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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Ewige Jude berichtet über eine Intrige (211 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 28.02.2024 um 00:13 Uhr (Zitieren)
Jan Potocki, Die Handschrift von Saragossa, Zweiunddreißigster Tag:

Potocki war Schriftsteller, Mathematiker und Altertumsforscher. In seinem berühmten Roman läßt er den Ewigen Juden auftreten und von seiner Geschichte erzählen. Daraus gebe ich einen Abschnitt wieder, die seinen Vater aus Alexandria zur Zeit des Augustus betrifft.
Eines Tages meldete man uns einen römischen Gerichtsschreiber. Er wurde hereingeführt, und wir erfuhren, daß mein Vater des Hochverrats angeklagt sei sowie der Absicht, Ägypten den Arabern auszuliefern. Als der Römer sich entfernt hatte, sagte Dellius (1) zu meinem Vater:

Mein lieber Mardochai, es ist sinnlos, Sie zu rechtfertigen, denn jeder ist von Ihrer Unschuld überzeugt; die Sache wird Sie die Hälfte Ihres Vermögens kosten, und Sie werden nichts tun können, als sie freiwillig hinzugeben.

Dellius hatte recht, die Angelegenheit verschlang die Hälfte unseres Vermögens.

Im nächsten Jahr fand mein Vater, als er eines Morgens ausging, vor der Tür einen Mann, der kaum noch zu atmen schien. Mein Vater ließ ihn in sein Haus bringen und wollte ihn wieder zum Leben erwecken; doch alsbald drangen Gerichtsbeamte in sein Haus und mit ihnen die Bewohner des Nachbarhauses, acht an der Zahl, die alle beschworen, sie hätten gesehen, wie mein Vater diesen Mann ermordet habe. Mein Vater saß sechs Wochen im Gefängnis und verließ es erst, als er die andere Hälfte seines Vermögens geopfert hatte, das heißt alles, was ihm verblieben war.

Er behielt nur das Haus. Doch kaum war er heimgekehrt, als bei seinen bösen Nachbarn Feuer ausbrach. Es war Nacht. Die Nachbarn drangen bei ihm ein, schleppten alles fort, was sie mitnehmen konnten, und setzten sein Haus an allen Ecken und Kanten in Brand. Bei Sonnenaufgang war es nur mehr ein Haufen Asche, auf dem der blinde Dellius mit meinem Vater umherirrte, der mich in seine Armen hielt und sein Unglück beklagte.

Als die Läden geöffnet wurden, nahm mich mein Vater an der Hand und führte mich zum Bäcker, der uns bisher versorgt hatte. Der Mann schien von Mitleid bewegt und gab uns drei Brote. Wir kehrten zu Dellius zurück, der uns mitteilte, in unserer Abwesenheit habe ein Mann, den er nicht hätte sehen können, zu ihm gesagt:

O Dellius, möge euer Unglück über das Haupt des Sedekias (2) kommen! Vergebt jenen, die seine Werkzeuge waren. Wir wurden bezahlt, um euch zu verderben, aber wir haben euer Leben geschont. Nehmt dies, um eine Zeitlang durchzukommen. Hierauf habe ihm der Mann einen Beutel mit fünfzig Goldstücken gereicht.
[...]

(Jan Potocki: Die Handschrift von Saragossa. Hrsg. v. Roger Caillois. 2 Bde. Frankfurt/Main 1980, S. 457 f.)

(1) ein blinder Freund des Hauses
(2) der Großonkel des Ewigen Juden, der mit dessen Vater in einem Eigentumsstreit um ein Haus in Jerusalem stand
 
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