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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Von göttlichen und menschlichen Gesetzen (297 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 26.05.2024 um 15:05 Uhr (Zitieren)
Isidor von Sevilla, Etymologiae V 2:
Omnes autem leges aut divinae sunt, aut humanae. Divinae natura, humanae moribus constant; ideoque haec discrepant, quoniam aliae aliis gentibus placent. Fas lex divina est, ius lex humana. Transire per alienum fas est, ius non est.

Alle Gesetze sind entweder göttlich oder menschlich. Die göttlichen bestehen in der Natur, die menschlichen in den Sitten; sie unterscheiden sich deswegen, weil den Völkern unterschiedliche Festlegungen gefallen. Das göttliche Recht heißt heiliges Recht [fas], das menschliche heißt Recht [ius]. Hindurchlaufen durch fremden Besitz ist nach göttlichem Recht erlaubt, nach menschlichem nicht.

(Die Enzyklopädie des Isidor von Sevilla. Hrsg. v. Lenelotte Möller. Wiesbaden 2008, S. 172)

Das Beispiel ist ja kurios; da hätte ich eher den Fall der Antigone erwartet.
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
Johannes schrieb am 26.05.2024 um 18:06 Uhr (Zitieren)
summum ius humanum kann summum ius divinum sein.
vgl. Hinrichtung des Nazareners
Kriterium: Liebe

Summum ius, summa iniuria, das höchste Recht ist das höchste Unrecht, ist ein alter Satz, nach welchem der, welcher nur nach dem Buchstaben urteilt oder sein Recht durch schlaue Interpretation (callida iuris interpretatione) strengstens wahrt, unrecht tut, übervorteilt oder lieblos handelt. (Vgl. Cicero, de offic. I, 10, 33.) Beispiele dafür sind Shakespeares Shylock, Sophokles' Kreon in der Antigone, der Spartanerkönig Kleomenes.
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
Γραικύλος schrieb am 27.05.2024 um 00:58 Uhr (Zitieren)
Ja, als Beispiel für göttliches Recht sollte man etwas anderes erwarten, als daß ich über Dein Grundstück laufen darf. Manchmal staunt man, was im Kopf eines Autors vorgeht.
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
Aurora schrieb am 27.05.2024 um 10:22 Uhr (Zitieren)
oder lieblos handelt.

Da berühren sich Heiden-und Christentum.
Gottlos handeln = lieblos handeln

Existunt etiam saepe iniuriae calumnia quadam et nimis callida sed malitiosa iuris interpretatione. Ex quo illud "summum ius summa iniuria" factum est iam tritum sermone proverbium. Quo in genere etiam in re publica multa peccantur, ut ille, qui, cum triginta dierum essent cum hoste indutiae factae, noctu populabatur agros, quod dierum essent pactae, non noctium indutiae. Ne noster quidem probandus, si verum est Q. Fabium Labeonem seu quem alium – nihil enim habeo praeter auditum – arbitrum Nolanis et Neapolitanis de finibus a senatu datum, cum ad locum venisset, cum utrisque separatim locutum, ne cupide quid agerent, ne appetenter, atque ut regredi quam progredi mallent. Id cum utrique fecissent, aliquantum agri in medio relictum est. Itaque illorum finis sic, ut ipsi dixerant, terminavit; in medio relictum quod erat, populo Romano adiudicavit. Decipere hoc quidem est, non iudicare. Quocirca in omni est re fugienda talis sollertia.



vgl: Gott ist die Liebe (1Joh 4)

Sünde = jede Form von Lieblosigkeit ???
(als moderne Übersetzung)
Strukturelle Sünde = "Erbsünde, peccatum originale)

Dann aber bin nicht mehr ich es, der so handelt, sondern die in mir wohnende Sünde. Ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist bei mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu verwirklichen. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will.

(Paulus, Röm 7)

Was würde Kant dazu sagen?
Ist Liebe auch Pflicht?
Kann man aus Pflicht lieben?
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
Γραικύλος schrieb am 27.05.2024 um 13:54 Uhr (Zitieren)
Das hat Kant dazu gesagt:
So sind ohne Zweifel auch die Schriftstellen zu verstehen, darin geboten wird, seinen Nächsten, selbst unsern Feind, zu lieben. Denn Liebe aus Neigung kann nicht geboten werden, aber Wohltun aus Pflicht, selbst, wenn dazu gleich gar keine Neigung treibt, ja gar natürliche und unbezwingliche Abneigung widersteht, ist praktische und nicht pathologische Liebe, die im Willen liegt und nicht im Hange der Empfindung, in Grundsätzen der Handlung und nicht in schmelzender Teilnehmung; jene aber allein kann geboten werden.

(Grundlegung zur Metaphysik der Sitten)

Liebe als Gefühl kann in der Tat nicht geboten werden.
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
Bukolos schrieb am 27.05.2024 um 18:51 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 27.5.24, 0:58Ja, als Beispiel für göttliches Recht sollte man etwas anderes erwarten, als daß ich über Dein Grundstück laufen darf. Manchmal staunt man, was im Kopf eines Autors vorgeht.

Jemand, der unter fas bzw. lex divina die in der Tora mitgeteilten Vorschriften (Moyses gentis Hebraicae primus omnium divinas leges sacris litteris explicavit, etym. 5, 1) fasst, wird wahrscheinlich nicht als Erstes darauf verfallen, diese mit den Geboten thebaischer Bestattungsriten zu exemplifizieren. Und wenn Isidor fas außerdem mit dem ius naturale identifiziert, das nach seiner Darstellung u. a. eine communis omnium possessio (etym. 5, 4) gebietet, erscheint das Beispiel des Grundeigentums zur Erläuterung des Unterschieds von divinae und humanae leges doch gar nicht so abwegig, oder?
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
filix schrieb am 27.05.2024 um 23:36 Uhr (Zitieren)
Ich hätte vermutet, dass es in Isidors Beispiel nicht unbedingt um triviale Durchquerungsrechte des Grundstücksnachbarn beim Abendspaziergang mit Hund geht, sondern um den als transitus innoxius bezeichneten Fall des unschädlichen Durchmarsches durch fremdes Territorium im Kriegsfall, der schon im AT eine Rolle spielt und dessen Verweigerung im Fall der Amoriter (Num. 21,21ff.) u.a. von Augustinus als Grund für ein bellum iustum angesehen wird: Notandum est sane quemadmodum iusta bella gerebantur. Innoxius enim transitus negabatur, qui iure humanae societatis aequissimo patere debebat. (In Hept. 4,44) Das solchen begründende ius aequissimum humanae societas liegt für Augustinus offensichtlich in der gemeinschaftlichen Natur des Menschen und schlägt individuelle Territorialrechte.
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
filix schrieb am 28.05.2024 um 03:00 Uhr (Zitieren)
*humanae societatis
Re: Von göttlichen und menschlichen Gesetzen
Bukolos schrieb am 28.05.2024 um 10:04 Uhr (Zitieren)
Das klingt gut. Danke für die begriffliche Einordnung.
 
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