α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zen-Belehrungen (1118 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 24.05.2010 um 19:24 Uhr (Zitieren)
In diesem Forum passend?
Nun, ich postuliere einmal, daß es für diese Art des Denkens keine Entsprechung in der griechischen Kultur gibt. Und schon habe ich einen Bezug hergestellt.
Eines Tages setzte sich der Meister in den Vortragssaal und sagte:
„Über der platzraubenden Masse eures rötlichen Fleisches gibt es einen Wahren Menschen ohne jeglichen Rang. Er kommt und geht ständig durch die Tore eures Gesichts. Falls ihr ihm noch nicht begegnet seid, faßt ihn, faßt ihn hier und jetzt!“
In diesem Augenblick trat ein Mönch hervor und fragte: „Was für ein Gefährte ist dieser Wahre Mensch?“
Der Meister kam plötzlich von seinem Podest herunter, ergriff den Mönch und drängte ihn:
„Sag es mir, sag es mir!“
Der Mönch zuckte einen Augenblick zusammen.
Der Meister schob ihn sofort von sich weg und sagte:
„Ach, was für eine unnütze Fußmatte dein Wahrer Mensch ohne jeglichen Rang doch ist!“
Und gleich darauf zog er sich in sein Zimmer zurück.
Re: Zen-Belehrungen
ανδρέας schrieb am 24.05.2010 um 19:37 Uhr (Zitieren)

Ich glaube auch nicht, dass Europäer wegen ihrer kulturellen Prägung leicht (wenn überhaupt) Zugang dazu finden. Der Buddhismus ist übrigens in viele Richtungen auseinander gegangen. Kern ist aber, Erleuchtung durch Meditation zu finden. Eigentlich ist es fast eher eine Philosophie, wenn da nicht die Götter und Geister wären...

Mir hat mal ein Buddhist gesagt, die Europäer beantworteten die Frage, warum sie unglücklich seien mit dem Satz "weil ich zu wenig habe". Der Buddhist sage eher "weil ich zu viel will". Das ist allerdings kein klassisches Zitat, das man irgendwo nachlesen kann.
Interessant ist es jedenfalls schon, die Unterschiede in der philosophischen Denkrichtung zu sehen.
Re: Zen-Belehrungen
Γραικίσκος schrieb am 24.05.2010 um 19:42 Uhr (Zitieren)
Eine schöne Antwort.

Zu den Göttern im Buddhismus:
In früheren Tagen hat einmal ein thailändischer Politiker ein Interview mit einem US-Journalisten über Religion vereinbart. Der Journalist fragte als erstes: "Glauben Sie an Götter?" - Antwort: "Ja, aber ich dachte, wir wollten über Religion sprechen.

Buddha selbst ist mal gefragt worden (der Überlieferung nach), ob es Götter gebe.
Der Buddha: "Für einen vernünftigen Menschen ist es doch klar, ob es Götter gibt."
Der Schüler: "Ich verstehe nicht. Gibt es nun Götter oder nicht?"
Der Buddha: "Ich habe alles gesagt, was ich zu diesem Thema sagen möchte.

Goethe: "Vernünftige Menschen haben all dieselbe Religion."
Frage: "Und welche ist das?"
Goethe: "Darüber sprechen vernünftige Menschen nicht."
Re: Zen-Belehrungen
Γραικίσκος schrieb am 24.05.2010 um 19:51 Uhr (Zitieren)
Der Buddhismus akzeptiert den Glauben an Gott oder Götter, wenn Menschen ihm anhängen, hält sie, Gott oder Götter, aber nicht für heilsentscheidend. Ein großer Unterschied zu den hiesigen Religionen!
Re: Zen-Belehrungen
ανδρέας schrieb am 24.05.2010 um 20:02 Uhr (Zitieren)

Das Goethe Zitat ist wirklich gut. Da hätte man sich wirklich die Religionskriege sparen können, die ohnehin nur vorgeschoben wurden, um die Leute für andere Zwecke einzuspannen.

Hamlet sagt im 2.Akt 2. Szene zu Rosencrantz: (Dänemark, das Gefängnis)

Denn an sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu. (For there is nothing either good or bad, but thinking makes it so)

Gut, wenn viele Leute nachdenken.


Re: Zen-Belehrungen
Γραικίσκος schrieb am 25.05.2010 um 18:36 Uhr (Zitieren)
Gerade habe ich über den tiefen, hintergründigen Sinn des folgenden Ausspruchs Bodhidharmas, des Begründers des Zen (Ch'an), nachgedacht:
Offene Weite - keine Spur von heilig.

Ausgesprochen gegenüber einem Kaiser von China, der sich seiner großen Leistungen für den Buddhismus rühmte.
Bodhidharma gilt es der "Erste Patriarch des Zen" - aber das ist wohl schon wieder zu ... heilig.
Re: Zen-Belehrungen
ανδρέας schrieb am 25.05.2010 um 19:33 Uhr (Zitieren)
Als Europäer ist die Lehre des Zen wirklich schwer nachzuvollziehen, wie mir scheint. Sie ist das diametrale Gegenteil zum individualistisch geprägten, vernunftorientierten, Ich-bezogenen, zum Besitz und zur Leistung strebenden Menschen. Ich habe mal den Wikipedia Beitrag etwas zusammengefasst. Das ist dem „Abendland“ einfach fremd: (recht lang)
Zen bietet keine Lehre, kein Geheimnis, keine Antworten. In einem Koan spricht der Zen-Meister Ikkyû Sôjun zu einem Verzweifelten:
„Ich würde gerne irgendetwas anbieten, um Dir zu helfen, aber im Zen haben wir überhaupt nichts.“
Es bedeutet, das Leben zu leben – in seiner ganzen Fülle. Der unmittelbare Zugang zu diesem Einfachsten von allem ist dem Verstandeswesen Mensch jedoch versperrt – es scheint so, als ob die niemals schweigende Stimme der Gedanken ihn durch hartnäckige Ideen und urteilende Vorstellungen blockiere. Die permanente Beschäftigung mit sich selbst, die schützende Ich-Bezogenheit jedes Einzelnen verursacht immer wieder nur neues Leiden
>>> Die Charakterisierung, Zen biete „nichts“, wird gerne von Zen-Meistern gegenüber ihren Schülern geäußert, um ihnen die Illusion zu nehmen, <<< Zen biete erwerbbares Wissen oder könne etwas „Nützliches“ sein. Auf einer anderen Ebene wird hingegen auch das Gegenteil behauptet: Zen biete das „ganze Universum“, da es die Aufhebung der Trennung von Innenwelt und Außenwelt, also „alles“, beinhalte.

Zen entzieht es sich der „Vernunft“ und wird deshalb oft als „irrational“ empfunden, auch weil es sich grundsätzlich jeder begrifflichen Bestimmung widersetzt. Das scheinbar Mysteriöse des Zen rührt jedoch allein aus den Paradoxa, die der Versuch des Sprechens über Zen hervorbringt.

>>>Ein wichtiger Teil der Zen-Praxis besteht aus der Konzentration auf den Alltag. Dies bedeutet einfach nur, dass man sich auf die Aktivität, die man gerade in diesem Augenblick ausübt, vollkommen konzentriert, ohne dabei irgendwelchen Gedanken nachzugehen. <<<

Zen ist der weglose Weg, das torlose Tor. Die dem Zen zugrundeliegende große Weisheit (Prajna) braucht gemäß der Lehre nicht gesucht zu werden, sie ist immer schon da. Vermöchten die Suchenden einfach nur ihre permanenten Anstrengungen aufzugeben, die Illusion der Existenz eines „Ich“ aufrechtzuerhalten, würde sich Prajna unmittelbar einstellen.

„Zen ist nicht etwas Aufregendes, sondern Konzentration auf deine alltäglichen Verrichtungen“ (Shunryu Suzuki)

Auf diese Weise kann sich die Erkenntnis der absoluten Realität einstellen (Satori). Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird aufgehoben; die Kontingenz der eigenen Existenz, das In-die-Welt-geworfen-Sein kann angenommen werden. Vollkommene innere Befreiung ist die Folge: Es gibt nichts zu erreichen, nichts zu tun und nichts zu besitzen.

Aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Zen#Selbstverst.C3.A4ndnis
Re: Zen-Belehrungen
ανδρέας schrieb am 25.05.2010 um 21:56 Uhr (Zitieren)
Aber vielleicht gibt es gewisse Ähnlichkeiten, die mit dem Zen-Buddhismus bestehen:

Ὁ θάνατος οὐδὲν πρὸς ἡμᾶς.

Epikur, Brief an Menoikeus, 125

Solange wir leben geht der Tod uns nichts an, ist der Tod da, existieren wir nicht mehr.
Re: Zen-Belehrungen
Γραικίσκος schrieb am 26.05.2010 um 11:51 Uhr (Zitieren)
Wenn es in Griechenland jemanden gab, der als Typus dem Buddha nahekommt, dann ist das Vater Epikur. Diesen wie auch (nach der interessanten Deutung von Heinrich Zimmer) den Buddha kann man als (Seelen-)Ärzte, also als Psychotherapeuten verstehen.
Re: Zen-Belehrungen
ανδρέας schrieb am 30.05.2010 um 13:23 Uhr (Zitieren)

Gibt es nicht deutliche Parallelen zwischen dem Zen-Buddhismus und dem klassischen Stoizismus ?

Nämlich das Bestreben, sich innerlich von den Dingen zu lösen : αὐτάρκεια, ἀπάθεια und ἀταραξία. Man denke an Seneca`s von Nero befohlenen „Freitod“ (den er wohl schon lange erwartet hatte) und den er mit Gleichmut ausführte.

Allerdings ist dies von der heutigen Lebensphilosophie in Europa genau so weit entfernt, wie die Ansichten des Buddhismus.
Re: Zen-Belehrungen
Γραικίσκος schrieb am 30.05.2010 um 15:12 Uhr (Zitieren)
Das paßt auch, wenn man die Stoa als Selbstbefreiung auffaßt. Sofern man nicht Nietzsches malizösem Wort traut: "Wie gut verbirgt der Stoizismus, was einer nicht hat!"
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: kapitolinische Wölfin

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.