Wenn man ein antikes Drama liest - nehmen wir als Beispiel die "Antigone" des Sophokles -, dann weiß ich nicht, wie man auf den Gedanken kommen kann, dies habe nichts mit unserer Gegenwart zu tun. Man merkt dies auch daran, daß so viele moderne Schriftsteller antike Stoffe adaptiert haben.
Solche Äußerungen wie die Deines Bekannten werden in aller Regel von Leuten getätigt, welche weder die antike Literatur noch die antike Philosophie näher kennen und die stattdessen nach dem Grundsatz urteilen: Was lange her ist, kann heute nicht mehr von Bedeutung sein.
Dem möchte ich entgegenhalten: Was wirklich von Bedeutung ist, ist zeitlos ... und stand dem Menschen in der Antike ebenso offen wie den heutigen Menschen. Falls nun jemand den Entschluß gefaßt hat, um mit Schopenhauer zu sprechen, "die Weisheit von Jahrtausenden gelassen zum Fenster hinauszuwerfen", dann schneidet solch ein Mensch sich aus eigenen Stücken von dieser Weisheit ab und zahlt damit den Preis für seine eigene Ignoranz.

Vielen Dank!!!

Manchmal, wenn ich ganz schnoddrig drauf bin, lasse ich mich auf die Diskussion, welchen Sinn Latein- und Griechischunterricht hat, überhaupt nicht ein. Komischerweise habe ich mal einem Bekannten gesagt: "Praktischen Sinn hat der Unterricht natürlich nicht."
Nun möchte ich den Hut ziehen vor Γραικίσκος Ausführungen und die Definition von Klassiker meines ehemaligen Referendariats-Betreuers (nur kurz, weil ich in seinem Unterricht unterrichten durfte) zitieren: "Lieder, die man nach zehn Jahren noch gern hört, sind Klassiker." Stücke, die man nach 2400 Jahren noch liest ... sind ohne Zweifel bedeutsam.

Man mag jetzt einwenden, dass sie nur gelesen werden, weil sie halt als Klassiker bekannt sind, sich also selbst am Leben halten.
Aber was hätte sich denn überhaupt an der Philosophie, an den Fragestellungen, an den tragischen Problemen überhaupt ändern können?
Technik und Software ändert sich - aber die Dichter, Tragiker und Philosophen haben damals so tief geschürft, dass sie einfach zeitlos sind.
Das fängt schon bei der Geschichtsschreibung an, die ja Geschichtsphilosophie ist.
Lukrez, der ja einen großen Teil der damaligen Wissenschaft nutzt, tut das für philosophische Ausführungen. Man mag ihm also sagen, dass eben keine kleinen Bildchen von Dingen ins Auge fliegen, und alles ins Auge passt, weil die Bildchen auf dem Flug kleiner werden - aber seine Philosphie bleibt unangetastet.

Für den Maschinenbau ist das allerdings nicht wichtig. Für den Menschen? Auf jeden Fall.

Für den Maschinenbau ist es sicher irrelevant, was die Antike zu sagen hat; aber auch Maschinenbauer verlieben sich, müssen sterben usw.
Ich habe viele pensionierte Ingenieure und Naturwissenschaftler als Seniorenstudenten in der Philosophie kennengelernt. Es gibt sie wohl ebenso bei den Historikern, in der Kunstgeschichte usw. Ein Maschinenbauer als solcher kann anscheinend leicht in eine Sinnkrise geraten. Und dann spätestens schlägt die Stunde für die Antike.

In der Klassischen Philologie und Deutsch gab es auch einige Seniorstudenten. Was die vorher gemacht hatten, wusste ich gar nicht. Aber vielleicht besinnt man sich spätestens dann, wenn man zu viel otium hat, auf die Kultur.

Wir müssten noch der Frage nachgehen, ob ein Maschinenbauer eher Sappho und Ovid liest, wenn er verliebt ist, oder Cecilia Ahern und Hilde Domin. In der Sinnkrise eher Plato oder Anselm Grün. Aber das wäre müßig. Immerhin sehen wir einen Sinn hinter der Beschäftigung mit der Antike. Das ist auch schon was. ;-)

Ob es auch für den umgekehrten Fall Beispiele gibt, daß Altphilologen oder Philosophen als Seniorstudenten Maschinenbau studiert?
Und falls nicht, warum nicht?

(studieren)

Ich glaube nicht, weil Maschinenbau etwas ist, das man nicht hobbymäßig betreiben kann - glaube ich. Es ist m.E. ein Studium, das nur auf einen Beruf vorbereitet.
Natürlich könnte man damit evtl. als technischer Redakteur eine Stelle finden, aber mir fallen nur praktische Anwendungen für so ein Studium ein. Für Senioren fällt das dann meistens weg.
Würde das heißen, dass man sich mit den Geisteswisschenschaften nicht nur Zeit bis zur Pensionieren lassen kann, sondern evtl. auch sollte? Ogottogott!

Für den 'hobbymäßigen Maschinenbau' gibt es einen interessanten Beispielfall: Ludwig Wittgenstein hat zunächst Maschinenbau studiert, aber nie als Beruf praktiziert, sondern mehr oder weniger skurrile Erfindungen entwickelt.
Das war aber gewiß eine Ausnahme; im Grunde gebe ich Dir Recht.

Ich habe jetzt mein Interesse für Biologie entdeckt. Vielleicht ist es auch eher "Gärtnern mit ein bisschen Zeitunglesen über Ökosysteme", aber Bio habe ich so schnell wie möglich abgewählt.
Nun bin ich noch nicht pensioniert ...

heute hab ich kurz mit einem Bekannten über die Antike diskutieren dürfen.
Mich persönlich interessiert sie schon recht, ich versuche nun Griechisch autodidaktisch zu lernen, da mich die Philosophien und Ansichten sowie wissenschaftlichen Grundgedanken der frühen Mathematiker et. cetera faszinieren.
Mehr noch aber halt die Sprache selbst > Linguistik ..

Wenn´s dich interessiert,dann mache es und du wirst es selbst sehen. Wie du hier schon gelesen hast, hat die Antike sehr viel Bezug zur jetzigen Zeit und du wirst viel dabei lernen. Außerdem ergeben sich oft viele Fragen, die hoch interessant sind. Das Tüpfelchen auf dem i ist es, wenn du Altgriechisch lernst, weil dein Zugang zu den Originaltexten ein ganz anderer ist.