Hallo! Trotz langem Knobeln komme ich einfach nicht hinter den Sinn dieses Satzes:
In non expectando, quae evenire non possunt, nec de praeteritis recordari.
Also mein kläglicher Vorschlag wäre:
Nie in Erwartung, was nicht eintreten könnte, und das Übertroffene nicht erinnern.
Vielleicht noch eine Bemerkung am Rande: Es handelt sich um Platons angebliche (laut Walter Burley) Aufgabenstellung an weise Menschen, nachzulesen in seiner De vita et moribus philosophorum. Vielen, vielen Dank!!
Danke nochmals! Verzeihung, aber jetzt drängt sich mir eine weitere Frage auf: Wird damit quasi der „Blick nach vorn“ also in die Zukunft und weg von der Vergangenheit umschrieben oder liege ich da falsch? Was möchte er mir sagen??
Ich fasse es so auf:
(Klug ist es,) nicht zu erwarten, was (ohnehin) nicht geschehen kann, und sich nicht an das Vergangene (als Belastung) zu erinnern.
Mit anderen Worten:
Klug ist es, (nur) das zu erwarten [sich darauf vorzubereiten], was wirklich geschehen kann.
Re: Platon - Walter Burley
filix am 5.1.12 um 15:26 Uhr, überarbeitet am 28.12.15 um 20:28 Uhr (Zitieren) III
„Interrogatus Plato in quo quis sapientiam adipisci posset ait: In non expectando quae evenire non possunt, nec de praeteritis recordari.“
„Platon, gefragt, worin einer (ein jeder) Weisheit erlangen könne, sagt: Indem er Dinge nicht erwartet, die nicht eintreten können, und nicht an Vergangenes zurückdenkt.“ Spätestens letztere Behauptung entlarvt die Unkenntnis des Autors dieses Kuckuckseis hinsichtlich der „Anamnesis“-Lehre.
Jetzt, wo doch Platons Ideenlehre angesprochen wurde, kann ich es mir nicht verkneifen: Steht diese (dank Ihrer Hilfe nun endlich grammatikalisch richtige) Übersetzung nicht in krassem Gegensatz zu üblichen Beschreibungen von „Anforderungen“ an die Philosophie (Liebe zur Weisheit und somit Weisen), nämlich Offenheit, Staunen und nicht zuletzt Kritik an bereits vorhandenen Lehren/Theorien oder ist das zu weit vorgegriffen (Poppers Falsifikation)?
„nec de praeteritis recordari“ widerspricht zumindest der Geschichtsforschung, sogar jeder Beschäftigung mit der Tradition. Dieses Fehlers hat Popper sich gewiß nicht schuldig gemacht.
In anderen Bereichen mag dieser Grundsatz seine Berechtigung haben: „Nemo prudens punit, quia peccatum est; sed ne peccetur“. (Seneca)
Re: Platon - Walter Burley
filix am 5.1.12 um 16:01 Uhr, überarbeitet am 28.12.15 um 20:27 Uhr (Zitieren) III
So wandeln sich die Strategien des Etikettenschwindels. Gegenwärtig ist das Plagiat, das fremde Erkenntnis als eigene verkauft, das Gravitationszentrum der Debatte, während wir es hier mit dem gegenteiligen Fall zu tun haben: Walter Burley, oder sogar ein Pseudo-Walter Burley, also jemand, der sich als Walter Burley ausgibt, um als dieser Platon irgendwelche „Weisheiten“ in den Mund zu legen, wertet so seine Maxime auf. Der Verführung, ihr eine diskursive Potenz zuzuschreiben, die sie nicht besäße, hätte man sie auf einem Kalender ohne Angabe das Autors und schon gar nicht auf Latein gelesen, scheint man immer noch zu erliegen. Ich schlage also vor, das ganze einfach als untergeschobene „Lebensklugheitsregel“ weniger als philosophische Programmatik dort zu lassen, wo es hingehört, so interessant die historische Erforschung solcher intellektueller Marketingmethoden auch sein mag.