiten Fall täuscht die deutsche Übersetzung darüber hinweg, dass der AcI //Subjekt// zu „necesse est“ ist - //Wer oder was/// ist nötig?\\+Im zweiten Fall täuscht die deutsche Übersetzung darüber hinweg, dass der AcI //Subjekt// zu „necesse est“ ist - //Wer oder was// ist nötig?\\
 Auch im Satz über den Nil am Ende des vorigen Abschnitts kann man das „quod esse“ als Subjekt zu „demonstratum est“ auffassen.\\ Auch im Satz über den Nil am Ende des vorigen Abschnitts kann man das „quod esse“ als Subjekt zu „demonstratum est“ auffassen.\\
 +
 Ein kompletter AcI als Satzbestandteil kann also als Subjekt auftauchen, wenn das Prädikat des Satzes ein unpersönlicher Ausdruck ist.\\ Ein kompletter AcI als Satzbestandteil kann also als Subjekt auftauchen, wenn das Prädikat des Satzes ein unpersönlicher Ausdruck ist.\\
 +
 Das hat zu zwei Entwicklungen geführt:\\ Das hat zu zwei Entwicklungen geführt:\\
 Erstens kommt es vor, dass (in Umgangssprache oder im Affekt) das Prädikat ausgelassen wird (weil es als selbstverständlich vorausgesetzt wird). Dann haben wir einen AcI //als Satz// (nicht nur als Satzteil):\\ Erstens kommt es vor, dass (in Umgangssprache oder im Affekt) das Prädikat ausgelassen wird (weil es als selbstverständlich vorausgesetzt wird). Dann haben wir einen AcI //als Satz// (nicht nur als Satzteil):\\
 +
 gloriam ludibrio esse! (fehlt spero oder ähnliches) – Dass der Ruhm zum Gespött werde!\\ gloriam ludibrio esse! (fehlt spero oder ähnliches) – Dass der Ruhm zum Gespött werde!\\
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 An einem –ne hinter dem ersten Wort erkennt man die rhetorische Frage:\\ An einem –ne hinter dem ersten Wort erkennt man die rhetorische Frage:\\
 mene desistere? – Ich soll aufhören?\\ mene desistere? – Ich soll aufhören?\\
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 Einige Verben, die bei aktiver Konstruktion mit AcI stehen, können bei passiver Konstruktion als Subjekt einen NcI, einen Nominativus cum Infinitivo, haben:\\ Einige Verben, die bei aktiver Konstruktion mit AcI stehen, können bei passiver Konstruktion als Subjekt einen NcI, einen Nominativus cum Infinitivo, haben:\\
 +
 Felicem fidum esse puto – Ich halte Felix für treu (Ich glaube, dass Felix treu ist)\\ Felicem fidum esse puto – Ich halte Felix für treu (Ich glaube, dass Felix treu ist)\\
 Felix fidus esse putatur – Felix wird für treu gehalten\\ Felix fidus esse putatur – Felix wird für treu gehalten\\
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 tu fida esse putaris, Caecilia – („Du wirst treu zu sein geglaubt“) Du wirst für treu gehalten, Caecilia\\ tu fida esse putaris, Caecilia – („Du wirst treu zu sein geglaubt“) Du wirst für treu gehalten, Caecilia\\
-Abgesehen davon, dass dies einer der seltenen Fälle ist, wo man mal im Lateinischen den Nominativ eines Personalpronomens erlebt (denn die Regel 1 von oben, „Subjekt muss explizit genannt werden“, gilt auch für den NcI), tut man sich im Deutschen hier insbesondere mit der 2. Person Passiv offensichtlich etwas schwer. Der Nominativ des NcI ist ja offenbar Subjekt zu beiden Verben, dem im Passiv und dem im Infinitiv. Die Konstruktion mit NcI heißt daher auch „persönliches Passiv“ – im Gegensatz zum „unpersönlichen Passiv“, dem AcI bei einem Verb im Passiv.\\+Abgesehen davon, dass dies einer der seltenen Fälle ist, wo man mal im Lateinischen den Nominativ eines Personalpronomens erlebt (denn die Regel 1 von oben, „Subjekt muss explizit genannt werden“, gilt auch für den NcI), tut man sich im Deutschen hier insbesondere mit der 2. Person Passiv offensichtlich etwas schwer.ßß 
 +Der Nominativ des NcI ist ja offenbar Subjekt zu beiden Verben, dem im Passiv und dem im Infinitiv. Die Konstruktion mit NcI heißt daher auch „persönliches Passiv“ – im Gegensatz zum „unpersönlichen Passiv“, dem AcI bei einem Verb im Passiv.\\
 Auch beim NcI kann die Copula „esse“ fortfallen: Caecilia, tu fida putaris\\ Auch beim NcI kann die Copula „esse“ fortfallen: Caecilia, tu fida putaris\\
 Die Konkurrenz zwischen NcI und AcI geht so aus:\\ Die Konkurrenz zwischen NcI und AcI geht so aus:\\
 NcI steht bei den Verba sentiendi, cogitandi und dicendi (des Fühlens, Denkens und Mitteilens – siehe unten) bei allen Passivformen.\\ NcI steht bei den Verba sentiendi, cogitandi und dicendi (des Fühlens, Denkens und Mitteilens – siehe unten) bei allen Passivformen.\\
 Typische Übersetzungen des persönlichen Passivs sind dabei videor – es scheint, dass ich; dicor – ich soll (angeblich)\\ Typische Übersetzungen des persönlichen Passivs sind dabei videor – es scheint, dass ich; dicor – ich soll (angeblich)\\
-„mihi videor“ mit NcI bedeutet „ich bilde mir ein, traue mir zu“; „mihi videtur“ mit AcI aber „es scheint mir gut, ich beschließe“. videtur mit NcI Futur (gern auch ohne esse) bedeutet „es droht“ oder „es verspricht“, je nachdem, ob etwas Positives oder Negatives ausgesagt wird:\\+„mihi videor“ mit NcI bedeutet „ich bilde mir ein, traue mir zu“; „mihi videtur“ mit AcI aber „es scheint mir gut, ich beschließe“.\\ 
 +videtur mit NcI Futur (gern auch ohne esse) bedeutet „es droht“ oder „es verspricht“, je nachdem, ob etwas Positives oder Negatives ausgesagt wird:\\
 Res publica peritura videtur – Der Staat droht unterzugehen\\ Res publica peritura videtur – Der Staat droht unterzugehen\\
 NcI steht bei der 3. Person Passiv bei traditur, traduntur, fertur, feruntur.(„man überliefert, es wird überliefert“). traditum est steht aber immer mit AcI.\\ NcI steht bei der 3. Person Passiv bei traditur, traduntur, fertur, feruntur.(„man überliefert, es wird überliefert“). traditum est steht aber immer mit AcI.\\
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 Auch bei den anderen Verba sentiendi und dicendi ist der NcI insbesondere bei den nicht zusammengesetzten Passivformen des Präsensstammes anzutreffen, dort ist die Trennung aber nicht so streng wie bei tradere.\\ Auch bei den anderen Verba sentiendi und dicendi ist der NcI insbesondere bei den nicht zusammengesetzten Passivformen des Präsensstammes anzutreffen, dort ist die Trennung aber nicht so streng wie bei tradere.\\
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 Bei den Formen mit Partizip oder Gerundivum und esse, bei Konstruktionen aus Hilfsverb und Passiv („dici potest“ – man kann sagen) oder Adverb und Passiv („recte putatur“ – zu Recht wird vermutet) überwiegt AcI.\\ Bei den Formen mit Partizip oder Gerundivum und esse, bei Konstruktionen aus Hilfsverb und Passiv („dici potest“ – man kann sagen) oder Adverb und Passiv („recte putatur“ – zu Recht wird vermutet) überwiegt AcI.\\
 +
 Weitere typische Verben mit NcI sind die des Veranlassens und Verhinderns - cogere (zwingen), iubere (befehlen), vetare (verbieten), prohibere (hindern) -, wenn sie im Passiv stehen. Für das Passiv von docere (lehren) tritt aber discere (lernen) mit AcI ein. Weitere typische Verben mit NcI sind die des Veranlassens und Verhinderns - cogere (zwingen), iubere (befehlen), vetare (verbieten), prohibere (hindern) -, wenn sie im Passiv stehen. Für das Passiv von docere (lehren) tritt aber discere (lernen) mit AcI ein.
  
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 Felicem dicentem audiam – ich möchte Felix reden hören\\ Felicem dicentem audiam – ich möchte Felix reden hören\\
 Felicem dicere audio – Felix redet, höre ich\\ Felicem dicere audio – Felix redet, höre ich\\
-Bei Partizip liegt die Betonung bei der Wahrnehmung („möchte hören“), beim AcI eher auf der durch den Infinitiv beschriebenen Handlung („Felix redet“).+Beim Partizip liegt die Betonung bei der Wahrnehmung („möchte hören“), beim AcI eher auf der durch den Infinitiv beschriebenen Handlung („Felix redet“).
  
 ==== Verben des Denkens und Mitteilens (Verba cogitandi und dicendi) ==== ==== Verben des Denkens und Mitteilens (Verba cogitandi und dicendi) ====
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 und dicere (sagen), negare (verneinen), respondere (antworten), contendere (behaupten), declarare (erklären), affirmare (versichern), nuntiare (verkünden), narrare (erzählen), docere (lehren), persuadere (überzeugen), simulare (vorspiegeln), tradere (überliefern), promittere (verheißen), scribere (schreiben), iurare (schwören), arguere (anklagen) und den Deponentia fateri (gestehen), profiteri (öffentlich bekennen), polliceri (versprechen), gloriari (sich rühmen), minari (drohen)\\ und dicere (sagen), negare (verneinen), respondere (antworten), contendere (behaupten), declarare (erklären), affirmare (versichern), nuntiare (verkünden), narrare (erzählen), docere (lehren), persuadere (überzeugen), simulare (vorspiegeln), tradere (überliefern), promittere (verheißen), scribere (schreiben), iurare (schwören), arguere (anklagen) und den Deponentia fateri (gestehen), profiteri (öffentlich bekennen), polliceri (versprechen), gloriari (sich rühmen), minari (drohen)\\
 sowie auctorem esse (berichten), certiorem facere (benachrichtigen).\\ sowie auctorem esse (berichten), certiorem facere (benachrichtigen).\\
-Die entsprechenden deutschen Verben lassen meistens den AcI nicht zu (abgesehen von „ich lehre dich tanzen“). Möglich sind damit die übrigen der oben genannten Übersetzungsmöglichkeiten:\\+ 
 +Die entsprechenden deutschen Verben lassen meistens den AcI nicht zu (abgesehen von „ich lehre dich tanzen“). Möglich sind damit die übrigen der oben genannten Übersetzungsmöglichkeiten.\\
 Bei den Verben, die eine Verneinung enthalten, kann diese in die Aussage des AcI hinübergenommen werden, Das passiert bei negare fast immer:\\ Bei den Verben, die eine Verneinung enthalten, kann diese in die Aussage des AcI hinübergenommen werden, Das passiert bei negare fast immer:\\
 nego eum advenire – ich sage, dass er nicht kommt\\ nego eum advenire – ich sage, dass er nicht kommt\\
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 sperat amicum rediturum esse – er hofft, dass der Freund zurückkehren wird (im Deutschen oft: „...zurückkehrt“)\\ sperat amicum rediturum esse – er hofft, dass der Freund zurückkehren wird (im Deutschen oft: „...zurückkehrt“)\\
 Wenn ein Verbum keinen Infinitiv Futur bilden kann, z.B. paenitere, steht statt des AcI eine Konstruktion mit fore, ut:\\ Wenn ein Verbum keinen Infinitiv Futur bilden kann, z.B. paenitere, steht statt des AcI eine Konstruktion mit fore, ut:\\
-spero fore, ut id te paeniteat – („ich hoffe, dass sein wird, dass es dich reut“) ich hoffe, dass du das bereuen wirst+spero fore, ut id te paeniteat – („ich hoffe, dass sein wird, dass es dich reut“) ich hoffe, dass du das bereuen wirst\\
 Anmerkung: Wenn ein Verbum dicendi nicht mit AcI steht, sondern mit ut (verneint ne) und Konjunktiv, dann haben wir es nicht mit einer Aussage, sondern mit einer Aufforderung zu tun!\\ Anmerkung: Wenn ein Verbum dicendi nicht mit AcI steht, sondern mit ut (verneint ne) und Konjunktiv, dann haben wir es nicht mit einer Aussage, sondern mit einer Aufforderung zu tun!\\
-nuntio id factum (esse) – ich melde, dass das geschehen ist\\ +dico id factum (esse) – ich sage, dass das geschehen ist\\ 
-nuntio, ut id facias – ich melde, dass du das tun mögest.+dico, ut id facias – ich sage, dass du das tun mögest.
  
 ==== Verben des Affekts (verba affectus) ==== ==== Verben des Affekts (verba affectus) ====
der_accusativus_cum_infinitivo.txt · Zuletzt geändert: 2020/12/08 19:49 (Externe Bearbeitung)