Φιλομαθής schrieb am 22.02.2017 um 21:42 Uhr (Zitieren)
Gesucht ist der Name einer bekannten Persönlichkeit der Antike. Im Folgenden sei, antiken Quellen folgend, die getreue Darstellung der Geburt des Gesuchten gegeben:
Die Mutter des Gesuchten wird, da sie noch Jungfrau ist, von einer göttlichen Erscheinung heimgesucht, was ihre Schwangerschaft mit dem Gesuchten bewirkt. Auch ihrem Ehemann begegnet im Schlaf eine Gottesvision. Durch diese wird ihm mitgeteilt, dass er mit seiner Frau bis zu ihrer Niederkunft nicht geschlechtlich verkehren dürfe. Nachdem das Kind geboren ist, begeben sich die Eltern mit ihm ins Gebirge, um es den Göttern zu opfern. Das Kind jedoch wird von Bienen mit Honig am Leben erhalten. Es folgt ein langes Leben, das der Gesuchte übrigens in völliger sexueller Enthaltsamkeit verbringt.
Re: Gottessohn
Γραικίσκος schrieb am 23.02.2017 um 14:43 Uhr (Zitieren)
Zeus, wiewohl von Bienen ernährt, scheidet da aus mehreren Gründen aus.
Re: Gottessohn
Φιλομαθής schrieb am 23.02.2017 um 23:01 Uhr (Zitieren)
Ja, Zeus scheidet aus. Der Vogel, mit man den Gesuchten in Verbindung brachte, war nicht der Adler, sondern der Schwan. Als der Gesuchte nämlich seinem künftigen Lehrer begegnete, erkannte dieser in ihm jenen Schwan, den er zuvor in einem Traum erblickt hatte.
Re: Gottessohn
filix schrieb am 23.02.2017 um 23:51 Uhr (Zitieren)
Hm. Diesen Traum träumte Sokrates und erkannte in Platon seinen Schwan. Es gab also wohl eine Erzähltradition, der es nicht genügte, dass er von einem mythischen König abstammte, und die ihn einem Gott unterschob.
Re: Gottessohn
Φιλομαθής schrieb am 24.02.2017 um 14:15 Uhr (Zitieren)
Gratulation! Ja, diese Hagiographie hatte Platon zum Gegenstand. Anscheinend war die Legende, dass Platon nicht der Sohn des Ariston, sondern des Gottes Apollon sei (daher ja auch der Schwan im Traum des Sokrates) schon zu Lebzeiten Platons oder bald nach seinem Tode aufgekommen, denn laut Diogenes Laertios (3, 2) wird diese von Platons Neffen Speusippos in seinem Enkomion Πλάτωνος περίδειπνον (Leichenschmaus beim Tode Platons) erwähnt. Ausführlicher als bei Diogenes Laertios ist die Darstellung bei Olympiodoros (Vita Platonis 1), bei dem sich auch die Parallelgeschichte zum Isaak-Opfer findet:
Um Platon zum Kind einer Jungfrau zu erklären, müssen wir allerdings auf Hieronymus zurückgreifen (Adversus Iovinianum 1, 42), da die Jungfräulichkeit der Periktione zum Zeitpunkt der Geburt Platons in der Vita des Olympiodoros nicht explizit gemacht wird. Hieronymus erwähnt die Jungfräulichkeit der Periktione, um zu erweisen dass Keuschheit auch bei den Heiden in hohem Ansehen stand (eine, aus christlicher Perspektive, riskante Argumentation, wird auf diese Weise doch deutlich, dass die Geschichte um die Jungfrauengeburt Jesu nur eine unter anderen ist):
Die Angabe, dass Platon selbst ein Leben in Keuschheit verlebt habe, entstammt der Platon-Vita des Ps.-Hesychios und bildet dort den Einleitungssatz:
Re: Gottessohn
Γραικίσκος schrieb am 28.02.2017 um 18:07 Uhr (Zitieren)
Wie ich es sehe, hast Du hier mehrere mythische Überlieferungen zu einer Geschichte zusammengebacken. Das ist dann ja mal eine raffitückische Rätselfrage!
Re: Gottessohn
Φιλομαθής schrieb am 01.03.2017 um 12:10 Uhr (Zitieren)
Zugegeben, die Aufgabe war nicht ganz fair gestaltet. Es hatte mich gereizt, einmal zu sehen, zu was für einer "Biographie" man einer bekannten Persönlichkeit wie Platon verhelfen kann, wenn man sich bloß auf die legendenhafte Überlieferung stützt und die eher profanen Aspekte ihres Lebens unter den Tisch fallen lässt.
Re: Gottessohn
Hylebates schrieb am 02.03.2017 um 12:46 Uhr (Zitieren)
Die Jungfrauengeburt war auch außerchristlich im Schwange. Leider habe ich nur die Namen vergessen.
Re: Gottessohn
Φιλομαθής schrieb am 02.03.2017 um 17:32 Uhr (Zitieren)
Aus der Mythologie bekannt ist die Geschichte von der Empfängnis der Zwillinge Romulus und Remus durch Ilia, die auch Hieronymus an oben genannter Stelle anführt, um die Jungfrauengeburt Jesu plausibel erscheinen zu lassen. (Ac ne nobis Dominum Salvatorem de Virgine procreatum Romana exprobraret potentia. auctores urbis et gentis suae Ilia virgine et Marte genitos arbitrantur.)
Einen anderen Fall, bei dem eine historische Persönlichkeit der Legende nach ein inkarnierter Gott war und als ein solcher der Mutter durch eine Erscheinung auch verkündigt wurde, finden wir in Apollonios von Tyana, in dessen Lebensbeschreibung man einige Parallelen zu der Darstellung des Lebens Jesu durch die Evangelisten bemerkt hat. Allerdings war die Mutter des Apollonios keine Jungfrau, was freilich die Platonviten in Bezug auf Periktione auch nicht behaupten.
Re: Gottessohn
Γραικίσκος schrieb am 02.03.2017 um 18:45 Uhr (Zitieren)
Apollonios von Tyana - interessant. Kaiser Alexander Severus hat ihm - neben Buddha [!], Jesus und Zoroaster - ein Standbild errichten lassen, dessen Mutter Iulia Domna hat die Vita Apollonia zu schreiben in Auftrag gegeben. "Es handelt sich um reine Hagiographie, bei der Parallelen zum Leben Jesu so offenkundig sind, daß sie beabsichtigt erscheinen können." (Der Neue Pauly)
Das mit der Statue steht bei SHA Alex. 29.
Daß die junge Frau Maria eine Jungfrau gewesen sei, ist doch ein Übersetzungsfehler, oder?
Re: Gottessohn
Γραικίσκος schrieb am 02.03.2017 um 19:03 Uhr (Zitieren)
Von Buddha steht nichts in SSHA 29. "Apollonius, Christus, Abraham und Orpheus und die übrigen ihresgleichen."
Ein Fehler des Neuen Pauly?
Re: Gottessohn
Hylebates schrieb am 02.03.2017 um 22:28 Uhr (Zitieren)
Apollonios - den meinte ich! Danke.
Re: Gottessohn
Γραικίσκος schrieb am 03.03.2017 um 16:36 Uhr (Zitieren)
Was bleibt, ist meine Frage: Wie mag der Neue Pauly auf Buddha und Zarathustra kommen?
Re: Gottessohn
Φιλομαθής schrieb am 03.03.2017 um 19:35 Uhr (Zitieren)
Ich kann mir auch keinen Reim darauf machen. Erwähnungen Buddhas sind ja in der Literatur der gr.-röm. Antike äußerst rar gesät. Soweit ich sehe, sind das im Wesentlichen wiederum Hieronymus, adv. Iovian. 1, 42. Dann Marius Victorinus (ad Iustinum 7, Migne PL 8, 1003 D) und Clemens von Alexandria (strom. 1, 15, 71, 3)*. Außerdem gibt uns Kyrill von Jerusalem (catech. 6, 23, Migne PG 33, 577 A) Nachricht von einem Terebinthos, der unter dem Namen Buddhas Persien als Wanderprediger durchstreift haben soll. Zu genaueren Untersuchungen müsste man wohl die Fontes historiae religionum Indicarum (coll. B. Breloer et F. Bömer, Bonn 1939) konsultieren.
filix schrieb am 03.03.2017 um 19:36 Uhr (Zitieren)
Das Bild reizt einfach zur Variation, die ja die antike Quelle durch et huiusmodi ceteros gewissermaßen lizenziert. Ein schönes Beispiel dafür aus der Feder Thomas Hardys: