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steigerung_der_adjektive

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Hier soll die Komparation, also die Steigerung, von Adjektiven besprochen werden.

Wie im Deutschen gibt es den

Positiv Komparativ Superlativ
gut besser am besten; oder, wenn man nicht vergleichen will,
gut ziemlich gut sehr gut (Diese vergleichslose Verwendung heißt Elativ.)

(An sich gibt es Adjektive, die wegen ihrer Bedeutung keine Steigerung zulassen wie z.B. Farbbezeichnungen oder „einzig“. Aber die Werbung kennt inzwischen das „einzigste weißeste Weiß“ und die Römer als Südländer neigten zu Superlativen…)

Den Elativ kennt man manchmal im Deutschen auch ohne „ziemlich“ und „sehr“: Eine ältere Dame, die ich bestens kenne, hebt eine größere Summe vom Konto ab…

Wie üblich gibt es für die Bildung der Formen eine Normalmethode und eine Reihe von Ausnahmen.
Normalfall: Vom Genetiv Singular des Adjektivs im Positiv wird die Genetiv-Endung (-i oder -is) abgetrennt:
laetus > laeti > laet-
prudens > prudentis > prudent-
gravis > gravis > grav- usw.

An diesen Rumpf treten für den Komparativ die Endungen der konsonantischen Deklination -ior, Neutrum -ius: laetior, prudentior, gravior usw.

Für den Superlativ tritt -issimus,-a,-um ein: laetissimus, prudentissimus

Die Ausnahmen sind:
a) Adjektive auf -er (und vetus,veteris sowie neben prosper auch prosperus) bilden den Superlativ auf -errimus:
pulcher > pulcherrimus, celer > celerrimus, vetus > veterrimus

b) Ein halbes Dutzend Adjektive auf -ilis bildet den Superlativ auf -illimus. (-bilis siehe unten) Das betrifft facilis > facillimus; difficilis, similis, dissimilis, humilis, gracilis.

c) Einige Adjektive können grundsätzlich nicht mit Endungen steigern. Sie werden mit Hilfsworten gesteigert (sozusagen „geeignet, mehr geeignet, meist geeignet“: idoneus, magis idoneus, maxime idoneus).
Das betrifft die Adjektive auf Vokal+us wie dubius, idoneus, arduus und die Adjektive auf -ulus, -alis, -aris sowie mirus, gnarus und ferus. inops und frugifer siehe bei e).

Komparativ, aber keinen Superlativ haben die Adjektive auf -bilis, alacer, salutaris (siehe unten bei e)), serus und vicinus.

Superlativ, aber keinen Komparativ hat sacer (> sacerrimus).

Nicht hierzu gehören (und normal steigerbar sind) die Adjektive auf -quus sowie liberalis, familiaris, mobilis und nobilis (> mobillimus, nobillimus).

d) Die Adjektive auf -volus, -dicus, -ficus steigern, als ginge der Positiv auf -ens (und manchmal gibt es diese Form sogar): benevolus/benevolens benevolentior benevolentissimus „wohlwollend“

d) Der Elativ des Superlativs kann auch durch die Vorsilbe per- („sehr“) ausgedrückt werden (permagnus: sehr groß), manchmal auch durch prae- („vor“ anderen): praepotens, praeclarus
praeclarus hat die Besonderheit, seinerseits steigerbar zu sein! (praeclarior, praeclarissimus)

e) Schließlich gibt es die ganz unregelmäßigen Adjektive, die entweder ihre Formen von mehreren Wortstämmen bilden (wie im Deutschen „viel, mehr, meist“ oder „gut, besser, best“) oder bei denen einige Formen fehlen. Manche der letzten Gruppe verwenden dann regelmäßig Formen eines anderen Adjektivs mit verwandter Bedeutung. Zu dieser Gruppe gehören z.B.:

bonus melior optimus gut (besser,best)
malus peior pessimus schlecht
malus deterior deterrimus gering,niedrig
magnus maior maximus groß
parvus minor minimus klein
multum plus plurimum viel (mehr,meist; nur neutrum)
Der Plural lautet:
multi plures plurimi viele

plures ist (neben complures „einige“) der einzige Komparativ mit Gen.Pl. -ium!

Mit anderen Adjektiven „auffüllende“:

frugifer fertilior fertilissimus fruchttragend
inops egentior egentissimus bedürftig
novus recentior (selten novior) novissimus / recentissimus neu
alacer alacior laetissimus munter
salutaris salutarior saluberrimus heilsam
vetus vetustior veterrimus (siehe oben a) alt

Die beiden nicht deklinierbaren Adjektive frugi und nequam haben naturgemäß keinen Genetiv zum Formenableiten. Sie steigern

frugi frugalior frugalissimus brav
nequam nequior nequissimus nichtsnutzig

Schließlich gibt es noch einige Komparative und Superlative als Einzelformen. Viele von ihnen stammen von Präpositionen ab wie „vorderer“ als Komparativ zu „vor“; das heißt, die Komparativform enthält bereits der Bedeutung nach einen Vergleich (es gibt ein „hinteres“, wenn es ein „vorderes“ gibt)! Daher ist klar, wieso es zwar einen Superlativ geben kann („vorderster“), aber wie im Deutschen keinen Positiv. Manchmal kann man ein verwandtes Adjektiv in die Lücke setzen (unten in Klammern).

So entstehen die Reihen:

(exterus auswärtig) exterior äußerer extremus äußerster von extra außerhalb
interior innerer intimus innerster von intra innerhalb
(superus überirdisch) superior oberer supremus oberster, summus höchster von supra oberhalb
(inferus unterirdisch) inferior unterer infimus, imus unterster von infra unterhalb
ulterior jenseitiger ultimus entferntester, letzter von ultra jenseits
citerior diesseitiger citimus nächstliegender von citra diesseits
proprior näher proximus nächster von prope bei
(posterus folgend) posterior späterer postremus letzter, postumus nachgeborener von post hinter
prior früherer primus erster von prae vor
deterior geringerer deterrimus geringster (siehe oben malus!) von de von herab
(potens könnend, einer Handlung mächtig) potior wichtiger potissimus wichtigster

- Der Positiv (potis) taucht nur noch auf als Bestandteil von posse „können“ -

Schließlich bilden die beiden Substantive senex und iuvenis (alter und junger Mann/Mensch), die auch als Adjektiv gebraucht werden, die Komparative senior und iunior („der ältere“ / „der jüngere“).

Eher scherzhaft ist der Superlativ des Pronomens ipse „selbst“, nämlich ipsissimus „höchstselbst, in eigener Person“.

Anwendung der Komparation

Hier soll die Anwendung der Komparationsformen, also gesteigerter Adjektive, besprochen werden.

Die meisten Anwendungen sehen aus wie im Deutschen:
Marcus longior est quam Rufus „Marcus ist länger als Rufus“
Marcus longissimus est „Marcus ist der längste“

Beim Vergleich von zwei Objekten ist allerdings das Lateinische exakter und verwendet den Komparativ: uter longior est? „Wer ist länger?“ (Deutsch ja sonst: „Wer ist der längste?“ Aber am uter „wer von beiden?“ wird ja deutlich, daß zwei Personen verglichen werden.)

Der Teufel steckt ansonsten wie immer im Detail:

1. quam: als

a) mit einem Komparativ: „als“ wie im Deutschen
longior quam Rufus „länger als Rufus“

b) mit einem Superlativ: „möglichst“ (im Deutschen meist Positiv)
equus quam celerrimus „ein möglichst schnelles Pferd“ (= das möglichst schnellste Pferd)

c) mit zwei Komparativen: eine Eigenschaft mehr als die andere (im Deutschen Komparativ + Positiv)
villa longior quam latior est „Die Villa ist länger als breit“

d) nach plus (mehr als), minus (weniger als), amplius (umfassender als), meist auch longius (länger als) und Maßangaben fällt quam aus. Die Satzkonstruktion (casus usw.) wird gebildet, als ob der Komparativ nicht eingesetzt wäre!
annos decem te amo „ich liebe dich zehn Jahre lang“ (Akkusativ der zeitlichen Spanne)
> plus annos decem te amo „ich liebe dich mehr als zehn Jahre lang“
quadraginta diebus urbs expugnabatur „nach 40 Tagen wurde die Stadt erobert“ (Ablativ des Zeitpunktes - keine Spanne, die Eroberung dauerte nur einen Tag!)
> minus quadraginta diebus … „nach weniger als 40 Tagen …„
aequor muri tinctus est „Die Fläche der Mauer wurde bemalt.“ > amplius aequor muri … „mehr als die Fläche der Mauer …“

2. quisque (quidque): jeder (jedes)

a) mit Superlativ: „gerade die, alle die“ (im Deutschen meist Mehrzahl)
vir sapientissimus quisque errat „gerade ein weiser Mann irrt; gerade die weisen (weisesten) Männer, alle die weisen Männer irren.“

b) in der Konstruktion ut quisque … ita mit zwei Superlativen: „je … desto“ (im Deutschen zwei Komparative)
ut quidque rarissimum, ita preciosissimum „je seltener (etwas ist), desto wertvoller“
Diese Konstruktion heißt „ut comparativum“.

3. Ablativ

a) mit einem Komparativ: Der Ablativ steht anstelle von quam 1a)
nocentius ferro = nocentius quam ferrum „schädlicher als Eisen“
Diese Konstruktion heißt „Ablativus comparationis“.

Es macht besonders viel Spaß, diesen Ablativ in Relativsätzen zu übersetzen: in patriam, qua nihil iucundius, eo „In die Heimat, als welche nichts willkommener, gehe ich.“ wird wohl werden: „In die Heimat - nichts ist willkommener als sie - gehe ich.“

b) auch mit einem Komparativ: Der Ablativ antwortet auf die Frage: „hinsichtlich was“ wird verglichen ?
maior longitudine, minor mente „mehr an Länge, weniger an Verstand“
Diese Konstruktion heißt „Ablativus limitationis“.

c) Ablativ einer Maßzahl oder Größe mit einem Komparativ: Der Ablativ antwortet auf die Frage: „um wieviel?“
minor dimido „um die Hälfte kleiner“
Diese Konstruktion heißt „Ablativus mensurae“. Sie steht auch und vor allem bei den Maßzahlen tantus und quantus: quanto rarius, tanto pretiosius „um wieviel seltener, um soviel wertvoller“ als Alternative zum ut comparativum 2b).

4. Genetiv

mit einem Komparativ oder Superlativ auf die Frage „wovon?“
seniores militum „die älteren der Soldaten, die älteren von den Soldaten“
fortissimi omnium „die tapfersten von allen“
Diese Konstruktion gehört zum Komplex „Genetivus partitivus“, über den noch manches andere zu sagen wäre.

5. Beifügungen

Es gibt einige typische Beifügungen zu Komparativen und Superlativen (quam in 1b gehört hierzu), oft in anderer Bedeutung als sonst üblich:

a) mit Komparativ paulo, multo, etiam celerior „ein wenig, viel, noch schneller“

b) mit Superlativ quam, longe, vel celerrimus „möglichst, bei weitem, sogar der schnellste“

6. Genetiv, Ablativ pretii

Im Geschäftsleben stehen allgemeine Wertbezeichnungen auf die Frage „um wieviel an Wert?“ im Genetiv pretii, wenn es sich um eine vergleichende Wertangabe handelt (z.B. in Komparativen wie pluris „teurer“, minoris „billiger“).
Nicht vergleichende Wertangaben stehen im Ablativ pretii (z.B. in Superlativen wie plurimo „sehr teuer“, minimo „sehr billig“ und natürlich in Positiven wie magno „teuer“, parvo „billig“).
Wenn der „Wert“ aber nicht geschäftlich gemeint ist, sondern es sich um „allgemeine Wertschätzung“ handelt („etwas ist jemandem teuer“), steht auch ohne Vergleich der Genitivus pretii (z.B. plurimi, nihili aestimo “„ich schätze sehr hoch, für nichts). Das heißt also, „billig“ und „teuer“ werden im Lateinischen durch „wenig, klein“ und „viel, groß“ ausgedrückt. Das ist ein Überbleibsel des Tauschhandels wie die Vokabel pecunia (Vieh-Einheit) für „Geld“.

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