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der_accusativus_cum_infinitivo

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Wie schon der Name sagt ,ist diese Satzkonstruktion eine mit einem 4. Fall (Akk.) und einem Infinitiv. Diese Konstruktion wird durch ein sogenanntes Kopfwort (z.B.: dico [ich sage], sentio [ich fühle], credo [ich glaube] etc.) eingeleitet. Nun zur Übersetzung: Im Deutschen übersetzt man den AcI mit einem …, dass + 1. Fall (statt Akk.) + passender Indikativ (Personalform).

Bsp.: Video Iuliam hic non esse. Ich sehe, dass Julia nicht hier ist.


AcI, NcI

Grundlagen

Sowohl im Deutschen als auch im Lateinischen gibt es transitive Verben, bei denen die Funktion des direkten Objekts durch eine Konstruktion aus einem Akkusativ und einem Infinitiv wahrgenommen werden kann:
Ich sehe ihn kommen – video eum appropinquare
Diese Konstruktion heißt AcI, Accusativus cum Infinitivo.
Die Zahl der lateinischen Verben, die mit AcI stehen können, ist viel größer als die Zahl der deutschen. Und damit haben wir das grundlegende Problem: In den weitaus meisten Fällen muss bei der Übersetzung der lateinische AcI in eine passende, aber andersartige deutsche Form gebracht werden.

Zu beachten ist außerdem: Die Bestandteile eines AcI können (wie ja grundsätzlich alle Satzteile) erweitert werden: Der Akkusativ kann Attribute haben, der Infinitiv kann adverbielle Bestimmungen oder Objekte haben usw.

Unter diesen Erweiterungen ist eine besonders tückisch: Wenn das im Infinitiv stehende Verb wiederum transitiv ist, kann es ein Akkusativobjekt zu diesem Verb geben:
Ich sehe einen Wolf einen Hasen fressen – video lupum leporem devorare
In diesem Fall treten also zwei Akkusative auf, aber mit vollständig unterschiedlicher Funktion! Den Unterschied sieht man gut, wenn man den AcI in einen Nebensatz überführt:
Ich sehe, wie (oder: dass) ein Wolf einen Hasen frisst.
Bei dieser Überführung in einen Nebensatz wird also der Infinitiv zum Prädikat, derjenige Akkusativ, der dem AcI den Namen gab, zum Subjekt und der zweite Akkusativ bleibt Objekt.
Wenn man über den AcI spricht, braucht man daher treffende Bezeichnungen für diese beiden auseinanderzuhaltenden Akkusative. Da tun sich die Fachleute allerdings etwas schwer.
Der Akkusativ, der im Nebensatz zum Subjekt wird, heißt Akkusativ des Handelnden (der Wolf ist es, der das devorare durchführt) oder Akkusativ der Person (als ob nicht – wie hier – auch Tiere oder Gegenstände etwas tun könnten) oder aktiver Akkusativ. Wir wollen ihn hier den „Subjekts-Akkusativ“ nennen.
Der Akkusativ, der im Nebensatz Objekt bleibt, heißt Akkusativ des Leidenden (der Hase ist es, der das devorare dulden muss) oder Akkusativ der Sache (als ob nicht auch Personen gefressen werden könnten) oder passiver Akkusativ. Wir wollen ihn hier den „Objekts-Akkusativ“ nennen.

Betrachten wir also: Ich möchte einen Pfannkuchen essen.
Gibt es da einen AcI ?
Akkusativ und Infinitiv sind da. Aber wie würde die Nebensatzdarstellung heißen? Doch wohl
Ich möchte, dass ich einen Pfannkuchen esse.
Aha! „einen Pfannkuchen“ bleibt Akkusativ, es war also ein Objekts-Akkusativ. Der Beispielsatz enthielt also einen Infinitiv mit Akkusativobjekt, aber keinen AcI! Das deutsche Verbum „ich möchte“ kann nicht mit AcI konstruiert werden, wohl aber mit (u.U. erweitertem) Infinitiv.
Anmerkung: Jetzt soll keiner kommen mit „Ich möchte den Faulpelz arbeiten sehen!“ Ja, da ist ein AcI, aber nach „sehen“… „ich möchte“ steht hier mit dem einfachen Infinitiv „sehen“ – von dem allerdings kann ein AcI abhängig sein, das hatten wir schon.
Kommen wir zu den Einzelheiten:

Infinitiv im Passiv

Ein AcI kann ohne weiteres den Infinitiv im Passiv haben:
video domum aedificari – ich sehe ein Haus gebaut werden.
Der „Nebensatz-Test“ zeigt, dass ein echter AcI vorliegt: Ich sehe, dass ein Haus gebaut wird.
Tatsächlich ist es ja eine Eigenart des Passivs, dass neben ihm ein direktes Objekt nicht vorkommt und der „leidende“ Gegenstand zum Subjekt wird.
Das wird im Lateinischen ausgenutzt: Prinzipiell kann es vorkommen, dass bei dem darzustellenden Sachverhalt nur die Tätigkeit und der Objekt-Akkusativ eine Rolle spielen. Im Deutschen kann man dann ohne weiteres einen Infinitiv und einen Objekts-Akkusativ einsetzen (also keinen AcI!):
Ich befehle das Haus zu bauen (von wem auch immer).
So ein Infinitiv mit Objekt ist auch dem Lateinischen nicht unbekannt. Aber im Gegensatz zum deutschen „ich befehle“ kann „iubeo“ grundsätzlich mit AcI auftreten – und dann hätten lateinisch Sprechende eventuell das Problem, entscheiden zu sollen, ob der vorgefundene Akkusativ nun der Subjekts-Akkusativ eines AcI ist oder der Objekts-Akkusativ zu einem Infinitiv.
Daher gilt als Regel:
1. Grundsätzlich muss der Akkusativ eines AcI explizit genannt werden.
2. Wenn er nicht genannt werden soll oder kann, dann wird ein AcI mit Infinitiv im Passiv verwendet – der ist aus den genannten Gründen eindeutig (was der Infinitiv Aktiv mit Objekt nicht ist). Die Rolle des Subjekts-Akkusativs übernimmt ja dann der ehemalige Objekts-Akkusativ.
Die lateinische Form obigen Satzes lautet also:
iubeo domum aedificari - ich befehle, dass das Haus gebaut wird
Ein bekanntes Beispiel dafür, was sonst passieren kann, ist der Orakelspruch
Aio te Romanos vincere posse. – Ich bekräftige, dass … (na, was?)
Man vergleiche mit
Aio Romanos a te vinci posse – was das Orakel wohlweislich nicht gesagt hat…

Übereinstimmendes Subjekt

Ein AcI vertritt zwar inhaltlich oft einen Nebensatz, aber er ist tatsächlich direktes Objekt eines Verbs und gehört zum gleichen Satz wie dieses. Wenn nun das Subjekt dieses Satzes und der Subjekts-Akkusativ die gleiche Person oder Sache beschreibt, dann muss der AcI rückbezüglich konstruiert werden.
Auch sonst steht im AcI bei Bezug auf das übergeordnete Subjekt suus und nicht eius: videt se in sua re impediri – Er(sie) sieht sich in seiner(ihrer) Angelegenheit behindert.
Das trifft nicht für die deutsche Übersetzung zu, wenn der AcI in einen Nebensatz aufgelöst wird:
Er(sie,es) sieht, dass er(sie) in seiner(ihrer) Angelegenheit behindert wird.
Also, was bedeutet „Felix narrat Gaium semper secum esse” ?
Felx erzählt, Gaius sei immer bei ihm.
„se“ ist Felix (das Satzsubjekt), nicht Gaius!

Zeitenfolge

Bekanntlich hat das Lateinische den Infinitiv in den Zeiten Infinitiv Praesens, Infinitiv Perfekt und Infinitiv Futur zu Verfügung. Beim Einsatz in einem AcI drücken diese drei Zeitstufen immer die Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit aus, also ob die Handlung des AcI während, vor oder nach der Handlung des Grundverbs abläuft – und zwar unabhängig davon, in welcher Zeitstufe dieses steht:
scio te appropinquare – ich weiß, dass du (gerade) kommst
sciebam te appropinquare – ich wusste, dass du kamst
scio te appropinquavisse – ich weiß, dass du kamst (gekommen bist)
sciebam te appropinquavisse – ich wusste, dass du gekommen warst
scio te appropinquaturum esse – ich weiß, dass du kommen wirst
usw.
Das Ganze geht natürlich auch mit Infinitiv Präsens/Perfekt/Futur Passiv. Man kann allerdings Jahrzehnte lang Latein treiben, bevor einem ein Infinitiv Futur Passiv in freier Wildbahn begegnet!
spero litteras missum iri - ich hoffe, dass der Brief zugestellt werden wird
Wieso „missum“ nicht nach „litteras“ gebeugt wird?? Weil hier nicht ein Partizip steht! Der Infinitiv Futur Passiv besteht aus iri „gegangen werden“ und dem ersten Supinum. Wer noch nicht weiß, was ein „Supinum“ ist – nun, hier ist jedenfalls wichtig, dass diese sehr seltene Verbform nicht gebeugt wird, sondern unverändert auf –um geht.
Noch eine Besonderheit: Es ist möglich, in einem AcI so etwas wie einen „Infinitiv Futur II Passiv“ zu konstruieren, indem „fore“ (= futurum esse) mit dem Partizip Perfekt Passiv kombiniert wird:
dicebant omnia parata fore – sie sagten, alles werde bereitgestellt worden sein
Bei Deponentien hat diese Kombination natürlich die Bedeutung eines Aktivs: …me adeptum fore „dass ich erreicht haben werde“

Und noch eins drauf: „meminisse“ (sich erinnern) ist ein Verbum mit Formen im Perfekt, aber Bedeutung im Präsens. Gretchenfrage an meminisse: „Sag’, wie hältst du’s mit dem tempus?“ „In jedem Falle Präsens, schließlich kann man mich mit „vergegenwärtigen“ übersetzen!“ Tatsächlich ist hier Inf. Perf. die ganz große Ausnahme: memini te heri studere – ich erinnere mich daran, dass du gestern gelernt hast

Nominalerweiterungen

Ein Prädikatsnomen im AcI richtet sich nach dem Subjektsakkusativ, wie man oben an „dicebant omnia parata fore“ sieht.
Im AcI kann auch ein Prädikativum auftreten:
lupum vivum capi accipio – ich erfahre, dass der Wolf lebendig gefangen wird
Schließlich stehen auch Adjektivattribute, Appositionen usw. zum Subjekts-Akkusativ natürlich ebenfalls im Akkusativ:
rem publicam conservatam esse iuro – ich schwöre, dass der Staat bewahrt wird
Hier gibt es einen Spezialfall: Der Akkusativ wirkt auch noch auf Nomina, mit denen der Begriff im Subjekts-Akkusativ verglichen wird (mit quod, quam oder dergleichen):
rem publicam cariorem quam te ipsum tibi esse spero – ich hoffe, der Staat ist dir wichtiger als du selbst
te idem quod me videre puto – ich glaube, du siehst dasselbe wie ich

AcI mit esse

Wir hatten schon Beispiele mit esse (fuisse, fore) als Infinitiv im AcI. Wenn esse Copula ist (also nur Bestandteil eines Inf. Perfekt Passiv oder Inf. Futur Aktiv ist oder bei Gerundivum steht), fällt es gelegentlich aus:
scelus ulciscendum puto – ich glaube, das Verbrechen muss gerächt werden
me iturum aio – ich betone, dass ich gehen werde

AcI im Fragesatz, im Relativsatz

Ein lateinischer AcI kann Teil eines Fragesatzes sein, auch mit einem Fragepronomen als Akkusativ, und auch im Relativsatz auftauchen. Solche Strukturen sind im Deutschen schwer nachzubilden:
quem id ignorare putas? – Wer, glaubst du, weiß das nicht?
ubi naves esse sperat? – Wo, hofft er, sind die Schiffe? oder Er hofft, die Schiffe seien wo?
nonne te emere coegit? – Hat er dich etwa nicht zu kaufen veranlasst?
ad flumen Nilum veni, quod esse in Aegypto demonstratum est – Ich kam zum Fluss Nil, („der in Aegypten zu sein gezeigt wurde“), von dem gezeigt wurde, dass er in Aegypten liegt.

AcI nicht als Objekt

In praktisch allen bisher vorgestellten Beispielen war der AcI direktes Objekt eines gewissen Verbums. Nun vergleiche man
rem publicam conservatam esse spero – ich hoffe, dass der Staat bewahrt wird
mit
rem publicam conservatam esse necesse est – es ist nötig, dass der Staat bewahrt wird
Im zweiten Fall täuscht die deutsche Übersetzung darüber hinweg, dass der AcI Subjekt zu „necesse est“ ist - Wer oder was ist nötig?
Auch im Satz über den Nil am Ende des vorigen Abschnitts kann man das „quod esse“ als Subjekt zu „demonstratum est“ auffassen.

Ein kompletter AcI als Satzbestandteil kann also als Subjekt auftauchen, wenn das Prädikat des Satzes ein unpersönlicher Ausdruck ist.

Das hat zu zwei Entwicklungen geführt:
Erstens kommt es vor, dass (in Umgangssprache oder im Affekt) das Prädikat ausgelassen wird (weil es als selbstverständlich vorausgesetzt wird). Dann haben wir einen AcI als Satz (nicht nur als Satzteil):

gloriam ludibrio esse! (fehlt spero oder ähnliches) – Dass der Ruhm zum Gespött werde!

An einem –ne hinter dem ersten Wort erkennt man die rhetorische Frage:
mene desistere? – Ich soll aufhören?
tene haec posse ferre – kannst du das etwa ertragen? oder Dass du dass ertragen kannst!

Die zweite Entwicklung auf diesem Gebiet knüpft daran an, dass ein Akkusativ als direktes Objekt bei einem transitiven Verb ganz regelmäßig zum Subjekt wird, wenn das Verb ins Passiv gesetzt wird:
video lupum – ich sehe den Wolf
lupus videtur (a me) – der Wolf wird gesehen (von mir)
Und das führt folgerichtig zum…

NcI, Nominativus cum Infinitivo

Einige Verben, die bei aktiver Konstruktion mit AcI stehen, können bei passiver Konstruktion als Subjekt einen NcI, einen Nominativus cum Infinitivo, haben:

Felicem fidum esse puto – Ich halte Felix für treu (Ich glaube, dass Felix treu ist)
Felix fidus esse putatur – Felix wird für treu gehalten

tu fida esse putaris, Caecilia – („Du wirst treu zu sein geglaubt“) Du wirst für treu gehalten, Caecilia
Abgesehen davon, dass dies einer der seltenen Fälle ist, wo man mal im Lateinischen den Nominativ eines Personalpronomens erlebt (denn die Regel 1 von oben, „Subjekt muss explizit genannt werden“, gilt auch für den NcI), tut man sich im Deutschen hier insbesondere mit der 2. Person Passiv offensichtlich etwas schwer.
Der Nominativ des NcI ist ja offenbar Subjekt zu beiden Verben, dem im Passiv und dem im Infinitiv. Die Konstruktion mit NcI heißt daher auch „persönliches Passiv“ – im Gegensatz zum „unpersönlichen Passiv“, dem AcI bei einem Verb im Passiv.
Auch beim NcI kann die Copula „esse“ fortfallen: Caecilia, tu fida putaris
Die Konkurrenz zwischen NcI und AcI geht so aus:
NcI steht bei den Verba sentiendi, cogitandi und dicendi (des Fühlens, Denkens und Mitteilens – siehe unten) bei allen Passivformen.
Typische Übersetzungen des persönlichen Passivs sind dabei videor – es scheint, dass ich; dicor – ich soll (angeblich)
„mihi videor“ mit NcI bedeutet „ich bilde mir ein, traue mir zu“; „mihi videtur“ mit AcI aber „es scheint mir gut, ich beschließe“.
videtur mit NcI Futur (gern auch ohne esse) bedeutet „es droht“ oder „es verspricht“, je nachdem, ob etwas Positives oder Negatives ausgesagt wird:
Res publica peritura videtur – Der Staat droht unterzugehen
NcI steht bei der 3. Person Passiv bei traditur, traduntur, fertur, feruntur.(„man überliefert, es wird überliefert“). traditum est steht aber immer mit AcI.

Auch bei den anderen Verba sentiendi und dicendi ist der NcI insbesondere bei den nicht zusammengesetzten Passivformen des Präsensstammes anzutreffen, dort ist die Trennung aber nicht so streng wie bei tradere.

Bei den Formen mit Partizip oder Gerundivum und esse, bei Konstruktionen aus Hilfsverb und Passiv („dici potest“ – man kann sagen) oder Adverb und Passiv („recte putatur“ – zu Recht wird vermutet) überwiegt AcI.

Weitere typische Verben mit NcI sind die des Veranlassens und Verhinderns - cogere (zwingen), iubere (befehlen), vetare (verbieten), prohibere (hindern) -, wenn sie im Passiv stehen. Für das Passiv von docere (lehren) tritt aber discere (lernen) mit AcI ein.

Verwendungsbereiche und Übersetzungsmöglichkeiten des AcI

Ein AcI als Objekt kann auftreten bei folgenden Gruppen von Verben:

Verben der Wahrnehmung (Verba sentiendi)

Verba sentiendi sind z.B. Verben wie videre (sehen), audire (hören), animadvertere (sich hinwenden, bemerken), cernere (wahrnehmen), accipere (vernehmen), comperire (erfahren) und natürlich sentire (fühlen)
Hier haben wir die größte Palette an Übersetzungsmöglichkeiten ins Deutsche. Wir nehmen sie daher als Beispiel. Bei den anderen Verbgruppen wird genauso übersetzt, wenn das deutsche Verb die entsprechende Konstruktion zulässt.

audio eum appropinquare

Übersetzung mit deutschem AcI

Die entsprechenden deutschen Verben gehören eventuell zu den wenigen, die auch im Deutschen einen AcI zulassen. Daher gibt es hier den seltenen Fall, einen AcI mit AcI übersetzen zu können: Ich höre ihn kommen.

Übersetzung mit Verbalsubstantiv

Wenn die im Infinitiv wiedergegebene Handlung das Wesentliche an der Aussage enthält, wird der Infinitiv durch deutsches Akkusativobjekt wiedergegeben, der Subjekt-Akkusativ durch Attribut: Ich höre sein Kommen.

Übersetzung mit eigenem Satz ohne Konjunktion

Der Subjekts-Akkusativ wird zum Subjekt, der Infinitiv zum Prädikat: Ich höre, er kommt.

Übersetzung mit eigenem Satz mit Konjunktion

Ebenso, aber mit einer Konjunktion kann eventuell etwas Nebensinn verdeutlicht werden. Die „neutralste“ Konjunktion ist „dass“: Ich höre, dass er kommt.

Übersetzung mit Vertauschung der Aussagen des AcI und des Grundverbums

Wenn das transitive Verbum „blass“ in der Bedeutung ist, kann man dieses statt des AcI im Nebensatz unterbringen: Er kommt, wie ich höre.

Übersetzung mit dem Grundverbum als Verbalsubstantiv oder Adverb

Und auch dieser Nebensatz kann „substantiviert“ oder „adverbalisiert“ werden: Nach meinem Vernehmen kommt er.
(Das geht bei einigen anderen Verben besser als ausgerechnet bei audio: video „sichtlich“, sentio „nach meiner Meinung“, spero „hoffentlich“, fama est „angeblich“ …)

Übersetzung mit einfachem Infinitiv

Der Spezialfall bei zusammenfallendem Subjekt: audio me obligatum esse – Ich höre, dass ich verpflichtet bin – Ich höre verpflichtet zu sein.

Bei Verba sentiendi kommt statt AcI auch ein Akkusativ mit Partizip Praesens vor:
Felicem dicentem audiam – ich möchte Felix reden hören
Felicem dicere audio – Felix redet, höre ich
Beim Partizip liegt die Betonung bei der Wahrnehmung („möchte hören“), beim AcI eher auf der durch den Infinitiv beschriebenen Handlung („Felix redet“).

Verben des Denkens und Mitteilens (Verba cogitandi und dicendi)

Das sind Verben wie z.B. cogitare (denken), scire (wissen), nescire, ignorare (nicht wissen), cognoscere (erkennen), intellegere (einsehen), credere, putare (glauben), sperare (hoffen), discere (lernen), existimare (einschätzen), confidere (vertrauen), meminisse (sich erinnern), den Deponentia oblivisci (vergessen), suspicari (vermuten), arbitrari (meinen), opinari (dafür halten)
und dicere (sagen), negare (verneinen), respondere (antworten), contendere (behaupten), declarare (erklären), affirmare (versichern), nuntiare (verkünden), narrare (erzählen), docere (lehren), persuadere (überzeugen), simulare (vorspiegeln), tradere (überliefern), promittere (verheißen), scribere (schreiben), iurare (schwören), arguere (anklagen) und den Deponentia fateri (gestehen), profiteri (öffentlich bekennen), polliceri (versprechen), gloriari (sich rühmen), minari (drohen)
sowie auctorem esse (berichten), certiorem facere (benachrichtigen).

Die entsprechenden deutschen Verben lassen meistens den AcI nicht zu (abgesehen von „ich lehre dich tanzen“). Möglich sind damit die übrigen der oben genannten Übersetzungsmöglichkeiten.
Bei den Verben, die eine Verneinung enthalten, kann diese in die Aussage des AcI hinübergenommen werden, Das passiert bei negare fast immer:
nego eum advenire – ich sage, dass er nicht kommt
Bei den Verben, die auf eine noch nicht eingetretene Handlung hinweisen (sperare, confidere, promittere, polliceri, minari, iurare bei entsprechender Bedeutung), setzt man im Lateinischen sehr sorgfältig einen Infinitiv Futur oder einen Infinitiv, der das „noch nicht Sein“ unterstreicht (velle, posse):
sperat amicum rediturum esse – er hofft, dass der Freund zurückkehren wird (im Deutschen oft: „…zurückkehrt“)
Wenn ein Verbum keinen Infinitiv Futur bilden kann, z.B. paenitere, steht statt des AcI eine Konstruktion mit fore, ut:
spero fore, ut id te paeniteat – („ich hoffe, dass sein wird, dass es dich reut“) ich hoffe, dass du das bereuen wirst
Anmerkung: Wenn ein Verbum dicendi nicht mit AcI steht, sondern mit ut (verneint ne) und Konjunktiv, dann haben wir es nicht mit einer Aussage, sondern mit einer Aufforderung zu tun!
dico id factum (esse) – ich sage, dass das geschehen ist
dico, ut id facias – ich sage, dass du das tun mögest.

Verben des Affekts (verba affectus)

Das sind Verben (viele davon Deponentien oder Semideponentien) wie gaudere, laetari (sich freuen), delectari (sich erfreuen an), mirari (sich wundern), lugere (trauern), dolere (Schmerz empfinden), gemere (klagen), queri (sich beklagen), indignari (unwillig sein), angi (sich ängstigen) und aegre (moleste, graviter) ferre (ungehalten sein).
Bei ihnen steht der AcI in Konkurrenz zu einem Nebensatz mit quod und Indikativ:
gaudeo te advenire – ich freue mich, dass du kommst (einfache Tatsache)
gaudeo, quod advenis – ich freue mich, weil du gekommen bist (Grund)
In seltenen Fällen ist für den Sinn wichtig, dass die Aussage mit quod das tatsächlich eingetroffene Faktum beschreibt, der AcI aber eher den Sachverhalt:
quod victis parcis laetor – dass du die Besiegten schonst, freut mich (= ist eine erfreuliche Handlung)
te victis parcere laetor – dass du die Besiegten schonst, freut mich (= ist eine erfreuliche Haltung)

Verben des Wollens (Verba volendi)

Das sind die Verben iubere (befehlen), vetare (verbieten), sinere (zulassen), pati (dulden). Sie sind besonders häufig Kandidaten für einen AcI mit Inf. Pass., weil das Subjekt nicht genannt werden soll:
iubeo pontem rescindi – ich befehle, die Brücke abzureißen (= dass die Brücke abgerissen wird).
In diese Gruppe gehören auch velle (wollen), nolle (nicht wollen), malle (lieber wollen), cupere (begehren). Sie stehen mit AcI, wenn es einen eigenen Subjekts-Akkusativ gibt oder wenn zwar die beiden Subjekte zusammenfallen, aber entweder der Subjekts-Akkusativ betont werden soll, von ihm ein Prädikatsnomen abhängig ist oder der Satz mit Inf. Passiv konstruiert wird:
Caesar hieme Romae esse voluit – Caesar wollte im Winter in Rom sein (kein AcI, da gemeinsames Subjekt)
Caesar Germanos Rhenum transire noluit - Caesar wollte nicht, dass die Germanen den Rhein überqueren (AcI bei verschiedenem Subjekt)
me a te amari volo neque eum – Ich will von dir geliebt werden, aber nicht er (AcI bei betontem gemeinsamem Subjekt)
me sapientem esse volo – ich will weise sein (AcI trotz gemeinsamem Subjekt zur Befestigung von „sapientem“)
Andere Verben wie studere (sich bemühen) können bei nicht zusammenfallendem Subjekt gelegentlich mit AcI stehen, tun dies aber nicht regelmäßig.

Unpersönliche Ausdrücke

Bei unpersönlichen Ausdrücken, insbesondere solchen, die eine Feststellung treffen, steht der AcI. Wie schon betont wurde, ist der AcI hier in vielen Fällen eher Subjekt als Objekt.
Solche Ausdrücke sind

constat es ist bekannt apparet es ist offensichlich
perspicuum est es ist deutlich manifestum est es liegt auf der Hand
verisimile est es ist wahrscheinlich apertum est es ist offenbar
opinio est es besteht die Meinung spes est es besteht die Hoffnung
proverbium est es besteht das Sprichwort me fugit es entgeht mir
me fallit „es ist mir versagt (zu wissen)“ – ich weiß nicht
me praeterit „es hat mich gemieden“ - es ist mir unbekannt
fama est es geht das Gerücht fas, nefas est es ist Recht, Unrecht
iustum est es ist gerecht credibile est es ist glaubhaft
mirum est es ist verwunderlich

Bei weiteren unpersönlichen Ausdrücken steht der AcI, wenn das Subjekt genannt werden soll, sonst der bloße Infinitiv. Das betrifft

piget me mich verdrießt pudet me ich schäme mich
interest es ist wichtig refert es ist wichtig
opus est es ist nötig necesse est es ist erforderlich
oportet es gehört sich libet es beliebt
decet, dedecet es geziemt sich (nicht) mihi placet ich beschließe
mihi videtur es scheint mir (…gut) iuvat es hilft, es erfreut
prodest es nützt expedit es ist vorteilhaft
conducit es kommt zupass praestat es ist besser
facile est es ist leicht tempus est es ist Zeit
mos est es ist Sitte operae pretium est es lohnt sich (ist der Mühe wert)
stultum, sapientis, laus, scelus est es ist dumm, klug, löblich, ein Verbrechen
turpe, indignum, par, utile est es ist schändlich, empörend, angemessen, nützlich
non ferendum est es ist unerträglich aequum est es ist billig (= gerecht)
fas, nefas putatur es gilt als Recht, Unrecht
fas, nefas habetur es wird für Recht, Unrecht gehalten
consentaneum est es ist natürlich

und andere „est“, „habetur“, „putatur“ mit Prädikatsnomen

stultum est pugnare – es ist dumm zu kämpfen (einfacher Infinitiv)
stultum est Felicem pugnare – es ist dumm, dass Felix kämpft (AcI)

Bei oportet und necesse est steht gelegentlich statt AcI ein einfacher Konjunktiv:
vis dominetur necesse est, si… – Die Gewalt gewänne notwendig die Oberhand, wenn…

AcI versus einfacher Infinitiv

Einige Verben haben mit AcI eine etwas andere Bedeutung als mit einfachem Infinitiv:

Verb mit Infinitiv mit AcI
contendere versuchen behaupten
cogitare gedenken, vorhaben meinen, glauben
statuere, constituere, decernere beschließen feststellen
scire verstehen (= können) wissen

Schlusswort

Alle diese Regeln gelten für „Standardlatein“. In poetischer Sprache wird mitunter abgewichen. Auch in der gesprochenen Alltagssprache wird oft vereinfacht konstruiert. Und dann gibt es noch Sondersprachen wie z.B. Militärlatein - dort wird der Subjektsakkusativ gern fortgelassen:
imperator iussit tubas canere - Der Feldherr befahl „Trompeten blasen“

Der AcI ist also immer für eine Überraschung gut!

der_accusativus_cum_infinitivo.1278196311.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/12/08 19:44 (Externe Bearbeitung)