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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Montaigne über Julian Apostata #2 (168 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 19.12.2023 um 14:34 Uhr (Zitieren)
Montaigne, Essais II 19: Über Gewissensfreiheit:
Wir besitzen zwei zuverlässige Geschichtsschreiber, die Augenzeugen seiner Taten waren.

Der eine von ihnen, Ammianus Marcellinus, verurteilt an verschiedenen Stellen seines Werkes jenen Erlaß Julians aufs schärfste, der allen christlichen Rhetorikern und Grammatikern den Zugang zu den Schulen verbot und ihnen zu lehren untersagte, wobei er hinzufügt, er wünschte sich, daß dieses Vorgehn des Kaisers ins Grab des Vergessens sänke. Nun ist aber anzunehmen, daß, wenn Julian auf Schlimmeres als dies gegen uns Christen verfallen wäre, Marcellinus es bestimmt nicht verschwiegen hätte, da er ein eifriger Verfechter unsrer Sache war.

Gewiß verfuhr Julian streng mit uns, ein grausamer Feind aber war er nicht, denn selbst unsere christlichen Chronisten berichten über ihn folgende Geschichte: Als er eines Tages nahe der Stadt Chalkedon spazierenging, erkühnte sich Maris, der triefäugige Bischof des Orts, ihm zuzurufen, er sei ein ruchloser Verräter Christi; Julian antwortete jedoch bloß: „Geh, Elender, und beweine den Verlust deines Augenlichts!“ Worauf der Bischof noch dreister versetzte: „Ich danke Jesus Christus, daß er es mir genommen hat – so brauche ich wenigstens dein unverschämtes Gesicht nicht zu sehen!“

Mit seiner Zurückhaltung, sagen unsre Chronisten, habe Julian nur philosophische Gelassenheit zur Schau stellen wollen. Doch wie auch immer: Fest steht, daß der Vorfall sich kaum mit den Grausamkeiten in Einklang bringen läßt, die er gegen uns verübt haben soll.

Mein andrer Zeuge ist Eutropius, und der bestätigt, daß Julian zwar ein Feind der Christentums gewesen sei, aber nie Blut vergossen habe.

Um auf seinen Gerechtigkeitssinn zurückzukommen: Den einzigen Vorwurf, den man ihm diesbezüglich machen könnte, ist die Härte, die er zu Beginn seiner Regierungszeit gegen die Gefolgsleute seines Vorgängers Constantius anwandte.

Was seine Genügsamkeit betrifft, hat er stets ein soldatisches Leben geführt. Mitten im Frieden suchte er sich durch einfache Ernährung auf die Entbehrungen des Krieges vorzubereiten und in sie einzuüben. Zu wachen pflegte er derart viel, daß er die Nacht in drei, vier Abschnitte einteilte, deren kürzesten er dem Schlaf widmete; die übrigen dienten ihm dazu, persönlich bei seinem Heer und seiner Leibgarde nach dem Rechten zu sehen oder Bücher zu lesen, denn einer seiner ungewöhnlichen Vorzüge bestand darin, auf allen Gebieten der Literatur bestens bewandert zu sein.

Wenn Alexander der Große sich hinlegte, ließ er, wird berichtet, aus Furcht, daß er einschlummern und so in seinen Gedanken und Überlegungen unterbrochen werden könnte, unmittelbar neben seinem Bett ein Becken aufstellen und hielt mit der Hand eine Kupferkugel hierüber, damit er, sollte der Schlaf ihn übermannen und den Griff seiner Finger lockern, durch das Geräusch der ins Becken polternden Kugel aufgeweckt würde. Julians Wille hingegen war derart angespannt auf sein jeweiliges Vorhaben gerichtet und kraft seiner beispiellosen Enthaltsamkeit derart wenig vom Weindunst umnebelt, daß er gut ohne einen solchen Notbehelf auskam.

 
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