Netz-Auskunft:
Leopardis Verwendung des lukianischen Stils in den "Operette morali" ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie klassische literarische Traditionen in der modernen Literatur fortleben und transformiert werden. Er nutzte Lukians Techniken, um seine eigenen, oft pessimistischen Ansichten über die moderne Welt und die menschliche Existenz zu artikulieren.
Re: Dialog zwischen Herakles und Atlas #1
filix schrieb am 13.10.2024 um 13:02 Uhr (Zitieren)
Ist, dass die Freunde den Körper des Hermotimos von Klazomenai, während seine Seele auf Vergnügungsreise geht, verbrennen, eine Erfindung Leopardis? Bei Plinius Nat. Hist. 7,174 sind es inimici, quae cantharidae vocabantur.
Demnächst soll übrigens der erste Band des Zibaldone als Teil einer vollständigen Übertragung bei Matthes & Seitz erscheinen:
Γραικύλος schrieb am 13.10.2024 um 16:16 Uhr (Zitieren)
Plutarch gen. Socr. (Moralia 592 CD) bringt die Attacke - in etwas unklarer Weise - mit der Frau des Hermotimos in Verbindung und erst danach mit Feinden.
Re: Dialog zwischen Herakles und Atlas #1
filix schrieb am 13.10.2024 um 20:44 Uhr (Zitieren)
Nach Tertullian De anima 44 hat die Frau seinen Feinden verraten, dass Hermotimos' Seele nachts ohne ihren Körper unterwegs ist, worauf sie diesen verbrennen (als handle es sich um einen Leichnam). Der perfekte Mord sozusagen, für den sich die verspätet heimkehrende Seele auch noch selbst verantwortlich macht.
Sonst konnte ich keine Stellen entdecken, wonach es wie bei Leopardi seine Freunde gewesen wären.
Bei den heimtückischen cantharidae, die Plinius nennt, handelt es sich übrigens eher nicht um einen tierischen Schimpfnamen:
Re: Dialog zwischen Herakles und Atlas #1
Γραικύλος schrieb am 13.10.2024 um 23:44 Uhr (Zitieren)
Mir fällt auf, daß Leopardi an dieser Stelle etwas ironisch wird ("oder ins Wirtshaus zu gehen"); möglicherweise ist auch das mit den "Freunden" so zu verstehen.
Re: Dialog zwischen Herakles und Atlas #1
Bukolos schrieb am 14.10.2024 um 16:40 Uhr (Zitieren)
Leopardi selbst gibt als seine erste Quelle den Paradoxographen Apollonios an.* Der spricht zwar auch nicht ausdrücklich von Freunden, aber doch neutral von "irgendwelchen Leuten, die ins Haus kamen und dem Frauchen mit Bitten zusetzten."** Leopardi mag geschlossen haben, dass, wenn jemand in Abwesenheit des Hausherrn ein griechisches Haus betreten und mit der Frau sprechen durfte, dies höchstens ein Freund desselben sein konnte.
Γραικύλος schrieb am 14.10.2024 um 18:57 Uhr (Zitieren)
Das beantwortet filix' Frage. Danke.
Re: Dialog zwischen Herakles und Atlas #1
filix schrieb am 14.10.2024 um 23:02 Uhr (Zitieren)
Danke auch von mir. Die Ironie ist mir nicht entgangen, motivisch betrachtet bleibt die Sache jedoch merkwürdig - per finire questa canzone legt für mich nahe, dass sie - wie Feinde - über die Vorgänge Bescheid wissen, also wissentlich seinen der Rückkehr der Seele harrenden Körper vernichten, während in che qualche amico o benefattore, pensando che egli sia morto non gli dia fuoco angedeutet wird, die Einäscherung (nunmehr der Welt) beruhe auf der irrtümlichen Annahme des schon eingetretenen Todes. Das berührt ja die Ironisierung eigentlich nicht, dass das schöne "Freunde" und "Wohltäter" sind, die so handeln.